Die härteste Prüfung für die Schulen
Schulen arbeiten derzeit Pläne für das Lernen zuhause aus. Es ist die Suche nach ein bisschen Normalität am Tag eins der verfügten Schulschliessungen. Wir haben nachgefragt, wie die Schulen in der Region zurechtkommen.
Als ob plötzlich Sommerferien wären. Alle Schulen in der Schweiz sind seit Montagmorgen bis mindestens 19. April geschlossen. Der Ausnahmezustand macht hier das Coronavirus sicht- und hörbar, weil die Türen zu, die Klassen verwaist, die Pausenplätze leer sind und gespenstische Ruhe in den Schulanlagen herrscht. Improvisation ist das Gebot der Stunde. Es geht um eine neue Ordnung im Schulalltag, wenn von einem Tag auf den anderen nichts mehr alltäglich ist.
Die Schliessung stellen die Schulbehörden, Leitungen, Lehrerinnen und Lehrer vor ihre härteste Prüfung. Sie müssen irgendwie den Bildungsauftrag fortsetzen, wenn die Kinder nicht mehr in der Klasse, sondern zuhause unterrichtet werden sollen.
Null bis 47 Kinder
Kleiner Trost im Corona-Wahnsinn: Der Auftakt verlief perfekt. Kein Schulkind stand am Montagmorgen entgeistert vor verschlossenen Türen, wie eine Umfrage der ZSZ zeigt. Alle Eltern konnten am Freitagnachmittag und am Wochenende über E-Mail und Telefonalarm rechtzeitig von Schulschliessung benachrichtigt werden. «Es läuft gut», sagt Thomas Isler, Schulleiter in Erlenbach.
«Es war absehbar, dass die Schulen geschlossen werden könnten. Darauf haben wir uns vorbereitet.»
Von den rund 400 Schulkindern in Erlenbach nehmen am Montag etwa 25 den angebotenen Betreuungsdienst in Anspruch. Sie wurden von den Eltern schriftlich angemeldet. Es könnten morgen aber schon einige weniger sein, glaubt Isler. «Wir weisen die Eltern nochmals darauf hin, dass das Angebot nur für Notfälle gilt.» Darunter fallen zum Beispiel berufliche Tätigkeiten der Eltern in der Gesundheitsbranche, bei Polizei, Feuerwehr, Elektrizitäts- und Wasserversorgung.
Umgekehrt in Hombrechtikon, wo noch kein Kind zur Betreuung erschien, wie Schulpräsident Rolf Huber (FDP) mitteilt. «Wir erwarten, dass der Bedarf bis Ende Woche auf circa fünf Schüler pro Schuleinheit ansteigt.» Huber betont, dass die Betreuung «nur für absolute Notfälle angeboten wird.»
In Rüschlikon sind am Montag nur sechs Kinder zur Notfallbetreuung gekommen. Man sei gut gestartet in die neue Zeit, sagt Schulleiter Michael Müller. Aber noch gilt es in der kleinen Gemeinde Vieles aufzugleisen. In Meilen kamen laut Gesamt-Schulleiter Jörg Walser «nur wenige Kinder» in die Notfallbetreuung. «Vielleicht werden es mehr, wenn sich die Eltern organisiert haben».
Adliswil sah es kommen
In Oberrieden finden am Montag Krisensitzungen statt. Schulpräsidentin Verena Reichmuth (parteilos) sagt, man setze alles daran, das beste aus der Situation zu machen: «Alle Verantwortlichen und Betroffenen sind im Austausch. Aber das braucht Zeit.» Anders in Adliswil: In der Stadt im Sihltal hatte man sich vergangene Woche bereits gewappnet. Stadtrat Markus Bürgi (FDP) sagt: «Es war absehbar, dass die Schulen geschlossen werden könnten. Darauf haben wir uns vorbereitet.»
«Was wir jetzt machen ist eigentlich eine besondere Art von den Klassenlehrpersonen geführtes Homeschooling.»
Nach dem Entscheid der Bildungsdirektion habe es eine halbe Stunde gedauert, bis die Eltern der schulpflichtigen Kinder per SMS-Alarm eine erste Information erhalten hätten. «Seither haben wir durchgearbeitet», sagt der Ressortleiter Bildung. Am Wochenende war eine Telefon-Hotline für Fragen der Eltern in Betrieb. Sie wurde rund 60 Mal genutzt. «Das hat beruhigend gewirkt», resümiert Bürgi. Am Montag und Dienstag nimmt die Schule Adliswil alle Kinder auf, die nicht zuhause betreut werden können. Am Mittwoch beginnt die eigentliche Notfallbetreuung. Aber: «Von über 2000 Schülern sind heute nur 47 gekommen», sagt Bürgi.
