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Läden und Beizen leer
Der Konsum bricht wegen Corona ein

Die Leute meiden Gastrobetriebe bereits wieder: Café in der Berner Marktgasse im April.
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Obwohl alle Geschäfte geöffnet sind, gehen wegen der stark steigenden Infektionszahlen und der zweiten Homeoffice-Welle deutlich weniger Menschen einkaufen oder essen. Das zeigen neuste Zahlen der Konjunkturforschungsstelle der ETH. Deren Forscher erfassen Echtzeitdaten über das Kauf- und Mobilitätsverhalten der Schweizerinnen und Schweizer.

Der aktualisierte Aktivitätsindikator zeigt, dass die Mobilität wie auch die Kauflust derzeit sinken. Die Menschen nehmen also einen möglichen zweiten Lockdown schon vorweg. Die Angst hält die Leute zurück. (Lesen Sie den Leitartikel zum Thema: Angst ist verheerender als ein Lockdown.)

Schon vor dem ersten Lockdown war es bei den Schweizern zu einem freiwilligen Rückzug gekommen. Der Bundesrat verkündete zwar erst Mitte März die Schliessung von Schulen, Läden und Restaurants. Aber bereits Anfang März blieben die Menschen eher zu Hause.

Ähnlich ist es jetzt: Der Aktivitätsindikator der Schweiz liegt aktuell wieder auf dem Niveau von Anfang März. Die ETH-Konjunkturforscher werten dabei insgesamt fünf Indikatoren aus. Die Mobilität wird etwa anhand der Autofrequenz an wichtigen Strassenknotenpunkten gemessen oder des Passagieraufkommens an bestimmten Bahnhöfen. Zur Bestimmung der Kauflust dienen unter anderem die Anzahl und Umsatzhöhe von Kredit- und Debitkartentransaktionen.

Der Gesamtindex stand Anfang der Woche zwar weit über dem Tiefpunkt von Ende März beim letzten Lockdown. Aber die negative Entwicklung gleicht jener von Anfang März. Danach schloss der Bundesrat die Geschäfte zwangsweise. Der Rest ist bekannt.

Die Pandemie verdirbt vielen die Lust aufs Bier: Beiz in Martigny VS  letzte Woche.

Legt man den Fokus allein auf das Kaufverhalten, dann ergibt sich ein differenzierteres Bild: Forscher der Universität St. Gallen haben im Rahmen des Projekts «Monitoring Consumption Switzerland» festgestellt, dass in der Woche seit den neusten Vorgaben des Bundesrats unter anderem die Unterhaltungsaktivitäten stark nachgelassen haben. Dazu werteten sie die Zahlungen mit Debitkarten aus. Gegenüber der Vorjahreswoche stand in dieser Kategorie ein Minus von 18 Prozent zu Buche – und das, obwohl in diesem Jahr mehr mit Karte bezahlt wird.

Auch im Gastgewerbe zeigt sich eine starke Bremsspur: Die Forscher der Universität St. Gallen stellten fest, dass in der vergangenen Woche nur noch Rechnungen im Wert von 86 Millionen Franken mit Debitkarten bezahlt wurden. In der Woche davor waren es noch 96 Millionen gewesen. Unter der Homeoffice-Empfehlung des Bundesrats leiden ganz besonders Kantinen (sie stellen zum Teil nun auf Heimlieferungen um).

Aber auch Restaurants bekommen dies zu spüren. Das zeigt unter anderem das Beispiel der schweizweit operierenden Ospena Group, zu der unter anderen die Molino-Pizzerias gehören: Sie verzeichnete in der vergangenen Woche einen Umsatzrückgang von 30 Prozent im Vergleich zum Vorjahr, wie sie auf Anfrage bekannt gibt.

Ganz anders sieht es jedoch bei Lebensmittelhändlern aus: «Mehr oder weniger liegt das gesamte Supermarktsortiment über dem Vorjahr», sagt Migros-Sprecher Marcel Schlatter. Gefragt sind Konserven und Reis, Pasta und Backzutaten, was ein Anzeichen dafür ist, dass sich die Konsumenten auf eine längere Zeit zu Hause einstellen.

Onlinehandel legt erneut zu

Zum grossen Sturm auf die Regale, den sogenannten Hamsterkäufen, kommt es jedoch diesmal nicht (lesen Sie hier über die Psychologie des Hamsterns). Der Absatz von WC-Papier, der sich beim Beginn der Pandemie als eine Art Angstindikator gezeigt hat, ist auch dieses Mal erhöht. «Aber er geht jetzt nicht gleich durch die Decke», sagt Schlatter. Dennoch sind Hygieneartikel erneut mit Abstand am meisten gefragt. Dafür gibt es eine einfache Erklärung: Der Bedarf an Schutzmasken treibt die Nachfrage an.

Ein Gewinn ist der vorweggenommene Lockdown der Konsumentinnen und Konsumenten für die Onlinehändler. Digitec Galaxus hatte schon Mitte Oktober ein Anziehen der Bestellungen verspürt, das sich jetzt noch einmal verstärkt hat. «Die zweite Welle macht sich bei uns nun auch bei den Garten- und Handwerkerutensilien besonderes bemerkbar», sagt ein Sprecher. Auch Spielzeug laufe sehr gut.

Und letztlich zeigt auch eine Auswertung von Google-Abfragen durch die ETH-Konjunkturforschungsstelle, die Universität St. Gallen und andere, dass sich die individuelle Wahrnehmung der wirtschaftlichen Lage verdüstert: Die Begriffe «Wirtschaftskrise», «Kurzarbeit», «arbeitslos», «Insolvenz» werden zunehmend gegoogelt. Der Abwärtstrend ist definitiv in den Köpfen der Schweizer angekommen.