Kontroverse um SchimpfwortDer «Hurensohn» fliegt aus der Liste
Der Vorschlag für das «Jugendwort des Jahres» wurde vom Verlag Langenscheidt gestrichen – dabei verwenden Jugendliche das Wort die ganze Zeit.
Sie waren oft eher «lame» als «fame» – eher lahm als famos: Manches, was da seit 2008 zum «Jugendwort des Jahres» gekürt wurde, klang wie eine dieser gecasteten Bands, die nach einem Jahr keiner mehr kennt. 2010 zum Beispiel «Niveaulimbo» (ständig sinkendes Niveau) oder 2015 «Smombie»; die Smartphone-Zombies auf unseren Strassen sind zwar ein Problem, doch dieser Begriff als Jugendwort Nr. 1 ist es auch. Er war nicht in Gebrauch bei den Teens.
Letztes Jahr fand ob der anhaltenden Kritik am «Jugendwort des Jahres» erst mal eine Evaluation samt Sendepause statt, zumal der renommierte Veranstalter – der Langenscheidt Verlag – aufgekauft wurde. 2020 darf die Community nun neu ohne zwischengeschaltete Jury die Entscheidung fällen, die Mitte Oktober bekannt gegeben wird. Trotzdem gibts jetzt wieder einmal «Beef» (Streit).
«Votet einfach selbst!»
«Votet einfach selbst für das neue Jugendwort des Jahres 2020 und entscheidet, wos langgeht!», heisst es auf der Website des deutschen Lexikon-Verlags, der die Chose einst als Werbung für seine Jugendwort-Thesauren initiiert hatte. Aber das Wort, für das sich vor allem Meme-Fans von Reddit starkgemacht haben, lautet «Hurensohn». Und Langenscheidt is not amused. «Hurensohn» wurde aus den Top Ten liquidiert.
Kurzer Rückblick auf das «Smombie»-Jahr: Damals hatte der Verlag den Spitzenreiter der Online-Voten – die seinerzeit als Vorselektion funktionierten, eine Jury traf die Endauswahl – aus dem Rennen gekippt. «Alpha-Kevin» durfte nicht sein, weil diskriminierend und psychisch belastend für alle Kevins. Und einer der damaligen Jugendwort-Juroren, Rapper Roger Rekless, Jahrgang 1982, entrüstete sich: Man könne Jugendlichen keine Begriffe verbieten; überhaupt seien die Jugendsprache-Wörterbücher von Langenscheidt sehr weit weg von dem, «wie Jugendliche tatsächlich reden».
Rekless, der auch in der Jugendarbeit aktiv ist, stellte ausserdem bereits 2015 fest: Eigentlich sei «‹Hurensohn› das Wort, das am meisten benutzt wird. Ich finde es krass, wie dieses Wort an Brisanz verloren hat.» Der sexistische Begriff – die Beleidigung zielt auf die Sexualmoral der Mutter (und macht zudem den ältesten Beruf der Welt herunter) – gehöre zu der «Kategorie», die Langenscheidt nicht unterstützen könne, liess hingegen der Verlag etwas verklausuliert verlauten.
Allerdings, so konterten Stimmen in der Online-Community, sei es vor allem darum gegangen, auf die unauthentischen Jugendwörter anderer Jahre und das dröge Konzept aufmerksam zu machen. «Ze.tt», das junge Onlinemagazin der «Zeit», zitiert dazu einen ironischen Post: «Wenn die (bei Langenscheidt) verstanden hätten, wie irrelevant oder uncool das Ganze ist, würden sie ‹Hurensohn› wählen und somit sicherstellen, dass es absolut niemand mehr nutzen wird.» Burn! Oder angesagter: Savage!
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