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Krieg im Nahen Osten
Die israelische Armee ist noch nicht fertig

 «Wir haben schon viel erreicht, aber es gibt noch Arbeit zu tun»: Israelische Artillerie feuert in Richtung Gaza. 

Wie lange noch? Wie lange noch fallen Bomben auf Gaza? Wie lange noch wird Israel mit Raketen beschossen? Die Rufe nach einer Waffenruhe im Konflikt zwischen der israelischen Armee und der palästinensischen Hamas werden immer lauter und dringlicher. Auch der US-Präsident wirkt nun stärker auf Israel ein, um die Situation zu deeskalieren. Das Weisse Haus teilte am Mittwoch mit, Joe Biden habe erneut mit Netanyahu telefoniert. Er habe Netanyahu mitgeteilt, dass er noch im Laufe des Tages eine «deutliche Deeskalation (...) auf dem Weg zu einer Waffenruhe» erwarte. Damit änderte Biden seine – bisher auffallend zurückhaltende – Tonlage.

Doch noch konzentrieren sich die Konfliktparteien weiter auf den Kampf – und in einem nüchternen Konferenzraum der israelischen Armee in Tel Aviv sagt ein hoher Offizier, der nicht namentlich zitiert werden soll: «Wir haben schon viel erreicht, aber es gibt noch Arbeit zu tun.»

Der Armee geht es auch um die Hizbollah und den Iran

Die Entscheidung über ein Ende der Kampfhandlungen trifft nicht das Militär, sondern die Politik, also die Regierung in Jerusalem. Und natürlich trifft Israel diese Entscheidung nicht allein, sondern es bedarf eines komplizierten Verhandlungs- und Abstimmungsprozesses mit dem Gegner, der Hamas. Aber in dem fast zweistündigen Briefing, zu dem die israelische Armee am Mittwoch eine Gruppe internationaler Korrespondenten geladen hat, wird deutlich, dass das Ziel, das Israel für diesen Krieg definiert hat, einerseits schnell erreichbar erscheint, aber doch noch vieles offen bleibt.

«Je stärker die Botschaft ist, desto länger wird es hinterher ruhig bleiben.»

Hoher israelischer Offizier, der anonym bleiben möchte

Es geht der Armee demnach allein um eins: «Abschreckung». Die Hamas, so heisst es, solle die Lektion lernen, dass für Angriffe auf Israel ein hoher Preis zu zahlen ist. «Je stärker die Botschaft ist, desto länger wird es hinterher ruhig bleiben», sagt der hohe Offizier. Allerdings reicht es der israelischen Armee erklärtermassen nicht, diese Botschaft nur nach Gaza auszusenden. Sie soll auch in Beirut gehört werden, bei der libanesischen Hizbollah. Und vor allem soll sie bis nach Teheran durchdringen.

«Der Iran steckt auch hinter diesen Vorgängen in Gaza», glaubt der hohe israelische Offizier. «Es gibt nicht nur den nuklearen Iran, dies hier zeigt eine weitere Dimension der iranischen Gefahr.» Zwar werden die Raketen für den Kampf gegen Israel im Gazastreifen selbst gebaut. Der Schmuggel früherer Zeiten wird längst schon von Ägypten unterbunden. Nach israelischer Einschätzung aber kommen «90 Prozent des Know-how der Hamas und des Islamischen Jihad aus dem Iran».

Die Logik der roten und gelben Kreise

Als Mittel der Abschreckung setzt die Armee auf die nachhaltige Zerstörung der militärischen Infrastruktur im Gazastreifen – und was dabei bisher erreicht wurde, präsentiert der hohe Offizier in einer Grafik mit bunten Kreisen. Die roten Kreise stehen für Felder, auf denen weitreichende Erfolge erzielt wurden, gelb steht für geringe Wirksamkeit.

Rot markiert sind in der Grafik bereits all jene Bereiche, die für die Armee Priorität haben: Schläge gegen das von der Hamas angelegte Tunnelsystem unter dem Gazastreifen, gegen die Einrichtungen für Waffenbau und -lagerung sowie gegen die Kommandostruktur der Hamas durch gezielte Tötungen. Aus diesen roten Kreisen lässt sich der Schluss ziehen, dass die israelische Armee ihre Hauptziele bereits erreicht hat. Der hohe Offizier spricht von «sehr, sehr wichtigen Erfolgen». Nun müsse geprüft werden, ob diese ausreichten.

«Wir stehen hier nicht mit der Stoppuhr.»

Benjamin Netanyahu, Regierungschef Israels

Regierungschef Benjamin Netanyahu aber will demnach erst einlenken, wenn er sich hinterher eindeutig als Sieger präsentieren kann. «Wir stehen hier nicht mit der Stoppuhr», erklärte er am Mittwoch. Es gebe keinen Zeitrahmen für den Militäreinsatz.

Die israelischen Streitkräfte sprechen von «sehr, sehr wichtigen Erfolgen»: Zerstörung in Gaza-Stadt. 

Tatsächlich hat er die Zeit auf seiner Seite. Denn der Krieg läuft parallel zu seinem persönlichen Kampf ums politische Überleben. Die vor zehn Tagen ausgebrochenen Kämpfe haben bereits die weit gediehenen Pläne zur Bildung einer Regierung seiner Gegner pulverisiert. Als siegreicher Feldherr kann er sich steigende Chancen auf den Machterhalt ausrechnen.

Hamas offenbar bereit für Waffenruhe

Die Hamas hat Berichten zufolge bereits mehrfach ihre Bereitschaft zu einer Waffenruhe signalisiert. Spekuliert wird allerdings darüber, dass dies an bestimmte Bedingungen geknüpft sein könnte, wie zum Beispiel ein Einlenken Israels im Streit um das Jerusalemer Wohnviertel Sheikh Jarrah. Die dort drohende Vertreibung palästinensischer Familien sowie Unruhen am Tempelberg waren von der Hamas zum Anlass für den Raketenbeschuss genommen worden.

Militärisch muss die Hamas tatsächlich grosses Interesse an einem schnellen Ende der Kämpfe haben. Allerdings können die Islamisten den Krieg in Gaza verlieren und trotzdem einen politischen Sieg erringen. Denn in den zehn Tagen seit dem Abfeuern der ersten Raketen haben sie sich als neue palästinensische Führungsmacht präsentieren können.

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