Fiat 600eDie Geschichte wiederholt sich
Auf der Fahrt in die emissionslose Zukunft öffnet Fiat erneut die Geschichtsbücher und bedient sich eines legendären Namens. Nach dem 500e folgt nun der vollelektrische 600e.
Schon wieder ein neues Retromobil? Das haben wir doch längst hinter uns, könnte man denken. Doch wenn es eine Automarke gibt, die in die Klamottenkiste ihrer eigenen Historie greifen darf, dann ja wohl Fiat. Nicht nur haben die Italiener mit dem 500er gezeigt, wie man eine Ikone erfolgreich wiederbelebt – sie haben diese auch noch elektrifiziert, ohne dass es verlegen oder bemühend wirkte. Und nun folgt mit dem 600e eben ein weiteres Elektromodell, das an die 1950er-Jahre erinnert. An der Seite des Cinquecento trug der Seicento damals viel zum Image einer liebenswürdigen Volksmarke bei. Fast 70 Jahre und mehr als 20 Millionen im B-Segment verkaufte Autos später greift Fiat deshalb erneut auf den Namen zurück.
Designvorbild Cinquecento
Wie sein historisches Vorbild übernimmt auch der Neuzeit-Seicento die Rolle des grossen Bruders und Familienfreundes. Mit 4,17 Metern ist der Fünftürer 43 Zentimeter länger als der dreitürige 500e, bietet Platz für fünf Personen plus 385 Liter Gepäck und geizt nicht mit Staufächern. Mehr Crossover denn klassischer Kompakter, dürfte er auf Sicht zudem den 500X beerben, der vorerst noch weiterläuft. Fiat nennt seinen neuen Quotenbringer in den Werbespots «The Italian Upgrade» und hat Leonardo DiCaprio dazu verpflichtet, das Auto medienwirksam in Szene zu setzen.
Viele Stilelemente des 500e fahren mit. Darunter Scheinwerfer in LED-Technik mit süssem Kulleraugen-Aufschlag, der verchromte Schriftzug an der Front und der vordere Wabengrill. Zum Marktstart gibt es zwei Ausstattungsvarianten, den 600e Red und den besser ausstaffierten 600e La Prima. Bei beiden sind in die elfenbeinfarbigen Sitzbezüge aus Kunstleder die Signete «Fiat» und «600» eingestickt, für den Fahrer gibt es sogar eine Massagefunktion.
Ansonsten sieht das Cockpit aus wie eine etwas grössere Copy-and-paste-Version aus dem 500er: Das Lenkrad ist unten abgeflacht, als zentrales Bedienelement gibt es einen 10,25-Zoll-Monitor und darunter eine Reihe von mechanischen Tasten zur Direktwahl der wichtigsten Funktionen. Natürlich fahren neben Apple Car Play und Android Auto auch eine Menge dienstbeflissener Assistenten mit. Toter-Winkel-Warner sind ebenso an Bord wie eine Heckkamera und ein 360-Grad-Assistent. Darüber hinaus gibt es 64 verschiedene Möglichkeiten, den Innenraum zu illuminieren. Bunte neue Welt. Die Italiener nennen sie Farbtherapie.
Über 400 Kilometer Reichweite
Technisch profitiert der 600er vom strategischen Hütchenspiel der Konzernmutter Stellantis und erhält die modifizierte eCMP-Plattform (Common Modular Platform), auf der unter anderem bereits der Jeep Avenger aufbaut und die auch für den neuen kleinen Alfa-SUV vorgesehen ist. Vom Band werden die Stromer im polnischen Tychy laufen, wo einst der Polski Fiat 126p gefertigt wurde und zuletzt auch der neue Fiat 500.
Wie der Avenger hat der 600e eine Lithium-Ionen-Batterie mit einer Kapazität von 54 kWh. Fiat verspricht eine Reichweite von über 400 Kilometern im WLTP-Zyklus und mehr als 600 Kilometer im Stadtbetrieb. Am 110-kW-Lader soll der Akku in weniger als einer halben Stunde zu 80 Prozent geladen sein; an der 11-kW-Wallbox dauert es rund sechs Stunden, bis die Batterie voll ist. Auch die Leistungsdaten sind mit dem Elektro-Jeep identisch. Heisst: 115 kW / 156 PS und 260 Nm, was für einen Sprint auf 100 km/h in 9 Sekunden reichen soll. Allradantrieb ist nicht geplant, dafür soll 2024 noch eine vollelektrische Abarth-Version folgen, die deutlich über 200 PS leisten könnte. Und weil die Italiener dem Elektroboom in manchen Ländern wohl doch nicht ganz trauen, bieten sie den 600er sowohl in ihrer Heimat als auch in Spanien und anderen südlichen Gefilden alternativ als Verbrenner mit 1,3-Liter-Benzinmotor und 48-Volt-Mildhybrid-Technik an.
Vorerst plant Fiat, den 600e nur in Europa zu verkaufen. Deutschland und Frankreich dürften die stärksten Märkte werden, aber auch die Schweiz ist Fiat-affin: Seit 2005 gilt die Marke hierzulande als Marktführer im Kleinstwagensegment und verzeichnete 2022 gemeinsam mit Abarth einen Marktanteil von 59 Prozent. Wie viel der 600e kosten soll, ist noch nicht bekannt. Aber die Preise waren ja noch nie retro.
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