Kommentar zur SFV-KampagneWenn es wenigstens ein Regenbogen wäre
Granit Xhaka trug gegen Spanien eine bunte Captainbinde – er wird es auch an der WM in Katar tun. Eine schöne Geste, keine Frage. Aber eben doch nur ein bisschen.
Die nahende Fussball-WM in Katar hat einen schweren Stand in der Öffentlichkeit. Heruntergekühlte Stadien inmitten einer globalen Energiekrise. Zahlreiche Tote auf den Grossbaustellen für das Turnier (zwischen 3 und 6500, je nachdem, wen man fragt). Bauarbeiter, die durch das Kafala-System ausgebeutet werden. Schwule WM-Besucher, denen abgeraten wird, öffentlich zu ihrer Homosexualität zu stehen.
Hinzu kommen ein paar lästige «first world problems»: Public Viewings im europäischen Winter. Kaum Hotels vor Ort für die Fans. Teure Flüge. Und, #wutschnaub: kein! Bier! im! Stadion!
Doch es gibt auch gute Nachrichten. Zum Beispiel wird Katar, dieser Klein- und Schönwetterstaat am Persischen Golf, während der WM die Regenbogenfahne erlauben. Innerhalb der Stadien jedenfalls. Tränen der Rührung angesichts dieser Geste sind allerdings verfrüht: Ausserhalb bleiben Homosexualität oder nur schon Anzeichen davon verboten. Bis zu sieben Jahre Gefängnis drohen. Da kann Katars Botschafter in der Schweiz, Mohammed Jaham Abdulaziz Al Kuwari, im Interview mit dieser Zeitung noch lange behaupten: «Wir haben nichts gegen Homosexuelle.»
Idee aus den Niederlanden
An diesem Punkt setzt die Kampagne «One Love» an. Sie setzt sich für Inklusion ein und will, so die Eigenwerbung, an der WM eine Botschaft gegen Diskriminierung senden. Initiiert wurde «One Love» vom niederländischen Fussballverband. Neun weitere Verbände haben ihre Teilnahme zugesichert, zuletzt am Mittwoch auch der schweizerische. Serbien dagegen lehnt sie offen ab. Spanien scheint sie immerhin nur egal.
Essenzieller Teil der Kampagne ist, dass die Captains dieser Nationalmannschaften in den aktuellen Spielen der Nations League und vor allem während der WM eine Binde mit dem Logo von «One Love» tragen. Es zeigt, so könnte man mit einem flüchtigen Blick meinen, den Regenbogen.
Bloss: Das tut es nicht. Mit Rot, Grün und Gelb sind immerhin drei der sechs Farben der Regenbogenflagge vertreten, die als Symbol für die LGBTQ-Bewegung weht. Mit etwas Goodwill kann man auch Cyan (für Dunkelblau) und Rosa (Violett) hinzuzählen. Aber die Reihenfolge stimmt nicht. Und: Statt Orange enthält das Logo Schwarz – was weder im Regenbogen noch in der Regenbogenflagge vorkommt. Dafür ist sie eine der panarabischen Farben, ein Bestandteil der allermeisten arabischen Flaggen.
Das Logo von «One Love» ist also vielmehr ein Feigenblatt: Es zeigt einen Regenbogen für all jene, die einen sehen möchten. Vor allem aber gilt es umgekehrt.
«Wir stehen als Team gemeinsam für Toleranz, Respekt und Solidarität ein und wollen alle daran erinnern, dass wir Menschen alle gleich sind und gleich behandelt werden möchten», lässt sich Granit Xhaka zitieren, der das Schweizer Team ab November auf den katarischen Fussballrasen führen wird. Und ja: Immerhin ist diese Binde eine Geste, und Gesten haben ihren Wert.
Noch stärker wäre allerdings gewesen, wenn in der Medienmitteilung, die auch der Schweizerische Fussballverband am Mittwoch verschickt, Worte wie «homosexuell» oder «LGBTQ» vorgekommen wären.
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