Angst vor Krieg gegen ChinaHöchster US-General beschränkte Trumps Zugriff auf Atomwaffen
Nach dem Sturm auf das US-Capitol telefonierte General Mark Milley zwei Mal mit Peking, um einen Krieg abzuwenden.
Spitzenmilitärs in den USA und China befürchteten wegen Donald Trump einen Krieg – und sprachen sich darüber zweimal hinter Trumps Rücken ab. Das berichten Bob Woodward und Robert Costa von der «Washington Post» in ihrem neuen Buch «Peril» (Gefahr), das in einer Woche erscheinen wird. Die ersten Auszüge aus dem Werk der Watergate-Legende und seines Schützlings sind am Dienstag publik geworden.
Mark Milley, der Chairman of Joint Chiefs of Staff, sorgte sich gemäss dem Buch, Trump könnte einen Krieg mit China vom Zaun brechen. Vier Tage vor der Präsidentschaftswahl vom 3. November 2020 war er dermassen beunruhigt, dass er seinen chinesischen Amtskollegen Li Zuocheng anrief und ihm versicherte, die USA würden nicht losschlagen. «General Li, wir kennen uns seit fünf Jahren. Falls wir angreifen sollten, werde ich Sie vorher anrufen», zitieren Woodward und Costa den obersten US-General. Der Grund für Milleys aussergewöhnlichen Anruf bei der chinesischen Volksarmee waren amerikanische Geheimdienstberichte: China bereite sich auf eine militärische Attacke durch die USA vor.
Sturm aufs Capitol verunsicherte Peking
Zwei Monate später war es schon wieder so weit. Nachdem am 6. Januar Trump-Anhänger das Capitol in Washington gestürmt hatten, waren die Chinesen besorgt, Trump könnte als Ablenkungsmanöver einen Angriff starten. Mark Milley versuchte gemäss dem neuen Buch erneut, Li Zuocheng zu beruhigen, diesmal allerdings weit weniger erfolgreich.
Ein Grund dafür war laut den Enthüllungsjournalisten, dass Milley die chinesischen Ängste durchaus nachvollziehen konnte: Zwei Tage später habe er in einem Telefonat mit der demokratischen Mehrheitsführerin Nancy Pelosi zugestimmt, dass Trump instabil sei. Um zu verhindern, dass die verunsicherten Chinesen präventiv selbst angreifen, habe der oberste US-General dafür gesorgt, dass geplante amerikanische Militärmanöver im Südpazifik abgesagt wurden. Auch habe er sich gleichentags die höheren Offiziere zur Brust genommen, um mit ihnen den Prozess zum Abschuss von Atomwaffen zu wiederholen. Nur der Präsident könne über den Einsatz des Nukleararsenals entscheiden, aber er, Milley, müsse einbezogen werden, habe er seinen Leuten demnach eingetrichtert. Den amtierenden Präsidenten, Donald Trump, habe er über die Telefongespräche nicht informiert.
Der Reichstags-Moment
Bereits zuvor war bekannt, dass Milley Trump sehr kritisch gegenübersteht. Als Trump die Präsidentschaftswahlen als gefälscht bezeichnete und versuchte, die Bestätigung der Resultate durch den Kongress zu verhindern, sprach Milley in privatem Kreis von einem «Reichstag moment», in Anspielung auf den Reichstagsbrand von 1933, den die Nazis zum Anlass nahmen, die Weimarer Verfassung ausser Kraft zu setzen.
Der Chairman of Joint Chiefs of Staff wurde 2018 von Trump eingesetzt und war damals in den Worten des Präsidenten noch ein «unglaublicher Kerl». Inzwischen ist er bei den Republikanern unten durch. Fox-News-Moderator Tucker Carlson beschimpfte ihn mit Tiernamen und nannte ihn dumm. Milley verteidigt sich dagegen nur halbherzig; er hat bisher keines seiner Zitate bestätigt, aber auch keines bestritten. Trump hat alle Putsch-Vorwürfe stets zurückgewiesen, bemerkte zu Milley aber in seiner typisch mehrdeutigen Art: «Falls ich einen Coup durchführen würde, wäre General Mark Milley einer der Letzten, mit denen ich das tun würde.»
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