Profil von Joko WidodoDer «Obama Südostasiens» gibt sich autoritär
Der Staatspräsident Indonesiens steht beim G-20-Gipfel international im Fokus. Zu Hause ist er beliebt – doch zuletzt sanken seine Zustimmungswerte.
Am Sonntag war Joko Widodo (61), Staatspräsident Indonesiens, schon wieder zurück vom Asean-Treffen in Kambodscha und in Nusa Dua auf Bali. Also dort, wo das G-20-Treffen der Staats- und Regierungschefs unter seinem Vorsitz stattfindet. Joko Widodo, der im Land nur Jokowi genannt wird, hat in Sachen G-20 einiges an Kilometern gemacht, vor allem nachdem der Krieg Russlands gegen die Ukraine ausbrach. Einige Mitglieder machten Druck, dass er Wladimir Putin ausladen solle, doch Widodo besuchte stattdessen Putin und Wolodimir Selenski – und lud diesen ebenfalls ein.
Inwieweit das nun zur Absage Putins geführt hat, lässt sich nicht abschliessend klären. Doch es passt zur Politik von Jokowi. 2014 wurde er zum ersten Mal zum Präsidenten Indonesiens gewählt und von der Presse als «Obama Südostasiens» gefeiert. Er hatte sich als unabhängiger Kandidat gegen die alten Kader durchgesetzt, die seit der Suharto-Zeit an der Macht klebten. 2019 gelang ihm die Wiederwahl.
Todesurteile unterzeichnet
Widodo ist ohnehin nicht sehr zimperlich, was den Umgang mit der Opposition, die Meinungsfreiheit und den Einsatz von Polizei und Militär angeht. Bereits kurz nach seinem Amtsantritt unterzeichnete er einige Todesurteile, die vor allem Drogenkriminelle betrafen. Unter ihnen waren zwei Australier, die 2015 durch ein Erschiessungskommando hingerichtet wurden. International wurde das als Versuch gewertet, sein Image im Land durch Härte aufzupolieren – und als Beweis, bei internationalem Druck nicht einzuknicken.
Der Präsident ist Muslim, verheiratet und Vater von drei Kindern, gilt aber als gemässigt. Doch die steigende religiöse Radikalisierung im grössten muslimischen Land der Welt hat er nicht gestoppt. Indonesiens nationaler psychiatrischer Verband stufte Homosexualität als psychische Störung ein. Die LGBTQ-Rechte haben sich in seiner Amtszeit verschlechtert.
Neue Hauptstadt
Er startete viele Infrastrukturprojekte, liess neue Strassen, Häfen, Dämme, Brücken und Flughäfen errichten. Wenn auch teilweise mit chinesischen Investments, im Rahmen der sogenannten neuen Seidenstrasse. China ist Indonesiens wichtigster Handelspartner. Und bessere Transportwege sind wichtig in einem Inselstaat, der mit etwa 280 Millionen Einwohnerinnen und Einwohnern das viertbevölkerungsreichste Land der Erde ist. Sein grösstes Projekt, den Bau der neuen Hauptstadt Nusantara auf der Insel Borneo, treibt Widodo zwar voran, als Präsident wird er dort aber wohl nicht mehr einziehen können. Die Planstadt soll frühestens 2024 fertig werden, da endet seine Amtszeit. Neben der Infrastruktur hat er sich vor allem für die Verbesserung der Wirtschaft und der Sozialleistungen eingesetzt, was ihn im Land weiterhin beliebt macht.
Im Oktober allerdings demonstrierten zehntausend Studenten und Gewerkschaftsaktivistinnen mit Sprechchören wie «Senkt den Ölpreis oder nieder mit Jokowi» gegen die Kürzung von Kraftstoffsubventionen. Bereits im Mai hatte die Regierung einen Exportstopp für Palmöl verhängt, Indonesien ist der grösste Hersteller, doch das Speiseöl verteuerte sich. Und Widodos Umfragewerte sanken.
Von der Pandemie getroffen
Schon das Handling der Pandemie, mit ständigen Lockdowns und harten Quarantäneregeln, führte zu erheblichen Einkommenseinbussen im ganzen Land. Vor allem aber auf Bali, das vom Tourismus abhängt und wo nun der diesjährige G-20-Gipfel bevorsteht. In diesem Rahmen hat Widodo nun einen Pandemiefonds ins Leben gerufen, der Geld für Forschung und Vakzinverteilung bereitstellen und helfen soll, diesen und künftige Ausbrüche besser abfedern zu können, vor allem in ärmeren Ländern. Es sieht so aus, als würde Joko Widodo bereits an seinem Nachruhm arbeiten.
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