«How I Met Your Father»Die Fortsetzung zu «How I Met Your Mother»: Kann das gut gehen?
Die Serie war eine verspielte Liebeserklärung an das Leben Mitte 20 und an New York. Wer versucht, diesen Hit fortzusetzen, muss scheitern. Oder?
Natürlich ist das eine magische Zeit, dieses Alter von Mitte zwanzig bis Anfang dreissig. Man gilt als erwachsen und ist es freilich noch nicht. Man reist ohne allzu viel Gepäck, im sprichwörtlichen wie im übertragenen Sinn; man kann sich tolle Abenteuer leisten, für die man sich vor niemandem rechtfertigen muss, und die wichtigsten Leute im Leben sind die Freunde – Menschen, die man sich ausgesucht hat. Man ist, vielleicht zum einzigen, meist aber zum letzten Mal im Leben: wirklich frei.
Man wird diese Zeit später verklären, man wird darüber sprechen, ein bisschen beschämt und doch voller Stolz, wie jung und dumm man gewesen ist damals. Und weil das so eine magische Zeit ist, ist sie ein bewährtes Rezept für Freundschaftskomödien wie «The Big Bang Theory», «New Girl» oder «Friends». So funktionierte auch «How I Met Your Mother» – oder jetzt der Spin-off «How I Met Your Father».
Der ist wie das Original aufgebaut: Eine ältere Person erzählt ihren Kindern in der Zukunft, wie sie in der Gegenwart ihr significant other kennengelernt und was für verrückte Sachen sie auf dem Weg so alles erlebt hat. Niemand wird alt und weise, wenn er nicht mal jung und dumm gewesen ist.
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Dieses Sitcom-Subgenre ist wie Pizza: Die Grundzutaten sind immer gleich – bei Pizza sind es Teig, Tomatensauce und Käse, bei Friendship Comedies eben Freunde, eine faszinierende Stadt (meist New York) und das Ziel, diesen einen Menschen zu finden. Pizza ist immer gut, selbst das labberige Ein-Dollar-Slice um zwei Uhr morgens an der Strassenecke. Nur: Damit man sich auf ewig daran erinnern wird, dafür braucht es ein paar ganz besondere Zutaten.
Carter Bays und Craig Thomas, Autoren und Produzenten, hatten mit «How I Met Your Mother» Mitte der Nullerjahre eine magische Serie erschaffen; jede Folge eine verspielte Liebeserklärung an New York City, ans Jung-und-dumm-Sein und daran, dass es kerngesund ist, sich an diese Zeiten zu erinnern, ohne ihnen nachzutrauern. Sie hatten, wenn man so will, eine der tollsten Pizzas der Seriengeschichte gebacken. Und nach dem Ende der Show im Jahr 2014 hiess es dann beim Sender CBS: Jetzt kreiert ihr bitteschön noch so eine wahnsinnig gute Serie; gleich genial und doch komplett anders.
Gibt es jemanden, der daran nicht scheitern würde?
Ja, die gibt es, sie heisst Pamela Fryman und ist die Regisseurin der neuen Serie. Sie war bei der Ur-Friendship-Comedy «Friends» dabei, bei «Two and a Half Men» (Zutaten: Bruder, L.A., Angst vor Einsamkeit) und bei «Just Shoot Me!» (Zutaten: Kollegen, New York, Oberflächlichkeit), und sie hat bei 196 Folgen von «How I Met Your Mother» Regie geführt. Neben Marta Kauffman («Friends» und «Gracie und Frankie») ist sie die Friendship-Comedy-Göttin von Hollywood.
Carter Bays und Craig Thomas versuchten sich zunächst an Drehbüchern, die Fortsetzung war von Beginn an als Spin-off mit einer Frau und dem Kennenlernen des Vaters geplant – wurde 2017 aber ohne Pilotfolge auf Eis gelegt. Bays und Thomas wechselten zu 20th Century Fox, es gab drei weitere Versuche, mit jeweils neuen Autoren, jedoch ohne Erfolg. So ist das auch mit Pizza: Jeder Mensch kann eine backen, sie wird nie richtig schlecht; aber nur ganz, ganz selten wird sie «legendary», wie Frauenheld Barney sagen würde. Bays und Thomas probierten es noch einmal beim Streamingportal Hulu – und erwischten die Superzutat: Sie holten Fryman als Produzentin und Regisseurin dazu.
Vor allem aber führt die Serie eine Clique ein, die dem Jahr 2022 angemessen ist.
Der Ort bleibt New York – und ach, man verrät nicht zu viel, wenn man sagt, dass auch die Wohnung vorkommt, in der das Original spielt. Und man verrät auch nicht zu viel, wenn man sagt, dass die legendäre Bar «MacLaren's» wieder eine Rolle spielt und dass einer der HIMYM-Charaktere einen Kurzauftritt hat.
Das ist der Grund, warum die Neuauflage funktioniert: Wohnung und Bar sind nur hin und wieder zu sehen; die Referenzen sind eindeutig, aber eben nicht omnipräsent. Man spürt den Vibe des Originals, den Grundgeschmack; und doch ist es keine plumpe Fortsetzung, sondern eine neue Kreation.
Die Story ist die: Die New Yorkerin Sophie (Hilary Duff) erlebt ein selten wunderbares Date; eingefädelt über, es ist ja 2022, die Kennenlern-App Tinder. Doch muss der Angebetete noch am selben Abend nach Australien. Sie sei völlig verzweifelt über die Brooklyn Bridge gelaufen, erzählt die ältere Sophie (ein wunderbares, augenzwinkerndes Nebenrollen-Casting: Kim Cattrall aus «Sex and the City») ihrem Sohn. Sie hatte sich vorher eingeredet, an genau dem Abend «The One» zu treffen – und siehe da: Genau das passierte offenbar.
Die Serie lässt sich damit Optionen offen, wer «The One» sein könnte. Vielleicht ist es sogar die naheliegende Lösung, der unfassbar nette Musiker Chris? Vor allem aber führt sie eine Clique ein, die dem Jahr 2022 angemessen ist: die lesbische Asiatin, die wilde Mitbewohnerin mit naiv-versnobter Karikatur auf Metrosexualität als Freund, den indischen Kumpel in Fernbeziehung mit klügerer und beruflich erfolgreicherer Verlobter. Und die Serie um Protagonistin Sophie besteht auch den Bechdel-Test (Kommen zwei Frauen vor? Reden sie über was anderes als Männer?) mit wehenden Fahnen.
«How I Met Your Father» funktioniert, weil die Serie die gleichen Gefühle auslöst wie das Original: Hach, war das ein schönes Alter. Ist New York eine faszinierende Stadt. Puh, sollte man sich nicht mal wieder mit den Leuten von damals treffen – und über das Jung-und-dumm-Sein reden? Und: Wer in aller Welt ist denn nun der Vater, und ist es überhaupt wichtig, wer der Vater ist?
Es ist deshalb ganz gut, dass es nicht nur die zehn Folgen gibt, die nun auf Disney + zu sehen sind. Hulu hat bereits 20 Episoden der zweiten Staffel bestellt.
«How I Met Your Father» läuft auf Disney+.
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