ZSC-Routinier Yannick WeberFür seine kanadische Frau wagte er den Rollentausch
Mit 17 zog er nach Nordamerika, mit 35 jagt er mit den ZSC Lions seinen ersten Titel als Profi. Als nächstes wartet der EVZ – so oder so steht sein Highlight im Juli an.
Die Playoff-Bärte spriessen allmählich bei den ZSC-Cracks. Von Yannick Weber ist man sowieso nichts anderes gewohnt. Der Bart ist sein Markenzeichen. Ihn gänzlich abzurasieren vor dem Playoff-Start, um ihn dann wieder wachsen zu lassen – ein gängiges Ritual –, kam für ihn nicht infrage. Er stutzte ihn leicht.
Seine Bartpracht verstärkt das Bild des Routiniers, der schon vieles erlebt hat in diesem Sport: 14 Jahre spielte er in Nordamerika, er bestritt über 500 Spiele in der NHL und vertrat die Schweiz an vier Weltmeisterschaften und drei Olympischen Spielen. Doch etwas fehlt ihm noch: ein Meistertitel auf Profistufe.
Zweimal war er nah dran: Als die ZSC Lions 2022 in seinem ersten Zürcher Jahr im Playoff-Final gegen Zug 3:0 führten und noch verloren. Und 2017 im Stanley-Cup-Final mit Nashville gegen Pittsburgh. Wenn er daran denkt, kommen bei ihm gemischte Gefühl hoch: «Es schmerzt mich noch heute, dass wir jene Serie verloren. Mehr als alles andere. Aber es ist trotzdem das Highlight meiner Karriere, dass ich da dabei sein konnte.»
Die Predators verwandelten in jenem heissen Frühling die Country-Metropole Nashville in eine Hockeystadt. «Wir kämpften uns im letzten Moment noch ins Playoff, nahmen den Schwung mit und schlugen einen Favoriten nach dem anderen. Plötzlich herrschte eine Rieseneuphorie in Nashville. Wenn in den USA etwas Grosses läuft, zieht das die Leute an. Auch jene, die sonst mit dem Eishockey nichts am Hut haben. Eine Stadt feiert solche Ereignisse.»
Drei Berner im Stanley-Cup-Final
Den Final gegen Vorjahressieger Pittsburgh verloren die Predators 2:4. In jener Serie um den heiligen Gral des Eishockeys standen sich drei Berner Freunde gegenüber, die jeweils im Sommer gemeinsam trainierten: Weber und Roman Josi bei Nashville, Mark Streit bei Pittsburgh. Streit bestritt im Final zwar keine Partie, wurde aber auf der Stanley-Cup-Trophäe verewigt und trat wenig später zurück. Josi ist mit 33 immer noch einer der besten Verteidiger der NHL und trägt die Predators auf seinen breiten Schultern ins Playoff.
Als Weber 2006 mit 17 nach Nordamerika zog, zu den Kitchener Rangers in der Juniorenliga OHL, waren Schweizer in Übersee noch rar. Streit hatte sich in Montreal als erster Schweizer Feldspieler in der NHL etabliert, dazu kamen die Goalies David Aebischer und Martin Gerber. «Als ich nach Nordamerika ging, dachte ich: Jetzt gehe ich mal für ein Jahr und schaue, was dabei herauskommt.» Daraus wurden 15 Jahre.
In Webers Berner Dialekt mischen sich immer mal wieder englische Wörter und Redewendungen, in die Aussprache auch mal ein amerikanischer Akzent. Das hat auch mit seiner Frau Kayla zu tun, die er 2014 in Vancouver kennen lernte. Die Schwester des langjährigen NHL-Goalies Carey Price studierte da, Weber spielte für die Canucks. Sie begleitete ihn darauf an seine nächsten NHL-Stationen in Nashville und Pittsburgh und nun auch nach Zürich. 2020 wollten sie heiraten, dann kam die Corona-Pandemie dazwischen. 2021 holten sie die Hochzeit nach, im kommenden Juli erwarten sie ihr erstes Kind.
