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Genfer Prozess um Korruption
Milliardenschwerer Rohstoffhändler soll ins Gefängnis

Hat sich Rohstoffmagnat Beny Steinmetz mit seinen Guinea-Geschäften der Korruption schuldig gemacht? Ein Genfer Strafgericht wird in der Causa Steinmetz am Freitag ein Urteil fällen. 
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Egal, wie das Gericht in der Causa Steinmetz entscheidet. Der Genfer Staatsanwalt Yves Bertossa wird seine Meinung nicht mehr ändern. Als «lehrbuchmässigen Korruptionsfall» bezeichnet Bertossa die Guinea-Aktivitäten der Rohstoffhandelsfirma Beny Steinmetz Group Resources (BSGR). Seit letzter Woche macht er einigen wenigen von vielen Involvierten den Prozess.

Drei Personen sitzen auf der Anklagebank. Hauptangeklagter ist der franko-israelische Rohstoffmagnat Benjamin «Beny» Steinmetz (64), einst Diamantenhändler, heute Besitzer eines Milliardenimperiums und von 2005 bis 2016 Pauschalbesteuerter in Genf, von wo er seine weltweiten Rohstoffgeschäfte kontrollierte.

Nebenangeklagter ist der französische Geschäftsmann Frédéric C. (58), der als junger Mann in Afrika begann, westliche Pharmazeutika einzuführen und Beny Steinmetz Türen öffnete. Ebenso beschuldigt wird die Belgierin Sandra M. (50), die für Steinmetz’ Vater einst in Antwerpen Diamanten auslieferte und für dessen Sohn Beny von Genf aus ein weltweites Konstrukt von 200 bis 400 Firmen führte.

Bitterarm und korrupt

Für Beny Steinmetz hat die Staatsanwaltschaft fünf Jahre Freiheitsentzug und eine Kompensationszahlung von 50 Millionen Dollar beantragt. Die Strafanträge für die Mitangeklagten sind milder. Für alle Angeklagten gilt bis zur Urteilsverkündung am Freitag die Unschuldsvermutung.

Schon heute lässt sich sagen: Die Richter deckten in ihrer Beweisaufnahme die dunklen Seiten des Rohstoffgeschäfts auf. Es scheint, als hätten Beny Steinmetz und seine Mitarbeiter in der rohstoffreichen, aber bitterarmen Republik Guinea mit unlauteren Mitteln versucht, an Schürfrechte zu kommen, um Uran, Eisenerz und Bauxite abzubauen. Und als die Schürfrechte erworben waren und Millionen von Dollars in die Kasse flossen, stand ein unübersichtliches Geflecht aus Offshore-Firmen und Stiftungen bereit, um den Reichtum vor staatlichen Zugriffen abzuschirmen.

Frédéric C. schilderte vor Gericht detailreich, wie er in Guinea für Schürfrechte im Berggebiet Simandou weibelte. Ab 2005 arbeitete sich Frédéric C. Stufe um Stufe ins Zentrum der Macht vor: in den Präsidentenpalast.

«Hühner liefen durchs Haus. Das Sofa glich einem Trümmerhaufen.»

Frédéric C. über seinen Besuch bei der vierten Frau von Guineas Staatspräsident

Doch den Durchbruch brachte erst ein Hausbesuch bei Mamadie Touré, der vierten Ehefrau des guineischen Langzeitherrschers Lansana Conté. «Hühner liefen durchs Haus. Die Stube hatte die Grösse eines Flachbildschirm-Fernsehers. Das Sofa glich einem Trümmerhaufen», beschrieb Frédéric C. die Visite im Norden der guineischen Hauptstadt Conakry Anfang 2006. Dass die Präsidentengattin in dieser Misere lebte, könne er noch heute kaum glauben, versicherte der Franzose dem Gericht.

Mamadie Touré half ihm. Sie machte ihren Einfluss im Präsidentenpalast geltend. Guineas Regierung und BSGR unterzeichneten einen ersten Vertrag. Am 20. Februar 2006 wurde der Deal mit einem Cocktailempfang gefeiert. Ein Video zeigt, wie die Präsidentengarde Mamadie Touré ans Fest führt, gefolgt von einem gut gelaunten Frédéric C.

Kurze Zeit später rief Mamadie an und erkundigte sich, ob Beny Steinmetz mit der Einigung zufrieden sei. Ihre Frage konnte man auch als Aufforderung verstehen, sie für ihren Einsatz zu entlöhnen. Natürlich habe er Mamadie Touré und «lokale Partner» für ihre Dienste bezahlen müssen, sagte Frédéric C. vor Gericht.

Ein Milliardengeschäft

Die Ansprüche der «lokalen Partner» nahmen nicht ab. Schon gar nicht, als BSGR 2010 dem brasilianischen Bergbaukonzern Vale 51 Prozent der Schürfrechte für 2,5 Milliarden Dollar verkaufte und der Wert der gesamten Schürfrechte 5 Milliarden Dollar betrug. BSGR hatte bis dahin 160 Millionen Dollar investiert.

Gegen 10 Millionen Dollar Schmiergeld sollen gemäss der Genfer Staatsanwaltschaft an Mamadie Touré und ihren Präsidentengatten geflossen sein. Im Prozess kam auch zur Sprache, dass Beny Steinmetz dem Präsidenten Lansana Conté bei einem Treffen höchstpersönlich einen Diamanten überreicht hatte. Geldtransfers wurden vermutlich über Schein- und Offshore-Firmen abgewickelt. Hunderttausende von Dollars wurden in bar übergeben. In Buchhaltungsbelegen wurden Zuwendungen mitunter als «Importzucker» oder Zahlung an ein «Stahlwerk in Baku» ausgewiesen. Verträge und Geldsendungen regelte Sandra M. von Genf aus.

Der Angeklagte Beny Steinmetz, rechts, mit seinem Anwalt Marc Bonnant auf dem Weg zum Genfer Gerichtsgebäude. 

Lansana Conté starb 2008. Sein Nachfolger liess 2011 die Vergabe der Schürfrechte überprüfen und entzog BSGR die Rechte schliesslich. Ein Rechtshilfegesuch aus Guinea landete bei der Genfer Staatsanwaltschaft, die ein eigenes Verfahren eröffnete und feststellte, dass weiter Geld an Mamadie Touré geflossen war. Dabei handelt es sich wohl um Schweigegeld, vermuten Genfs Strafverfolger.

Das FBI greift zu

Mamadie Touré bewohnt heute in der Stadt Jacksonville im US-Staat Florida ein stattliches Anwesen. Frédéric C. besuchte sie 2012. Diesmal ging es aber nicht um Schürfrechte, sondern er teilte ihr mit, Beny Steinmetz wolle, dass sie alle Belege von Geldtransfers vernichte. Zudem sollte sie in einer Erklärung bezeugen, dass sie nie die vierte Ehefrau des guineischen Präsidenten gewesen war. Was Frédéric C. nicht wusste: Mamadie Touré kooperierte im Rahmen eines Zeugenschutzprogramms mit amerikanischen Ermittlern. Das FBI hörte das Gespräch mit. Der Franzose wurde verhaftet und musste in den USA wegen Behinderung der Justiz für 22 Monate ins Gefängnis.

Ins Gefängnis soll er nun zurückkehren. Wie für Steinmetz beantragt die Genfer Staatsanwaltschaft auch für den Franzosen eine mehrjährige Haftstrafe. Mamadie Touré bleibt derweil straffrei. In den USA musste sie aber einen Teil ihres Millionenvermögens abgeben.