Chaos beim DartsDie Favoriten werden krank – und die Fans feiern weiter
An der WM gerät der Spielplan ausser Kontrolle, der grosse Favorit muss in Quarantäne, die Stars fordern einen Abbruch der Übung. Doch die Organisatoren bleiben hart.
Gebannt starrten die sonst so lautstarken Zuschauer auf die Bühne. Das wollten sie sich auf keinen Fall entgehen lassen: Jonny Clayton und Michael Smith warfen sich die Pfeile um die Ohren. Es war Darts auf allerhöchstem Niveau, ein Highlight jagte das andere, immer wieder zollten die Kontrahenten einander Respekt für die gerade geworfenen Pfeile. Selbst im entscheidenden siebten Satz brauchte es noch eine Verlängerung. Erst im zehnten Leg setzte sich Smith dann endgültig durch und schaffte so den Viertelfinaleinzug. Es war beste Werbung für den lange belächelten Sport.
Doch der Sport rückte bei dieser Weltmeisterschaft in London in den letzten Tagen weitgehend in den Hintergrund. Drei Spieler mussten das Turnier kampflos aufgeben, weil sie positiv auf das Coronavirus getestet worden waren. Darunter der dreifache Weltmeister Michael van Gerwen und der letztjährige Halbfinalist Dave Chisnall. Van Gerwen, der eine schwierige Saison ohne grossen Titel hinter sich hat, zeigte sich «enttäuscht, verwirrt und wütend» über die Art, wie die WM für ihn endet. Gegenüber «AD Sportswereld» machte der Niederländer dem Weltverband PDC Vorwürfe, zu wenig für den Schutz der Spieler getan zu haben: «Die Kontrollen waren nicht stark genug.»
Die PDC hält am Konzept fest – und riskiert weitere Corona-Ansteckungen.
Gerwyn Price reagierte ebenfalls mit Unverständnis auf das Verhalten des Weltverbands. Der Titelverteidiger plädierte auf Instagram für eine Verschiebung des Turniers. Auch Gary Anderson zeigte sich skeptisch über eine Fortsetzung der WM: «Für mich ist das nicht richtig.» Die PDC reagierte am Donnerstag auf die Aussagen der Darts-Profis: «Das Turnier wird wie geplant vor vollen Zuschauerrängen, wie von der britischen Regierung genehmigt, fortgesetzt.» Es gebe keine Pläne, «die Covid-Protokolle für den Rest des Turniers zu ändern», sagte der Turnierausrichter der Zeitung «Bild».
Diese Vorgaben sehen 3-G bei den Zuschauern und eine Maskenpflicht vor, die lediglich am eigenen Platz aufgehoben ist. Halten tun sich daran aber die wenigsten. Gleichzeitig meldet die britische Regierung im 24-Stunden-Takt Rekordzahlen bei den Neuansteckungen – mehr als 180’000 waren es am Mittwoch. Die Bilder der täglich 3000 feiernden Fans im Alexandra Palace erscheinen da völlig surreal.
Dennoch hält die PDC am Konzept fest – und riskiert weitere Corona-Fälle bei den Profis. Mehr als viele andere Sportarten lebt Darts zwar von seinen Fans, doch wenn es nun in der entscheidenden Phase des Turniers weitere Spieler trifft, kann der Verband der Frage nach der Sinnhaftigkeit einer Weltmeisterschaft unter diesen Umständen nicht weiter ausweichen. Man stelle sich einen Weltmeister vor, der aufgrund eines positiven Tests seines Gegners im Final kampflos zum grösstmöglichen Erfolg kommt. Es wäre eine Farce, und der Titel verlöre seine Bedeutung.
Die PDC scheint jedoch gewillt, dieses Risiko einzugehen. Im letzten Jahr fand die WM ab dem zweiten Tag komplett ohne Zuschauer statt. Trotz des fehlenden Spektakels auf den Rängen konnte der Sender Sport1, der die WM im deutschsprachigen Free-TV exklusiv überträgt, die Einschaltquoten steigern. Nun sieht sich der Weltverband, trotz des grösser werdenden Drucks seitens der Spieler, allerdings nicht gezwungen, erneut über «Geisterspiele» nachzudenken.
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