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«Wir freuen uns sehr», sagt Weber. «Der Zeitpunkt stimmt. In der NHL weiss du nie, wo du im nächsten Jahr bist. Da kannst du jederzeit wegtransferiert werden. Nun sind wir hier sesshaft geworden. Zumindest für einige Zeit.» Im Oktober unterschrieb er für zwei weitere Jahre bei den ZSC Lions. Das Paar wohnt in Engstringen unweit der Swiss-Life-Arena. Es ist aber gut denkbar, dass sie nach seiner Karriere nach Nordamerika zurückkehren.
Auch Webers Frau Kayla ist sehr sportlich, absolvierte im Frühling 2023 den Ironman 70.3 über die Ironman-Halbdistanz in Rapperswil. «Sie war vorher schon Marathons und Halbmarathons in Chicago und Nashville gelaufen, nun setzte sie sich dieses Ziel und trainierte ein Jahr darauf hin.» Weber begleitete seine Frau bei Velotouren oder fuhr sie zum Schwimmtraining. «Es war für mich auch cool, sie einmal in der umgekehrten Rolle als Fan zu unterstützen.»
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Er sei sehr stolz, dass es seine Frau durchgezogen habe. «Es ist ein cooles Ziel, sich Ironman oder Ironwoman nennen zu dürfen. Es war sicher nicht ihr letzter Wettkampf. Es heisst ja, man wird ein bisschen süchtig bei diesen Ausdauersportarten.» Er selbst sei dagegen aber immun. «Ich könnte mir nicht einmal vorstellen, einen Marathon zu laufen. Ich war nie der Jogger. Und mit 90 Kilo bei 1,80 Meter Grösse bin ich auch nicht der leichtfüssigste Läufer.»
Auf dem Eis hingegen war Weber stets ein guter Läufer. Für ihn der Hauptgrund, wieso er sich so lange in der NHL behaupten konnte. «Ich wusste: Ich darf sicher nicht langsam sein, wenn ich für NHL-Verhältnisse schon klein bin.» Wobei er punkto Professionalität viel von Mark Streit profitiert habe: «Er zeigte mir in jungen Jahren, was es auf und neben dem Eis braucht. Punkto Ernährung, Training, beim Mentalen, um langfristig Erfolg zu haben. Roman (Josi) und ich haben uns ihm angehängt und das durchgezogen.»
Einige seiner Fitnesswerte seien nun in seinem dritten Zürcher Jahr besser als im ersten. «Das spricht für mich, wie seriös ich meine Arbeit nehme, aber auch für unseren Fitnesstrainer Matt Stendahl.» Auch auf dem Eis hat Weber seine Rolle gefunden. Tat er sich anfangs schwer, die hohen Erwartungen an ihn zu erfüllen, hat er sich nun zu einem grundsoliden Pfeiler in der ZSC-Abwehr entwickelt. Im Viertelfinal gegen Biel hatte er mit +5 die beste Bilanz und schoss in Spiel 3 ein wichtiges Tor.
Im Playoff könne viel passieren, das habe er ja auch mit Nashville erlebt, als das junge Team 2017 als Aussenseiter überraschte. Aber es habe gut getan, in seinem dritten Zürcher Jahr endlich etwas ruhigere Zeiten zu erleben. «Obschon wir in Zürich auch in den ersten zwei Jahren ein gutes Kader hatten, war es oft ein Krampf. Jetzt haben wir unsere Identität gefunden. Wir wissen, wie wir spielen wollen. Jeder kennt seine Rolle und weiss, was von ihm erwartet wird.»
Das Playoff nimmt die Teams auf eine Achterbahn der Gefühle mit. Eine Niederlage, eine Verletzung oder eine Sperre kann einen aus der Bahn werfen. Jedes Detail kann bedeutend werden. «Aber egal, was uns angeworfen wird, wir wissen, was wir zu tun haben», sagt Weber. Am Montagabend steigen die ZSC Lions in den Playoff-Halbfinal gegen den EV Zug. Dann geht Webers Jagd nach dem ersten Titel weiter.
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