Jahrelanger MissbrauchMit 15 Jahren erstach sie ihren Vergewaltiger, jetzt wird sie dafür bestraft
Ein Urteil aus Iowa gibt in den USA zu reden: Ein Opfer massiver, wiederholter sexueller Gewalt wurde verurteilt, nachdem es sich gerächt hatte.
Er hatte sie mit Alkohol abgefüllt, ihr Marihuana zum Rauchen aufgedrängt und sie dann mehrfach vergewaltigt. Als sie am frühen Morgen wieder zu sich kam, lag der Mann bewusstlos neben ihr. Dann sah Pieper Lewis das Messer bei seinem Bett. Und sah rot. In einem Wutrausch ergriff sie die Waffe und stach auf ihren Peiniger ein, über dreissig Mal auf seinen ganzen Körper, bis er tot war. Das war vor etwas über zwei Jahren.
Die Polizei verhaftete sie am nächsten Tag. Er habe noch selten einen dermassen brutalen Mord gesehen, sagte einer ihrer Detektive. Der Tote, ein mehrfacher Familienvater, war 37 Jahre alt gewesen, sein Opfer damals 15. Die junge Afroamerikanerin, als Dreijährige von einem fremden Paar adoptiert, das sich wenig später scheiden liess, war von ihrer psychisch instabilen Adoptivmutter jahrelang beschimpft und geschlagen worden.
150’000 Dollar Busse
In der Folge geriet das Mädchen in eine Spirale von Drogen, Sex und Gewalt, an der mehrere Männer beteiligt waren. Dennoch wurde sie am Montag in der Stadt Des Moines im Bundesstaat Iowa verurteilt. Die letzten beiden Jahre hatte Lewis in einem Jugendgefängnis verbracht, wo sie übers Internet das College nachholte. «I am a survivor», sagte sie vor den Geschworenen: Ich bin eine, die überlebt.
Im letzten Jahr war in Tennessee eine junge Frau begnadigt worden, die Ähnliches durchlitten hatte wie Pieper Lewis und ebenfalls ihren Vergewaltiger getötet hatte. Lewis’ Anwältin hoffte auf ähnliche Milde. Aber der Richter in Des Moines sah aufgrund der gesetzlichen Vorschriften von Iowa keinen anderen Rechtsentscheid, denn dieser Bundesstaat ist streng beim Umgang mit mildernden Umständen.
Der Richter verurteilte die junge Frau zu fünf Jahren Haft in einer Anstalt, die sich den hoffnungsvollen Titel «Fresh Start Women’s Centre» gegeben hat. Pieper Lewis wird dort einen GPS-Sender angeschnallt bekommen. Entfernt sie sich, drohen ihr 20 Jahre Gefängnis. Ausserdem muss sie den Angehörigen des Ermordeten 150’000 Dollar zahlen. Im Internet wird bereits für sie gesammelt. Über das Internet kamen von weit über Gönnerinnen und Gönnern bereits ein Mehrfaches der Summe zusammen.
Keiner der Vergewaltiger angeklagt
Wie aber kam es, dass die junge Frau gleich von mehreren Männern bedroht, angegriffen und vergewaltigt worden war?
Als sie zum dritten Mal von ihrer Adoptivmutter davongelaufen war, kam sie zunächst bei der Schwester einer Mitschülerin unter, auf deren Kind sie aufpasste. Aber die Beziehung verschlechterte sich, im April 2020 musste Lewis wieder gehen und landete auf der Strasse. Ein ehemaliger Nachbar bot ihr Hilfe an, die aber schnell in Gewalt umschlug. Er vergewaltigte sie wiederholt und verkaufte sie dann an fremde Männer, die ihr dasselbe antaten.
Einer von ihnen war der Mann, der das Mädchen mit Drogen abfüllte und dann vergewaltigte. Mehrfach. Und bis zu jenem Tag, an dem sie ihn in seinem Bett erstach. «Ich wünsche mir, die Ereignisse des 1. Juni 2020 hätten nie stattgefunden», sagte die junge Frau vor Gericht – «aber zu behaupten, es gäbe nur ein einziges Opfer, ist absurd.»
Lewis Piper wurde verurteilt. Von den Männern, die sie gefügig gemacht oder bedroht und dann vergewaltigt haben, wurde noch keiner verurteilt. Das war gar nicht möglich: Es wurde kein einziger angeklagt.
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