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Edith Graf-Litscher im Interview
«Die Diskussion über 5G muss unbedingt sachlicher werden»

Neue Technologien würden seit jeher auch auf Skepsis stossen, sagt Edith Graf-Litscher, SP-Nationalrätin und Co-Präsidentin von Chance 5G.
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5G löst schweizweit Proteste aus. Warum setzen Sie sich dieser hitzigen Debatte aus?

Weil ich finde, dass wir in der Schweiz eine zukunftsgerichtete Infrastruktur brauchen – sei es auf der Schiene oder im digitalen Bereich. Die Diskussion über 5G muss unbedingt sachlicher werden. Wir Politikerinnen und Politiker müssen hinstehen und der Bevölkerung aufzeigen, wo Chancen und Risiken liegen, ohne Angstmacherei.

Sie sind neu Co-Präsidentin von Chance 5G. Diese wird von Kritikerinnen und Kritikern als Lobby-Organisation der Mobilfunk-Branche bezeichnet.

Ich engagiere mich aufgrund meiner Überzeugungen. Die Fakten liegen nun auf dem Tisch. Der Bund hat erstmals einen Bericht über schweizweite Messungen nicht ionisierender Strahlung vorgelegt. Das Monitoring zeigt, dass gesundheitliche Bedenken gegenüber 5G unbegründet sind. Das Bundesamt für Umwelt ist unabhängig, glaubwürdig und mit Sicherheit nicht von der Branche kompromittiert.

Sie haben weitere Mandate bei Glasfasernetz Schweiz und Asut, dem Schweizer Verband der Telekommunikation. Wie unabhängig sind Sie beim Thema 5G?

Im Parlament beschäftige ich mich seit Jahren mit digitalen Themen. Ich möchte, dass die Menschen und die Wirtschaft von einem gut ausgebauten Mobilfunknetz profitieren. Die Blaulichtorganisationen sollen in Notfällen erreichbar sein. Das ist für die Sicherheit in unserem Land entscheidend.

Hinter den Protesten gegen die 5G-Technologie stehen Ängste. Wie wollen Sie diese aus dem Weg räumen?

Diese Ängste nehme ich ernst. Der Gesundheitsschutz hat für mich absolut Priorität. Er wird in der Schweiz stark gewichtet und sichergestellt, wie das Monitoring belegt. Neue Technologien haben schon immer Verunsicherung ausgelöst. Das war bei 3G so. Und es war so, als die ersten Dampflokomotiven in Betrieb genommen wurden. Damals haben viele Leute gesagt: «Aber nicht in meinem Dorf!» Heute sind wir froh, dass das Schienennetz kontinuierlich ausgebaut wurde. Dass neue Technologien Ängste auslösen, ist nachvollziehbar. Umso wichtiger sind sachliche Informationen.

«Kritische Reaktionen kommen immer von den gleichen Organisationen.»

Laut Messungen ist die Belastung durch Mobilfunkstrahlung in der Schweiz moderat. Dennoch ebbt die Kritik an 5G nicht ab.

Kritische Reaktionen kommen immer von den gleichen Organisationen. Das sind zwei, drei Gruppierungen, die gut organisiert und sehr aktiv sind. Auch in kritischen Kreisen gibt es jedoch Personen, die an einem Dialog interessiert sind. Ihre Sorgen muss man in die Diskussionen einbeziehen.

Im Parlament ist ein Vorstoss der FDP hängig, der höhere Grenzwerte für Mobilfunk-Anlagen in Betracht zieht. Spielt diese Diskussion nicht der Gegnerschaft in die Hände?

Ich habe mit verschiedenen Parlamentarierinnen und Parlamentariern gesprochen und glaube nicht, dass diese Forderung mehrheitsfähig ist. Persönlich habe ich mich stets gegen höhere Grenzwerte gewehrt. Wenn man die Blockaden bei 5G beheben will, sollte man keine Diskussion über Grenzwerte anstossen. Wir müssen vielmehr darüber reden, wie der Ausbau und die Modernisierung unserer Netze innerhalb der aktuellen gesetzlichen Rahmenbedingungen sichergestellt werden können.

Wie möchten Sie den Ausbau beschleunigen?

In den Kantonen sind mehr als 3000 Baugesuche für Mobilfunkanlagen hängig. In vielen Einsprachen wird mit gesundheitlichen Risiken argumentiert. Der Bericht des Bundes entkräftet solche Befürchtungen. Die Strahlenbelastung der Bevölkerung liegt unter den gesetzlichen Grenzwerten, und zwar bei maximal 15 Prozent. In den meisten Fällen liegt sie im tiefen einstelligen Prozentbereich. Dies ist bei allen Quellen so, also bei Mobilfunkanlagen, beim Handy, WLAN, Radiosendern und anderen Funkanlagen. Die Belastung hat seit 2014 abgenommen, obwohl viel mehr Daten übertragen werden. Das ist dem neuen Standard zu verdanken. Adaptive Antennen strahlen genau dorthin, wo es nötig ist.

Sollten sich Menschen, die sich Gedanken um ihre Gesundheit machen, demnach für 5G einsetzen?

Absolut. Auf mich trifft das zu: Ich sehe die Chancen von 5G. Die SP gewichtet den Gesundheitsschutz sehr stark – und ist gleichzeitig keine technologiekritische Partei.

«Wir müssen heute aktiv werden, sonst verpasst die Schweiz digital den Anschluss.»

Auch Mitglieder der SP warnen vor gesundheitlichen Folgen. Einzelne engagieren sich im Komitee der Safer-Phone-Initiative.

Zum Glück leben wir in einer Demokratie, in der jede und jeder seine eigene Meinung haben darf.

Wie nutzen sie Ihr Handy?

Ich bin beruflich stark darauf angewiesen. Ich telefoniere aber häufig mit Kopfhörern. Das reduziert die Strahlenbelastung am Kopf. Nachts schalte ich das Handy aus.

Warum fordern Sie mehr Tempo beim Ausbau der Netze?

Sie zählen zum Service public. Noch funktionieren bei uns alle digitalen Dienste grundsätzlich gut. Wir können telefonieren und Daten herunterladen. Aber wir müssen uns bewusst sein: Digitale Netze zu bauen, braucht Zeit. Das macht man nicht von heute auf morgen. Wenn wir erst investieren, wenn wir einen Datenstau haben, dann ist es zu spät. Wir müssen heute aktiv werden, sonst verpasst die Schweiz digital den Anschluss. Das würde uns volkswirtschaftlich schaden und unsere Sicherheit gefährden.

Sie sagen auch, es gehe um Chancengerechtigkeit. Inwiefern?

5G ist elementar für die digitale Infrastruktur. Ich möchte, dass alle Menschen – auch in ländlichen Gegenden – vom technologischen Fortschritt profitieren, der mit weniger Strahlung verbunden ist. Daher will ich die Politik aufrütteln, jetzt vorwärtszumachen. Die SP ist die Service-public-Partei.