Ihr Browser ist veraltet. Bitte aktualisieren Sie Ihren Browser auf die neueste Version, oder wechseln Sie auf einen anderen Browser wie ChromeSafariFirefox oder Edge um Sicherheitslücken zu vermeiden und eine bestmögliche Performance zu gewährleisten.

Zum Hauptinhalt springen

Unsere Lesetipps 
Die besten Bücher für den Sommer

Ob am Strand in den Ferien oder zu Hause auf dem Balkon: Gute Bücher sind eine Freude.
Jetzt abonnieren und von der Vorlesefunktion profitieren.
BotTalk

Stories

 Joy Williams. Aus dem Englischen von Brigitte Jakobeit und Melanie Walz. DTV, 2023.

Irgendwo in Arizona lebt eine Frau mit zwei Schäferhunden und denkt sich die besten Kurzgeschichten aus. Joy Williams ist eine Meisterin des Morbiden und Komischen. Scharfkantig und hypnotisch erzählt die Amerikanerin davon, wie sich Menschen gegenseitig ruinieren. Oft ganz still, was sich erst bemerkbar macht, wenn sie etwas seltsam werden. Wie die Frau, die sich in eine Lampe verliebt – als wäre es das Normalste auf der Welt. 

Das Joy-Williams-Universum ist eine besondere Melange aus Komik und verfehlter Liebe. Eigentlich suchen alle Figuren Erlösung – finden sie aber nicht. Die Autorin beherrscht die Klaviatur dessen, was Menschen imstande sind, sich gegenseitig anzutun. Davon erzählt sie in einer glasklaren Sprache und mit beeindruckendem Gespür für Dramaturgie. Bei der Meisterin des Grotesken kann man sich einiges abschauen: den Blick auf die Welt in Schräglage und den Witz für das manchmal lächerlich Kreatürliche von uns. (zuk)

Augustblau

Deborah Levy. Aus dem Englischen von Marion Hertle. Aki-Verlag, Zürich 2023.

Deborah Levy ist die grosse Erzählerin der komplexen und feinen Frauenfiguren. So auch in ihrem neuesten Buch «Augustblau». Was passiert, wenn eine weltberühmte und stets als Wunderkind gefeierte Konzertpianistin plötzlich patzt und ihre Karriere am Ende ist? Wer ist man dann noch? Es sind die grossen Fragen nach der eigenen Identität, die Levys Hauptfigur Elsa umtreiben. Mit dem Leitmotiv von Spielzeugpferden, einer Doppelgängerin und der Farbe Blau lädt Levy in die Welt und den Kopf der Pianistin ein. Zugleich verwebt sie poetische und magische Elemente, spielt mit Melancholie und Illusion – sodass der typische Levy-Sound entsteht. Und der ist so grossartig, dass man sich nach den knapp 180 Seiten wünscht, es wäre noch nicht vorbei. Man wünscht sich, man könnte nach Griechenland oder Paris oder Sardinien reisen und «Augustblau» immer wieder zum ersten Mal lesen. (aho)

Morgen, morgen und wieder morgen

Gabrielle Zevin. Aus dem Amerikanischen von Sonia Bonné. Eichborn-Verlag, Frankfurt am Main 2023.

Mitte der 80er-Jahre in den USA, die ersten einfachen Videospiele wie «Donkey Kong» und «Super Mario» sind auf dem Markt: Beim gemeinsamen Spielen in einem Spital lernen sich die beiden Kinder Sam und Sadie kennen. Acht Jahre später treffen sie sich per Zufall wieder und spielen diesmal nicht nur gemeinsam, sondern entwickeln zusammen selber ein Game – das so erfolgreich wird, dass die beiden sehr jung zu Stars der Szene werden. Doch anders als in einem Videospiel kommt im richtigen Leben manchmal die Realität dazwischen. In «Morgen, morgen und wieder morgen» geht es um Freundschaft und Liebe, um körperliche Beeinträchtigung und Abhängigkeit und darum, was das mit diesen zwischenmenschlichen Beziehungen macht. Um Erfolg, Missgunst und Geheimnisse. Und dann schafft es Gabrielle Zevin auch noch sehr unaufgeregt, aber pointiert, die misogynen Strukturen der Gamewelt aufzuzeigen. Es gibt diese – seltenen – Bücher, bei denen man sich zum einen wünscht, sie mögen nie fertig sein. Und bei denen man zum anderen auch nie genau weiss, mit welcher Figur man nun sympathisieren soll. «Morgen, morgen und wieder morgen» schafft beides. (aho)

Melody

Martin Suter. Diogenes-Verlag, 2023.

Im neuen Buch des Schweizer Autors blickt ein alter, mächtiger Mann auf seine grosse Liebe zurück und versucht, eine Lebenslüge aufrechtzuerhalten: ein Suter in Bestform. Alt-Nationalrat Peter Stotz lebt am Zürichberg mit seiner Melody. Sie ist anwesend auf einem Ölbild oder in Altarnischen zwischen den Bücherregalen mit Fotos. Sie war seine grosse Liebe und verschwand vor 40 Jahren, drei Tage vor der Hochzeit. Darüber ist er nie hinweggekommen. Jetzt ist der junge Jurist Tom bei Dr. Stotz eingezogen und soll den Nachlass der grauen Eminenz ordnen. Und stösst dabei auf einige Ungereimtheiten.

Was hinterlassen wir – und welche Geschichten müssen erzählt werden? Und was soll verschwiegen bleiben, damit wir schlussendlich so dastehen, wie es am vorteilhaftesten scheint? Geld hilft da natürlich. Aber reicht es, um eine Lebenslüge aufrechtzuerhalten? Am Zürichberg lässt Martin Suter jetzt bei gutem Essen die bürgerliche Welt untergehen. Mit «Melody» bekommt Suters Leserschaft, was sie kennt: eine überzeugend konstruierte Geschichte, dazu das Suter’sche Geheimnis, erzählt mit dramaturgischer Wendigkeit. (zuk)

Hund Wolf Schakal

Behzad Karim Khani. Hanser, Berlin, 2022.

Saam und Nima flüchteten mit ihrem Vater aus Teheran nach Berlin, die Mutter wurde inmitten der iranischen Revolution hingerichtet. In Deutschland fährt der Vater Taxi, nachdem er bei einem Attentat im Iran ein Bein verloren hat, und trauert um seine Frau. Die Söhne geraten auf die Sonnenallee im Neukölln der 90er-Jahre, an der Gewalt, Testosteron und Banden regieren. Während Nima mit Jo zusammen ist, einem Mädchen aus gutbürgerlicher Familie, rutscht Saam immer weiter rein in die Welt, in der erst mit pinken Pullis, später mit Drogen und dann mit Schusswaffen gedealt wird. Der Autor möchte kein Sprachrohr eines Milieus sein, nur weil er die Strasse selbst kennt. Zum Glück! Dann wäre es Gangsterkitsch geworden. Aber die Momente, wenn die Halbstarken mit Pistolen zu Mister Minit gehen, um sie gravieren zu lassen, sind von einer Situationskomik, die diesen Debütroman weit tragen. Dass Karim Khani bereits Angebote für Verfilmungen auf dem Tisch hat, ist alles andere als überraschend. (zuk)

Abonnieren Sie auch den monatlichen Newsletter von unserer Literaturredaktorin Nora Zukker: «Lesen und lesen lassen».