Der neue 1000er, eine Provokation
Die Einführung der wertvollsten Banknote der neuen Serie dürfte die internationale Kritik befeuern.
Mit der Herausgabe einer komplett neuen 1000er-Note zeigt die Schweizerische Nationalbank der ganzen Welt sozusagen den Stinkefinger. Keine Note eines westlichen Landes mit einer harten Währung vereint einen derart hohen Wert auf sich wie eben der 1000-Franken-Schein.
Doch grosse Noten gelten international als verpönt. Die Grundfunktion als Geld nehmen sie nur bedingt wahr. Schliesslich eignen sie sich schlecht zum Bezahlen, da sie vielfach nicht angenommen werden. Man versuche einmal, ein Taxi mit dem 1000er zu bezahlen oder ein Sandwich damit zu kaufen. Sehr geeignet sind diese Noten aber für Kriminelle oder für Steuerhinterzieher. Bargeld hinterlässt generell deutlich weniger Spuren als elektronisches Geld.
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Grosse Noten sind besonders nützlich für das Verstecken sehr hoher Summen. Im Jahr 2016, als die EZB gerade die Abschaffung des 500ers erwog und die Schweiz mit dem 50er ihre neue Notenserie startete, publizierte die britische Finanzpublikation «Economist» eine eindrückliche Illustration. Sie zeigte, wie viele von den aus Krimis und Agentenfilmen bekannten Köfferchen nötig sind, um darin 10 Millionen Dollar zu verstecken. Benützt man dafür 1000-Franken-Noten und ist das Volumen eines Köfferchens 15 Liter, reicht eines aus. Für 500-Euro-Scheine wären nicht ganz zwei Köfferchen nötig, für 100-Dollar-Noten müsste man schon einen Lieferwagen benützen, da dann siebeneinhalb solche Köfferchen notwendig würden.
Der 500-Euro-Schein verschwindet
Während die Schweizer die neue Note feiern, zieht die Europäische Zentralbank (EZB) die zweitwertvollste Hartwährungsnote gerade aus dem Verkehr: den 500-Euro-Schein. Nur noch bis zum 26. Januar war er bei Notenbanken der meisten Euroländer zu haben. Die Notenbanken Deutschlands und Österreichs können sich etwas mehr Zeit nehmen, stoppen die Herausgabe aber nach dem 26. April ebenfalls. In den USA hat sich Larry Summers, einst Finanzminister unter Präsident Bill Clinton und Wirtschaftsberater unter Barack Obama, für die Abschaffung der 100-Dollar-Note starkgemacht – allerdings ohne Erfolg.
Video: Vorhang auf für den neuen 1000er
Das Einziehen des Euro-500ers und die Einführung eines neuen 1000ers in Franken lässt es als wahrscheinlich erscheinen, dass die Schweizer Note erst recht an Attraktivität gewinnt: «Die Schweizerische Nationalbank hat kategorisch erklärt, dass sie keine Pläne verfolgt, die hochwertigen Noten aufzugeben» schrieb der «Economist» schon 2016, «daher werden die Kriminellen in Zukunft zumindest eine weitere Option haben.» Die Einführung des neuen 1000ers dürfte daher die internationale Kritik wieder anschwellen lassen, die zumindest nach dem Jahr 2016 etwas verstummt ist.
Wie weit aber der 1000er tatsächlich für kriminelle Zwecke verwendet wird, ist umstritten. Bei der SNB verweist man auf Beobachtungen beim Bundesamt für Polizei (Fedpol): «Im Fedpol wurden der Meldestelle für Geldwäscherei (MROS) keine Verdachtsfälle gemeldet, bei denen die Verwendung von 1000-Franken-Noten relevant gewesen wäre. Die Meldestelle verfügt in ihrer Datenbank zurzeit über keine Angaben, welche auf die Verwendung von hohen Bargeldstückelungen zu kriminellen Zwecken hinweisen würden.» So lautet die Auskunft der Behörde.
Ein Bekenntnis zum Bargeld
Die Neu-Herausgabe der 1000er-Note ist aber auch ein eindeutiges Bekenntnis der SNB zum Bargeld und damit eine Provokation für all jene, die diesem nicht nur den Untergang voraussagen, sondern ihm auch etwas nachhelfen wollen. Dabei geht es nicht nur um die Bekämpfung der Kriminalität und Steuerhinterziehung, sondern auch um eine bessere Steuerbarkeit der Geldmengen und damit der Konjunktur.
Wenn eine Notenbank die Wirtschaft befeuern will, senkt sie für gewöhnlich ihren Leitzins. Doch befindet sich dieser schon bei null Prozent oder sogar – wie aktuell in der Schweiz – im negativen Bereich, sind dem Grenzen gesetzt. Denn statt für Geld auf Konten noch eine Gebühr zu bezahlen, lohnt es sich für alle von Negativzinsen Betroffenen ab einer gewissen Schwelle, Bargeld zu horten. Auch hier wieder senken Noten mit hohem Wert die Kosten für dieses Horten (weil weniger Platz dafür benötigt wird). Je höher also der Wert der Noten, desto weniger tief in den negativen Bereich lassen sich die Zinsen senken.
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Genau weil sie vor solchen Eingriffen von Staat und Notenbank schützt, ist die 1000er-Note ebenfalls beliebt – und nicht nur bei Kriminellen, sondern in der breiten Öffentlichkeit generell. Als der Schöpfer des 500-Euro-Scheins, Robert Kalina, von der «Süddeutschen Zeitung» gefragt wurde, was er von der Abschaffung «seiner» Note hält, gab er zur Antwort: «Meiner Meinung nach ist das eine persönliche Einschränkung der Freiheit. Bargeld ist immer ein Symbol für Freiheit gewesen.»
Die finanzielle Privatsphäre schützen
Obwohl das ihre Möglichkeiten einschränkt – etwa bei den Negativzinsen –, verschreibt sich auch die Schweizerische Nationalbank ganz dieser Ansicht. Bei jeder Gelegenheit verteidigen die Mitglieder des Präsidiums die Bedeutung des Bargelds in der Schweiz.
«Bargeld bietet Gewähr, dass die finanzielle Privatsphäre geschützt ist» erklärte etwa schon 2017 SNB-Vize Fritz Zurbrügg seinen Notenbankkollegen an einem Gipfeltreffen zum Thema Banknoten im Februar 2017. Dabei hielt er fest, dass die Bargeldnachfrage immer gerade dann angestiegen ist, als die Unsicherheiten über das Finanzsystem besonders gross waren, etwa im Nachgang zur Finanzkrise. Das gilt ganz besonders für die 1000er-Note. Wie die Daten der SNB zeigen, ist die Nachfrage nach ihr nicht nur im Rahmen jener Krise stärker gestiegen als die Notennachfrage generell, sondern auch, wenn man alle Jahre seit der Krise betrachtet. 60 Prozent alles umlaufenden Notengeldes ist in 1000er-Noten gebunden.
Indem sich die Nationalbank weiterhin für das Bargeld – und insbesondere auch den 1000er – starkmacht, entspricht sie einem populären Anliegen. In einer offenen Welt macht sie damit aber anderen Ländern einen Strich durch die Rechnung, denen grosse Noten ein Dorn im Auge sind.
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