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Die drei grössten Probleme im neuen Asylregime

Sec und schnörkellos wie das Asylverfahren: Aufenthaltsraum im Bundesasylzentrum Muttenz. Foto: Kostas Maros
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Das Staatssekretariat für Migration (SEM) hat im letzten Jahr in Asylverfahren im Schnitt innerhalb von 50 Tagen entschieden. Mit den beschleunigten Asylverfahren soll erreicht werden, dass die Asylsuchenden rasch wissen, ob sie in der Schweiz Schutz erhalten oder das Land verlassen müssen. Eine positive Bilanz zieht Migrations-Staatssekretär Mario Gattiker bei den freiwilligen Ausreisen. Diese sind mit dem neuen Asylgesetz um über 30 Prozent gestiegen. Doch was ist aus den Hauptkritikpunkten am beschleunigten Asylverfahren geworden?

1. Unentgeltliche Rechtsvertretung für alle Asylsuchenden

Die SVP bekämpfte die «Gratisanwälte» bei der Volksabstimmung vor drei Jahren vehement. Diese brächten Mehraufwand, längere Verfahren und höhere Kosten. Die Bilanz von Staatssekretär Mario Gattiker nach einem Jahr Praxiserfahrung widerlegt diese Prognose zumindest teilweise.

Gattiker führt die deutliche Zunahme freiwilliger Rückreisen ins Herkunftsland gerade auf diese sogenannten Gratisanwälte zurück. Diese seien notwendig, um die Fairness während der Verfahren zu gewährleisten. Bei der Anhörung über die angeführten Asylgründe und bei Stellungnahmen zu Asylentscheiden seien unabhängige Rechtsbeistände zwingend nötig. Die Rechtsvertreter erläutern den Asylsuchenden negative Entscheide, halten sie von aussichtslosen Beschwerden ab oder bewegen Antragstellende zur Ausreise, die keine Aussicht auf einen positiven Asylentscheid haben. Damit seien diese Rechtsvertretungen «absoluter Schlüssel zur Effizienz», sagt Gattiker.

SVP-Nationalrat Gregor Rutz (ZH) anerkennt die kürzeren Behandlungsfristen bis zu einem Asylentscheid. Er kritisiert aber, dass das SEM nichts zu den Kosten verlauten lasse. Diese Ausgaben seien über die Jahre nämlich gestiegen. Tatsächlich budgetierte das SEM für 2019 knapp 2 Milliarden Franken, während es 2015, im Jahr der Asylkrise, noch 1,45 Milliarden Franken ausgab.

2. Terrorgefahr über die Asyl-Schiene

Nach den Terrorattacken in Paris und anderswo in Europa warnten Polizei und Nachrichtendienste vor Schläfern und IS-Kämpfern, die – quasi im Schatten Schutzbedürftiger – auf dem Asylweg einreisen könnten.

Gattiker sagt, mehrere Verfahren seien nicht beschleunigt durchgeführt worden, weil sich vertiefte Sicherheitsabklärungen aufgedrängt hätten. Mit dem Nachrichtendienst des Bundes (NDB), der die Asyldossiers bezüglich Gefährdung beurteilt, bestehe ein sehr enger Dialog. Man habe im Vorfeld der beschleunigten Asylverfahren ein neues Sicherheitskonzept erarbeitet, auch der NDB habe sich diesbezüglich neu aufstellen müssen. Das Konzept und die Zusammenarbeit zwischen SEM und NDB hätten sich nun ebenfalls bewährt, sagt Gattiker.

3. Mangelnde Qualität, mehr Rekurse

Die Flüchtlingshilfe hat dem SEM kürzlich mangelnde Qualität bei den Asylentscheiden vorgeworfen. Dies zeige die hohe Zahl erfolgreicher Asylrekurse vor dem Bundesverwaltungsgericht. Ursache sei der Zeitdruck, sagt die Flüchtlingshilfe.

Tatsächlich sind letztes Jahr 80 Prozent aller Fälle im beschleunigten Verfahren entschieden worden. Damit erhielt nur jeder fünfte Asylsuchende eine verlängerte Frist im Rahmen eines «erweiterten Asylverfahrens». Gattiker anerkennt, dass ein Spannungsverhältnis besteht zwischen raschen und qualitativ guten Asylentscheiden.

Die Rechtssprechung des Bundesverwaltungsgerichts erfordere nun Anpassungen bei den Verfahrensabläufen. Diese betreffen beispielsweise zusätzliche ärztliche Abklärungen. Das bewirkt, dass künftig mehr Asylsuchende im längeren, erweiterten Verfahren beurteilt werden. Gattiker sagt aber auch, bei einem neuen Gesetz und neuen Abläufen sei es in einem Rechtsstaat normal, dass sich erst eine Rechtssprechungspraxis bilden müsse. Das SEM sei hier lernfähig.