Lehrer bleiben im Dialog
In Meilen sitzen die Lehrkräfte seit frühem Morgen zusammen, berichtet Schulleiter Walser. Sie planen neben der Betreuung der Schüler vor allem die Formen des Fernlernens – natürlich stufengerecht. Vorgesehen ist, dass ab Mittwoch Lernstoff abgeholt werden kann. «Das ist eine Riesenherausforderung für die Lehrer», sagt Walser. Empfehlungen an die Eltern, wie sie ihren Kindern eine schulische Struktur bieten können, gab es bisher bewusst nicht. Am Freitag fehlte dazu die Zeit, nicht zuletzt auch, weil die Schule möglichst einheitlich informieren will und nicht jedem Kind etwas Individuelles auf dem Heimweg mitgeben wollte.
In Erlenbach gingen die Kinder heim wie an einem normalen Wochenende – «ohne Aufgaben», erzählt Schulleiter Isler. Teilweise allgemeinen Lernstoff zum selbständigen Lernen haben nur die oberen Klassen. «Wir sitzen an der Schulkonferenz zusammen und versuchen möglichst einheitliche Rahmenbedingungen und Absprachen zu finden.» Für den Erlenbacher sei Homeschooling ein Thema, da die Schüler ab der Mittelstufe digital gut eingerichtet seien. In den unteren Klassen und im Kindergarten würde der Lernstoff auf dem Briefweg vermittelt. Auch eine Erfolgskontrolle sei vorgesehen. «Es wird sicher einen Dialog – ein digitales Feedback- mit den Lehrkräften geben», sagt Isler. Für die gelte ja weiterhin eine Anwesenheitspflicht in der Schule gemäss ihrem Pensum, in der Regel in ihren Klassenzimmern.
Mit Internet verlinken
In Hombrechtikon haben sich die Schulleiter über das Wochenende vorbereitet, berichtet Schulpräsident Rolf Huber. «Die Teams in den Schuleinheiten arbeiten nun intensiv und mit Hochdruck an der Bereitstellung von Materialien und Aufgaben für die Kinder.» Er nennt es «eine besondere Art von den Klassenlehrpersonen geführtes Homeschooling».
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Laut Jörg Walser plant die Schule Meilen, ab Mitte Woche online auch Links im Internet zur Verfügung zu stellen, womit die Schülerinnen und Schüler stufengerecht lernen können. Für den Hombrechtiker Schulpräsidenten birgt das aber eine weitere Herausforderung: «Die Schule hat aktuell zu wenig Lehrmittel beziehungsweise Lizenzen, welche mit nach Hause gegeben werden können. Eine Frage, welche die Schulen in den kommenden Tagen auch aus finanzieller Sicht beschäftigen wird.» Adliswils Stadtrat Markus Bürgi sagt: «Es zahlt sich jetzt aus, dass wir in die IT investiert und sie in den Unterricht integriert haben.» Schüler und Lehrer hätten Zugriff auf Lernplattformen und seien sich den Umgang mit dem Computer im Unterricht gewohnt. «Wenn man in dieser ernsten Situation auch etwas Positives sehen will», sagt Bürgi, «dann sicher, dass dadurch praktische Erfahrungen mit alternativen Lehrformen gesammelt werden können, die man auch nachher nutzen kann.»
Notbetreuung erhalten
Offen ist (Stand Montag um 18 Uhr), was mit der Notfallbetreuung passiert, jetzt, da der Bundesrat den «Lockdown» verfügt – die Ausgangssperre. Rolf Huber (Hombrechtikon) glaubt, dass auch dann die Schule eine Betreuungspflicht für unbeaufsichtigte Kinder behält. Der Meilemer Jörg Walser sagt: «Das wissen wir nicht und hängt mit weiteren Direktiven der Bildungsdirektion zusammen.» Der Erlenbacher Thomas Isler antwortet pragmatisch: «Wir haben zurzeit die Pflicht zur Betreuung. Das gilt.» Nicht festlegen möchte sich der Adliswiler Stadtrat Markus Bürgi: «Wir sind auf verschiedene Szenarien vorbereitet.»
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