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Die Geschichte einer einzigartigen Villa

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Die Form, die uns heute aussergewöhnlich erscheint, ist jedoch typisch für die Architektur der 1920er-Jahre.
Ein Denkmal der Frühmoderne: Die Villa Streiff beeindruckt sowohl von aussen als auch im Innern - mit ihrem Design...
...ihrer Form und...

1920 setzt sich der Handelsunternehmer Harry Streiff in einer Jugendstilvilla am Zürichberg zur Ruhe. Gerade mal 55-jährig ist er zu diesem Zeitpunkt – und nach Jahrzehnten im fernen Manila ein reicher Mann. In der philippinischen Hauptstadt war er an Gründung eines florierenden Handelsunternehmens beteiligt.

Wieder in der Schweiz reicht ihm aber seine Zürcher Stadtwohnung nicht mehr. In Küsnacht-Goldbach findet er an der Zürichstrasse ein grosses Stück Land und kauft es. Hier lässt er sich von seinem Schwiegersohn Otto Zollinger – damals erfolgreicher Architekt in Saarbrücken – eine Villa erstellen. Streiff macht ihm keinerlei Vorgaben. 1929 ist das Gebäude bezugsbereit. 88 Jahre später würdigt es die Zürcher Denkmalpflege als ein «architektonisches Unikat».

Ab 1939 weisses Gebäude

«Der spezielle Stil dieser Villa sucht seinesgleichen», erklärt Pietro Wallnöfer, wissenschaftlicher Mitarbeiter bei der Kantonalen Denkmalpflege. Er kennt das Küsnachter Bauwerk eingehend, seit es 2008 zum Verkauf steht. In dieser Zeit ist es längst nicht mehr im Besitz der Familie Streiff und hat wechselvolle Jahre hinter sich.

Dass die Villa als radikale und weitum einzige Vertreterin der Frühmoderne gilt, ist ihr dannzumal kaum anzusehen. Ganz in Weiss gehalten, legt sie eher nahe, die sogenannte «weisse Moderne» zu repräsentieren, zu der etwa Werke von Le Corbusier gehören. «1939 ist Streiff verstorben, die Villa wurde verkauft und von den neuen Besitzern innen wie aussen weiss angestrichen», erläutert Wallnöfer den Wandel des Erscheinungsbilds.

Beim erneuten Verkauf 2008 erkennt die Denkmalpflege die Gelegenheit, das Gebäude, das seit 1992 Schutzobjekt von kantonaler Bedeutung ist, in seinen Originalzustand zurückzuführen. «Dank der Zusammenarbeit mit dem neuen Eigentümer ist das gelungen», sagt Wallnöfer. Die aufwändige Wiederherstellung, die bis 2012 dauert, hat Wallnöfer für den neusten Bericht der Zürcher Denkmalpflege dokumentiert.

Topos des Ozeandampfers

«Architekt Zollinger beweist mit der Villa Mut zur Farbe», erklärt der Denkmalpfleger. Mutig ist Zollinger nicht zuletzt deshalb, weil 1929 eigentlich schon die Phase der weissen Avantgarde begonnen hat und er sich mit seiner Villa geradezu gegen diesen Trend stellt. Böden, Wände und Decken in kräftigem Blau, Rot, Grün und Gelb sind nur einige Beispiele der gewagten Farbgestaltung in den Räumen.

Sie lebt nun, nach den Jahren unter der weissen Farbschicht, wieder auf – dank der aufwändigen Restaurierung. Zollinger hat die Farbigkeit bis ins Detail durchgezogen. So gehört etwa auch ein Glasmosaik zur Originalausstattung. Dieses ist aber wieder überdeckt, als Zugeständnis an die heutigen Bewohner.

Nicht zuletzt fällt die Villa Streiff von aussen betrachtet mit ihrem Akkord von rosa umrandeten Fenstern, schwarzem Verputz und silberfarbenen Aluminiumgeländern auf – und durch ihre Form: «Sie verkörpert den Topos des Ozeandampfers», erklärt Wallnöfer. Dies durch die abgerundeten Ecken, grossen Fenster und die Art der Balkone. Sie umspannen grosszügig die Breitseite der Fassade, sind mit Aluminiumgeländern umrandet und zeigen so Parallelen zu den Kommandobrücken von Schiffen.

Typisch für 1920er-Jahre

Der Anklang an ein Schiffsdeck zieht sich im ostseitig angefügten Rundbau weiter. Die Form, die uns heute aussergewöhnlich erscheint, ist jedoch typisch für die Architektur der 1920er-Jahre. «Ozeandampfer faszinierten die Menschen damals, symbolisierten sie doch technischen Fortschritt, Modernität und Weltoffenheit», sagt Wallnöfer. Die Vermutung liege nahe, dass Zollinger zudem mit der Schiffsform an die Biografie seines Schwiegervaters, des Handelsunternehmers, erinnern will. Für den Architekten ist die Villa übrigens «durchaus nicht originell» und auch nicht «wirklich modern». Wie sich zeigt, eine starke Relativierung des eigenen Schaffens.