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Meinung

Kommentar zum Fall Gil Ofarim
Die fatalen Folgen der alten Reflexe

Gil Ofarim im August 2021 im Hotel de Rome in Berlin.
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Ein Mann, der wegen des Davidsterns an seiner Kette von einem Hotelmitarbeiter antisemitisch beleidigt wird – es war ein bedrückender Vorwurf, den der Sänger Gil Ofarim im Oktober erhob. Die Staatsanwaltschaft Leipzig ist nun zum Schluss gekommen, dass seine Darstellung nicht stimme, und hat Anklage wegen Verleumdung und falscher Verdächtigung erhoben. Das Ganze ist ein Lehrstück über eine von sozialen Medien getriebene Gesellschaft, in der schnelle Positionierung verlangt, Vorsicht dagegen als Verharmlosung ausgelegt wird.

Nun erlebt Michael Kretschmer einen Shitstorm. Der Ministerpräsident von Sachsen kritisiert in einem Statement zu Recht die damalige Vorverurteilung des Rezeptionisten. Nur: Kretschmer verfällt dem gleichen Reflex, den vor Monaten dieser Mitarbeiter zu spüren bekam: Er wirft Ofarim «Falschaussagen und Verleumdung» vor. Eine rechtskräftige Verurteilung gibt es aber noch lange nicht, und bis dahin hat auch Gil Ofarim als unschuldig zu gelten.

Richtig problematisch ist aber ein anderer Satz von ihm: «In den vergangenen Jahren ist ein grosses Vertrauen zwischen Deutschen und Juden gewachsen.» Was ist denn das für ein Begriffspaar? Die Twitter-Gemeinde tobte, also reagierte Kretschmer. Zum Glück gebe es wieder eine «grosse Zahl deutscher Staatsbürger jüdischen Glaubens», schrieb er. Dass es eine solche Klarstellung noch braucht, zeigt, welche Kräfte nach wie vor im Unbewussten vieler wirken.