Ihr Browser ist veraltet. Bitte aktualisieren Sie Ihren Browser auf die neueste Version, oder wechseln Sie auf einen anderen Browser wie ChromeSafariFirefox oder Edge um Sicherheitslücken zu vermeiden und eine bestmögliche Performance zu gewährleisten.

Zum Hauptinhalt springen

Vergiftung des Oppositionellen
Der Kreml wehrt sich

Der russische Oppositionspolitiker Alexei Navalny verbreitete auf Instagram, wie sein Sohn das Interview im «Spiegel» anschaut, das er dem Nachrichtenmagazin gegeben hat.
Jetzt abonnieren und von der Vorlesefunktion profitieren.
BotTalk

Der Kreml beschuldigt den Oppositionellen Alexei Nawalny, westliche Geheimdienste zu unterstützen. Er könne sogar konkret sagen, so Kreml-Sprecher Dmitri Peskow am Donnerstag, dass CIA-Spezialisten mit dem russischen Oppositionellen zusammenarbeiteten. Dies geschehe auch nicht zum ersten Mal. Nawalny kündigte an, Peskow zu verklagen, und verlangte Beweise für dessen Behauptung.

Kremlkritiker als Landesfeinde darzustellen, die vom Ausland gesteuert werden, ist die gewohnte Strategie der russischen Regierung. Nachdem Alexei Nawalny im russischen Tomsk vergiftet und in Berlin behandelt worden ist, bekommt sie jedoch eine neue Qualität. Das russische Aussenministerium suggeriert längst, dass der gesamte Vorfall ein abgekartetes Spiel zwischen westlichen Verbündeten sei, um Russland zu schaden. Auch der Kreml stimmt nun lauter als zuvor in den Chor der Gegenangriffe ein: «Wahrscheinlich ist es nicht der Patient, der mit den westlichen Geheimdiensten zusammenarbeitet», so Peskow, «sondern die westlichen Geheimdienste arbeiten mit ihm zusammen.»

Putins Sprecher nimmt nicht mal den Namen Nawalny in den Mund.

Die Lage wird zunehmend ungemütlich für Präsident Wladimir Putin. Während nicht mal Putins Sprecher Nawalnys Namen in den Mund nehmen mag, ist Putin selbst dazu gezwungen, mit europäischen Regierungschefs wie zuletzt Emmanuel Macron über ihn zu reden. Hinzu kommt, dass Nawalny bereits von seiner Rückkehr nach Moskau spricht. In einem «Spiegel»-Interview beschuldigte er Präsident Putin, hinter dem Giftanschlag auf ihn zu stehen.

Peskow nannte die Anschuldigung «unbegründet» und «absolut beleidigend und unzumutbar». Gleichzeitig bemühte er sich, die politische Bedeutung Nawalnys in Russland kleinzureden, stellte ihn als «Quasi-Opposition» und als «marginal» hin. Nawalny darf seit Jahren zu keiner Wahl mehr antreten, es wird ihm verweigert, eine Partei zu gründen.

Moderator besuchte das Hotelzimmer

Peskow ist nicht der Einzige, der das Geschehene im Sinne des Kreml interpretiert. Nach Nawalnys Interview nannte Wjatscheslaw Wolodin, Vorsitzender der Staatsduma, ihn einen «Schamlosen und Schurken». Putin habe sein Leben gerettet, sagte der Abgeordnete – wie, das liess er allerdings offen. Als es darum ging, Nawalny aus der Klinik im sibirischen Omsk nach Berlin zu bringen, hatte der Kreml eigentlich betont, er habe mit diesen Entscheidungen nichts zu tun. Die Ärzte in Omsk hatten Nawalny erst für nicht transportfähig erklärt und den Flug damit verzögert. «Er wurde von allen aufrichtig gerettet – von Piloten und Ärzten bis zum Präsidenten», sagte Wolodin.

Im Staatsfernsehen machte sich der kremlnahe Moderator Dmitri Kisseljow die Mühe, ins sibirische Tomsk zu fliegen. Von dort war Nawalny gestartet, bevor er im Flugzeug zusammenbrach. In Nawalnys Hotelzimmer in Tomsk hatten einige Mitstreiter nach eigenen Angaben Giftspuren an einer Wasserflasche gefunden.

Blutproben gefordert

Kisseljow behauptete nun vor der Kamera, er verbringe die Nacht im selben Hotelzimmer, und zählte die Wasserflaschen im Raum. Sein Besuch solle zeigen, dass die Nowitschok-Berichte «völliger Unsinn» seien. Wolodin, Kisseljow, Peskow – der gesamte Moskauer Machtapparat wiederholt unermüdlich, dass Russland Aufklärung wolle, doch Berlin nicht kooperiere. Tatsächlich haben die russischen Behörden vier Rechtshilfeersuchen gestellt. Sie fordern unter anderem Blutproben von Nawalny, obwohl russische Mediziner in Omsk bereits ausreichend Proben genommen und dabei keine giftigen Substanzen festgestellt haben wollen. Es gebe keine Basis für strafrechtliche Ermittlungen, heisst es aus dem Kreml.

Schwedische und französische Labors haben die deutschen Blutuntersuchungen bestätigt, wonach Alexei Nawalny mit einer Substanz aus der Nowitschok-Gruppe vergiftet wurde.

Das russische Aussenministerium beschuldigt Deutschland, es betreibe eine «unbegründete Schmierkampagne» gegen Moskau, und deutet an, der Westen habe all das inszeniert, Nawalny habe sich instrumentalisieren lassen. Folgerichtig gehört aus Moskauer Sicht auch die internationalen Organisation für das Verbot chemischer Waffen (OPCW) zu denjenigen, die sich gegen Russland verschworen haben. Schwedische und französische Labore haben bestätigen, dass Nawalny mit einer Substanz der Nowitschok-Gruppe vergiftet wurde. Doch vom OPCW-Ergebnis hängt nun mit ab, ob es weitere europäische Sanktionen gegen Russland geben wird.