Streit um «One Love»Die Fifa gewinnt den Machtkampf um die Captainbinde
Sieben Teams wollten an der WM in Katar eine Botschaft gegen Diskriminierung aussenden. Dem Weltverband ging selbst das zu weit. Der Frust bei den Verbänden ist gross.
Der Druck der Fifa hat gewirkt: In einer gemeinsamen Erklärung am Montagmittag geben sieben europäische Länder bekannt, an der WM in Katar auf eine Captainbinde mit dem Slogan «One Love» zu verzichten. Dies nach einer eilends einberufenen Sitzung am Vormittag, an der vom Schweizerischen Fussballverband Generalsekretär Robert Breiter und Präsident Dominique Blanc teilgenommen hatten. Die Verbände überstimmten so die Spieler, die sich für ein Tragen des Armbands ausgesprochen hatten.
«Die Fifa hat deutlich gemacht, dass sie sportliche Strafen aussprechen wird. Als Verbände können wir unsere Spieler nicht in diese Position bringen», heisst es in dem Schreiben, das englische Zeitungen zuerst publik machten. «Wir waren bereit gewesen, Strafen zu zahlen, was normalerweise bei Verstössen gegen die Kleider-Regeln der Fall wäre.» Doch die Fifa ging weit darüber hinaus und drohte bei Zuwiderhandlungen mit gelben Karten an die Adresse der Captains. Wie das ZDF berichtet, habe der Weltverband sogar Punktabzüge in Aussicht gestellt.
Am Samstag hatte der Fussball-Weltverband kurzfristig verfügt, dass die eigens kreierte Binde mit dem Logo der privaten Initiative nicht erlaubt sei und stattdessen eine Binde der Fifa getragen werden müsse. Dies, nachdem der Verband seit Monaten über die Initiative informiert war (und nichts daran zu beanstanden hatte), an der sieben WM-Teilnehmer und einige weitere Landesverbände mitmachen — darunter auch die Schweiz.
«Wie erbärmlich!»
Die Kampagne setzt sich für Inklusion ein und will, so die Eigenwerbung, an der WM eine Botschaft gegen Diskriminierung senden. Initiiert wurde sie vom Fussballverband der Niederlande. Dass die mächtigen Verbände nun vor der Fifa und WM-Ausrichter Katar einknickten, sorgt für Kritik in den sozialen Medien. Der einstige deutsche Nationalspieler Thomas Hitzlsperger schrieb auf Twitter: «Wie erbärmlich!» Er brachte die Idee ins Spiel, stattdessen Schuhbändel in Regenbogenfarben zu tragen.
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Die sieben WM-Teilnehmer wurden vom Meinungswechsel der Fifa wenige Stunden vor dem Start der Endrunde auf dem falschen Fuss erwischt. Ihnen war sofort klar, auf welchem Weg der Weltverband sie am ehesten in die Knie zwingen kann: Wenn er in seinen Regeln einen Passus findet, der es ihm erlaubt, die Captains mit gelben oder sogar roten Karten zu bestrafen. Dies scheint gelungen zu sein. Und hat bei der Schweiz & Co. die von der Fifa erhoffte Wirkung erzeugt.
«Ich suche nach der Regelgrundlage für die Entscheidung der Fifa … Ich finde sie nicht», schrieb allerdings Bundesliga-Schiedsrichter Patrick Ittrich auf Twitter. Auch für ihn ist der Entscheid enttäuschend: «Alle werden instrumentalisiert. Traurig und unfassbar!» Der Deutsche Fussballbund (DFB) kritisierte ebenfalls scharf: «Es handelt sich aus meiner Sicht um eine Machtdemonstration der Fifa», sagte Präsident Bernd Neuendorf. Geschäftsführer Oliver Bierhoff befand, es fühle sich «schon stark nach Zensur an».
Die Spieler wollten sich widersetzen
Tags zuvor hatte Englands Captain Harry Kane gegenüber englischen Medien noch bekräftigt, dass die Mannschaft trotz Androhung der Fifa von Geldstrafen oder gar Verwarnungen hinter der Botschaft stehe und die Binde weiterhin tragen wolle. Auch der DFB sagte in einer ersten Reaktion, das Armband unverändert erlauben zu wollen. Und für den SFV stellte Medienchef Adrian Arnold selbst am Montagvormittag noch klar: «Granit Xhaka will die Binde tragen.»
Doch die Funktionäre scheuten letztlich die Konfrontation mit der Fifa und die maximale Eskalation der Affäre: Die Risiken, sportlichen Nachteil zu erlangen, wogen ganz offensichtlich zu schwer. In der gemeinsamen Erklärung steht noch geschrieben: «Wir sind sehr frustriert über diese beispiellose Entscheidung. Unsere Trainer und Spieler sind enttäuscht.» Statt «One Love» stand auf Kanes Captainbinde im Spiel gegen Iran am Montagnachmittag «No Discrimination».
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