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Wut gegen das Regime
Deshalb demonstrieren Tausende in Kuba

Unerwartet und heftig waren die Proteste: Sicherheitskräfte nehmen in Havanna einen Demonstranten fest. 
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Es sind die grössten Proteste seit Jahrzehnten. Tausende Kubanerinnen und Kubaner gingen am Wochenende auf die Strassen und demonstrierten gegen hohe Lebensmittelpreise, einen Mangel an Medikamenten und Stromausfälle. Die Proteste richteten sich direkt gegen das Regime von Staatschef Miguel Díaz-Canel, den Erben von Raúl und Fidel Castro. Wie sind die Ereignisse einzuordnen? Antworten auf die wichtigsten Fragen.

Wie haben die Proteste begonnen?

Hunderte Kubanerinnen und Kubaner demonstrierten am Sonntag in San Antonio de los Baños, 30 Kilometer von Havanna entfernt, und in Palma Soriano, im Südosten des Landes. Die Demonstrierenden übertrugen ihre Proteste live auf Facebook und posteten Videoschnipsel auf Instagram und Twitter. Durch die sozialen Medien verbreiteten sich die Demos schnell im ganzen Land. Zunächst richtete sich der Protest vor allem gegen den Nahrungsmittelmangel und die Stromausfälle. Bald ging es aber um Grundsätzliches: «Nieder mit der Diktatur» und «Wir haben keine Angst vor dem Kommunismus», schrien sie.

Wieso sind diese Proteste besonders?

Seit sechs Jahrzehnten ist Kuba ein Land, in dem grosse Demonstrationen praktisch nicht vorkommen. Die kommunistischen Machthaber liessen sämtliche Unmutsbekundungen im Keim ersticken. Diesmal scheinen die Demonstrierenden bereit zu sein, die offene Konfrontation mit dem Regime zu suchen. Sie profitieren auch davon, dass der Karibikstaat erstmals seit der Revolution 1959 nicht von einem Castro regiert wird.

Er hat die Macht übernommen: Staatspräsident und Parteichef Miguel Díaz-Canel (links) zusammen mit Raul Castro. 

Seit April dieses Jahres ist Miguel Díaz-Canel nicht nur Präsident, sondern auch Parteichef – und damit die unbestrittene Nummer eins im Land. Ihm fehlt aber das Charisma der Castros, Begeisterung löst er auch bei seinen Anhängern nicht aus. Ein neuer Faktor bei den Protesten sind auch die sozialen Medien. In Kuba relativ neu, werden sie von einer jungen Generation benutzt, die auf Twitter, Facebook und Instagram ihre Ideen verbreitet und Demos organisiert.

Was hat es mit dem Oppositionsslogan «Patria y Vida» auf sich?

«Patria y Vida» – Vaterland und Leben –, so lautet der Slogan der Demonstrierenden. Entstanden ist er Anfang Jahr, als kubanische Rapper den revolutionären Spruch «Patria o Muerte» (Vaterland oder Tod) ins Gegenteil verkehrt haben. Der Song der beiden auf Kuba lebenden Rapper Maykel Osorbo und El Funky und einigen im Ausland lebenden Musikern hat sechs Millionen Views auf Youtube. An das Regime gerichtet, singen sie: «Eure Zeit ist um, die Bevölkerung hat genug gelitten, wir warten auf einen neuen Tag.»

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Wie stark leidet Kuba unter der Pandemie?

Die wirtschaftliche Lage auf der Karibikinsel ist desaströs. Im vergangenen Jahr ist die Wirtschaftsleistung um über elf Prozent eingebrochen. Der Tourismus ist fast inexistent, Exil-Kubanerinnen und -Kubaner können weniger Geld nach Hause überweisen.

Selbst für grundlegende Nahrungsmittel muss die Bevölkerung in Kuba stundenlang anstehen. Sogar für anständiges Brot fehlen die Zutaten. Es kommt zu stundenlangen Stromausfällen.

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Zuletzt ist auch die Rate der Corona-Neuinfektionen sprunghaft angestiegen. Am Sonntag meldeten die Behörden 7000 Neuinfektionen und 31 Tote. Gemäss der Opposition ist die Dunkelziffer aber enorm. Kuba hat zwar selbst Impfstoffe entwickelt, doch gemäss Our World in Data sind bislang nur knapp über 15 Prozent der Bevölkerung vollständig immunisiert.

Wie reagiert das Regime?

Die Regierung hat mit voller Härte auf die Proteste geantwortet. Sicherheitskräfte haben mehr als hundert Menschen verhaftet. Staatspräsident Miguel Díaz-Canel hat in bewährter Castro-Manier die USA für die Demonstrationen verantwortlich gemacht. Er forderte seine Anhänger auf, die Strassen «zurückzuerobern». Tatsächlich kam es später zu Gegendemonstrationen und Angriffen auf Regimegegner. Am Montag hat die Regierung das Internet abgeschaltet, um den Regimegegnern die Organisation weiterer Proteste zu erschweren.

Kommt es jetzt zu einem Regimewechsel?

Kubas Regierung ist offensichtlich nervös. Allerdings hat das kommunistische Regime seit der Revolution 1959 schon einige Krisen überstanden.

Sein ideologisches Erbe lebt weiter: Poster von Fidel Castro in Havanna. 

Der Zerfall der Sowjetunion im Jahr 1991 führte zu einer schweren Wirtschaftskrise und einer prekären Lebensmittelknappheit. Später wurde Kuba vor allem von Venezuela unterstützt, das jetzt aber seinerseits in einer epochalen Wirtschaftskrise steckt. Der ehemalige US-Präsident Donald Trump hat eine von der Obama-Regierung angekündigte Lockerung der Sanktionen rückgängig gemacht. Seither hat sich die Position des Regimes eher noch verhärtet. Eine grundsätzliche Abkehr des bisherigen Kurses ist auch nach den jüngsten Demonstrationen nicht zu erwarten.