Wohnungsnot in ZürichDerzeit stehen so wenige Wohnungen leer wie letztmals 2011
In der Stadt sind nur 161 Wohnungen zu haben, wobei es vor allem an einem Wohnungstyp mangelt. Für den Tiefstand gibt es zwei Erklärungen.

Am 1. Juni 2022 standen in der Stadt Zürich 161 Wohnungen leer. Verglichen mit dem Vorjahr sind das weniger als die Hälfte. Die Leerwohnungsziffer sank von 0,17 auf minimale 0,07 Prozent. Damit hat sich die Wohnungsknappheit in Zürich akzentuiert, schreibt die Stadt in einer Mitteilung vom Dienstag.
Die 161 Wohnungen sind nur ein kleiner Teil der rund 2000 Wohnungen, welche monatlich auf den Markt kommen. Anders gesagt: Die meisten Wohnungen werden unmittelbar nach dem Auszug wieder vermietet oder verkauft.
Seefeld: Null leere Wohnungen
Die 0,07 Prozent bedeuten die tiefste Leerwohnungsziffer seit 2011, schreibt die Stadt. Im Vergleich zu 2016 liegt sie gar um zwei Drittel tiefer. Vor sechs Jahren gab es am meisten leer stehende Wohnungen in den letzten 20 Jahren. Am 1. Juni, dem Stichtag, gibt es in zahlreichen Stadtteilen gar keine freie Wohnung, namentlich in den Quartieren Hochschulen, Hard, Hottingen, Seefeld, Weinegg und Saatlen.
Der Rückgang betrifft alle Wohnungsgrössen – mit Ausnahme der 5-Zimmer-Wohnungen, deren Anzahl Leerwohnungen sich erhöht hat. Mit stadtweit 11 leeren 5-Zimmer-Wohnungen sind absolut aber auch nur wenige dieses Typs zu haben.
Besonders deutlich war der Rückgang im Segment der kleineren Wohnungen. Die 1- und 2-Zimmer-Wohnungen hatten 2021 noch einen deutlichen Anstieg verzeichnet.

Statistik Stadt Zürich schreibt von einer «sogar für Stadtzürcher Verhältnisse sehr niedrigen Leerwohnungsziffer». Es drängten sich zwei Erklärungen auf: eine nachfrageseitige und eine angebotsseitige.
Zur Nachfrage: Das Bevölkerungswachstum hat letztes Jahr wieder Fahrt aufgenommen – es leben ja neuerdings so viele Menschen in Zürich wie noch nie. Konkret wuchs die Wohnbevölkerung per Ende Mai gegenüber dem Vorjahr um fast 6000 Personen. In den von der Pandemie geprägten Periode 2019/20
(+1800 Personen) und vor allem 2020/21 (+700 Personen) wuchs die Zahl der Einwohnerinnen und Einwohner nur marginal.
Zum Angebot: Im selben Zeitraum stieg das Wohnungsangebot kaum. Während die Anzahl der Wohnungen in den vergangenen Jahren im Mittel um gut 2000 gestiegen war, erhöhte sie sich zwischen 2021 und 2022 lediglich um etwa 800. Es wurden also wenige Wohnungen fertiggestellt – und viele abgebrochen.
Die ausgesprochene Wohnungsknappheit in der Stadt könnte aber auch statistisches Pech sein. Gemäss Mitteilung fiel der Stichtag in diesem Jahr zufälligerweise auf einen Zeitpunkt, an welchem kurz zuvor einerseits viele Wohnungen abgebrochen und anderseits zahlreiche Neubauten noch nicht fertiggestellt worden waren. Die Situation könnte sich also bald wieder etwas entspannen, heisst es.
Kantonsweiter Trend
Der Trend ist nicht nur in der Stadt ersichtlich, sondern ist ein kantonsweites Phänomen. Konkret standen am 1. Juni – inklusive der 161 städtischen – 4660 Wohnungen leer. Das sind 860 weniger als 2021, wie die Direktion der Justiz und des Innern ebenfalls am Dienstag mitgeteilt hat. Die kantonsweite Leerwohnungsziffer sank damit von 0,7 auf 0,6 Prozent. Dieser Wert war letztmals vor zehn Jahren unterboten worden.
Fast 60 Prozent der Gemeinden haben tiefere Leerwohnungsbestände gemeldet, heisst es weiter. Prozentual gab es die stärksten Rückgänge – abgesehen von der Stadt Zürich – in den angrenzenden Regionen Limmattal und Glattal sowie im Knonaueramt.
Etwas mehr Leerstand an der Pfnüselküste
Doch auch die im Vorjahr beobachtete Abnahme der Leerstände in den ländlichen Gebieten setzte sich fort. So stehen in den Regionen Weinland, Unterland und Oberland nochmals weniger Wohnungen leer. Der Rückgang ist jedoch schwächer als im Vorjahr, schreibt der Kanton.
Stabil präsentiert sich die Lage am linken und rechten Seeufer: In der Region Zimmerberg, also an der sogenannten Pfnüselküste, gab es – als einzige Region – einen leichten Anstieg der Anzahl leeren Wohnungen. Gegenüber, an der Goldküste, gab es eine schwache Abnahme der Leerwohnungszahlen.

Auch der Kanton stellt fest: «Es wurde weniger gebaut, und oft ersetzten Neubauten bestehende Wohngebäude.» Im Jahr 2021 nahm der Wohnungsbestand kantonsweit um 4900 Einheiten zu, ein Jahr zuvor waren es noch 6700 gewesen.
Küsnacht und Regensberg sind Ausreisser
Am zweitwenigsten leere Wohnungen nach Zürich hat Winterthur mit 0,37 Prozent. Die höchsten Anteile leerer Wohnungen haben die Region Pfannenstiel (1,20 Prozent) und das Zürcher Oberland (1,22 Prozent). Im gesamtschweizerischen Vergleich sind jedoch auch diese Werte tief, heisst es.
Auf die Gemeinden heruntergebrochen, stehen in Küsnacht und Regensberg (je 3,35 Prozent) am meisten Wohnungen leer, gefolgt von Elsau (2,5), Stadel (2,43) und Richterswil (2,39), Kappel am Albis (2,11) und Fischenthal (2,08).
Wie hoch ist die Leerwohnungsziffer in Ihrer Gemeinde? Hier finden Sie eine interaktive Karte.
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