Presseschau nach Schweizer Entscheid«Die Bastion der Neutralität schliesst sich den Sanktionen an»
Der Bundesrat hat mit seinem Entscheid zur Übernahme der EU-Massnahmen weltweit Aufsehen erregt. Internationale Medien sehen ihn als eine veritable Zeitenwende.
Es ist ein Paradigmenwechsel in der Geschichte der Schweizer Neutralität. Und das ist auch im Ausland wahrgenommen worden. Die internationale Presse hat dem am Montag gefällten Entscheid des Bundesrats, alle Sanktionen der EU gegen Russland vollständig zu übernehmen, enorm viel Beachtung geschenkt. Bundespräsident Ignazio Cassis wurde ausführlich zitiert.
Der britische «Guardian» würdigt den Entscheid mit der Feststellung: «Die Schweiz, die in zwei Weltkriegen als Bollwerk der Neutralität galt, hat beschlossen, umfassende EU-Sanktionen gegen Russland zu verhängen, die möglicherweise zum Einfrieren von Vermögenswerten in Milliardenhöhe führen und den Druck auf die russische Wirtschaft weiter erhöhen werden.»
Etliche grosse US-amerikanische Zeitungen und Fernsehstationen haben den Entscheid aus Bern ebenfalls in kürzeren und längeren Artikeln und Beiträgen aufgegriffen. Allein die von Bundespräsident Ignazio Cassis am Sonntag im Westschweizer Fernsehen gemachte Ankündigung, die Schweiz werde den Sanktionen wohl folgen, war der internationalen Nachrichtenagentur Reuters ein Beitrag wert.
«Die Schweiz gab eine tief verwurzelte Tradition der Neutralität auf, um sich der EU anzuschliessen.»
Als der Bundesrat am Montag Cassis’ Ankündigung Taten folgen liess, reagierte unter anderen auch die «New York Times». Die Zeitung schrieb: «Die Schweiz, ein beliebtes Ziel für russische Oligarchen und ihr Geld, kündigte am Montag an, dass sie russische Finanzanlagen im Land einfrieren werde. Damit gab sie eine tief verwurzelte Tradition der Neutralität auf, um sich der Europäischen Union und einer wachsenden Zahl von Staaten anzuschliessen, die Russland für die Invasion in der Ukraine bestrafen wollen.»
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Der US-Fernsehsender NBC feierte die europäische Geschlossenheit gegenüber Russland als «Wiedergeburt Europas» und würdigte dabei auch den Entscheid der Schweiz. Der Fernsehsender CNN titelte zum Schweizer Sanktionsentscheid in seiner Timeline zum Ukraine-Krieg: «Die Schweiz wird auf die Schweizer Neutralität verzichten und die gleichen Sanktionen wie die EU gegen Russland verhängen.»
Der Sender ABC schrieb kurz nach dem Entscheid aus Bern: «Der Schweizer Präsident sagt, dass Russlands Angriff auf die Ukraine inakzeptabel sei und die Schweiz Sanktionen der Europäischen Union, einschliesslich des Einfrierens von Vermögenswerten, gegen Russen verhängen werde. Damit wird wohlhabenden Russen der Zugang zu einem ihrer bevorzugten Zufluchtsorte für ihr Geld verwehrt.»
«Der Spiegel» betont, dass die Schweiz den Rohstoffhandel nicht einschränke.
Mit grossem Interesse und wachsender Ungeduld, aber auch Irritation hat in den letzten Tagen die französische und deutsche Presse die Entscheidfindung im Nachbarland mitverfolgt. Die Hauptstadtzeitung «Le Figaro» lieferte nach dem Positionsbezug des Bundesrats gleich auch eine Reaktion aus Brüssel und berichtete von einem «sehr glücklichen» EU-Aussenminister Josep Borrell.
Die «Süddeutsche Zeitung» erinnerte noch daran, dass sich die Schweiz vergangene Woche auf ihre Neutralität berief, nun aber «die Vermögen aller Unternehmen und Personen, die auf europäischen Sanktionslisten stehen, ab sofort sperrt». Die Schweiz gelte als «wichtigster Finanzplatz für Russland», erinnert das Wochenblatt «Die Zeit» auf seinem Newsportal, sei nun aber trotz Neutralität zum Schluss gekommen, Russland «nicht in die Hände zu spielen». «Der Spiegel» wiederum betonte, dass die Schweiz den Rohstoffhandel nicht einschränke, auch weil die EU keine Sanktionen ergriffen habe. Die Städte Zug und Genf seien aber die weltweit wichtigsten Drehscheiben für den russischen Rohstoffhandel.
Auch im fernen Argentinien würdigt die Zeitung «La Nacion» den Entscheid des Bundesrats. Neutral seit 1815, habe die Schweiz mit dieser Tradition erstmals gebrochen, schreibt die bürgerlich-konservative argentinische Zeitung.
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