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Der Fall Kathleen Folbigg
Die angeblich «schlimmste Serial-Killerin Australiens» könnte bald freikommen

Sie sitzt seit 20 Jahren im Gefängnis – wahrscheinlich zu Unrecht: Kathleen Folbigg.
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Bis gestern galt Kathleen Folbigg als «schlimmste Serial-Killerin Australiens». Im Gefängnis musste sie von anderen Insassinnen abgeschirmt werden, denn eine Mutter, die ihre vier Babys tötet – wie viel Hass schlägt einer solchen Person entgegen? Anfang Januar hat eine Mitgefangene Folbigg trotz aller Vorsichtsmassnahmen brutal zusammengeschlagen.

Nun hat die Staatsanwaltschaft eingeräumt, dass es «begründete Zweifel» an der Schuld der 55-Jährigen gibt. Folbiggs Kindheitsfreundin Tracey Chapman (nicht zu verwechseln mit der US-Sängerin), die für ihre Freilassung kämpft, seit ein australisches Gericht die angebliche Kindsmörderin 2003 zu 40 Jahren Haft verurteilt hat, sagte in australischen Medien: «Ich hätte heute Morgen mehr Taschentücher in den Gerichtssaal mitnehmen sollen, ich habe einen ganzen Fluss geweint. Ich bin bereit, Kathleen nach Hause zu bringen.»

Wie eine Figur aus einer griechischen Tragödie

Folbigg dürfte in den nächsten Tagen gegen Kaution freikommen, vielleicht heute schon. Danach müsste die Justiz das Urteil, das nach einem Revisionsprozess von 40 auf 30 Jahre gesenkt wurde, neu beurteilen. Es ist auch möglich, dass Folbigg auf Antrag einer Kommission vom Gouverneur des Bundesstaates New South Wales begnadigt wird.

Caleb, Patrick, Sarah und Laura sind im Zeitraum zwischen 1989 und 1999 gestorben, alle, bevor sie zwei Jahre alt waren. «Ich habe es noch nie erlebt, dass vier Kinder in derselben Familie an plötzlichem Kindstod gestorben sind», gab ein Gerichtsmediziner während des Prozesses zu Protokoll, in dem die Australierin verurteilt wurde. Beim plötzlichen Kindstod, dem Albtraum aller Eltern von kleinen Kindern, hört ein Baby meist im Schlaf auf zu atmen. Über die medizinische Ursache herrscht Ungewissheit. 

Als Beweis für ihre Schuld galten auch die Einträge im Tagebuch.

Als Beweis für Folbiggs Schuld galten auch Tagebucheinträge, die ihr Ehemann dem Gericht zugänglich gemacht hatte. «Bei ihr wollte ich einfach nur, dass sie still war. Und eines Tages war sie es», schrieb die vierfache Mutter über ihre Tochter Sarah, die 1993 mit 10 Monaten in der Wiege gestorben war. Oder: «Was mich am meisten erschreckt, ist die Vorstellung, allein mit meinem Baby zu sein.» Oder, über ihr viertes Baby: «Ich weiss, dass mit ihr alles in Ordnung ist.» Über die drei bereits verstorbenen Kleinkinder fügte sie hinzu: «Es war meine Schuld, nicht ihre.»

Es ist, als wäre Folbigg eine Figur aus einer griechischen Tragödie. Denn das Unheil begann schon, als sie selber noch ein Kind war: Im Januar 1969, Kathleen ist gerade 18 Monate alt, wird ihre Mutter mit 24 Messerstichen ermordet. Der Täter ist Kathleens Vater. 

Sätze einer trauernden Mutter

Ernsthafte Zweifel am Urteil gegen Folbigg kamen 2018 auf, als Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler feststellten, dass eine äusserst seltene Genvariante am Tod ihrer Kinder schuld sein könnte. Mehr als hundert hochkarätige Fachleute, darunter mehrere Nobelpreisträger, forderten die australische Justiz auf, den Fall neu zu beurteilen. Psychologische Gutachten hielten überdies fest, dass Folbiggs Tagebucheinträge keine Schuldeingeständnisse seien, sondern verzweifelte Sätze einer trauernden Mutter, die sich einredet, am Tod ihrer Kinder schuld zu sein.

Vor Gericht hingegen hat Kathleen Folbigg stets ihre Unschuld beteuert. Es sieht ganz danach aus, als müsste ihr nun die Justiz recht geben.

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