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Meinung

Kommentar zum Prozess gegen Fussballer
Der Fall Embolo offenbart ein Riesenproblem der Schweizer Justiz

Breel Embolo war in jüngerer Zeit der erfolgreichste Stürmer der Schweizer Nationalmannschaft.

Am 27. Mai 2018 ging Breel Embolo aus. Noch um fünf Uhr in der Früh war er in der Steinenvorstadt unterwegs. 

Heute dürfte der Stürmer der Schweizer Fussball-Nationalmannschaft bereuen, dass er damals auf der Basler Vergnügungsmeile und nicht im Bett war. Denn wegen umstrittener Geschehnisse vor über fünf Jahren muss Embolo ab Mittwoch vor dem Basler Strafgericht erscheinen. Er ist wegen mehrfacher Drohung angeklagt. Soweit bekannt, bestreitet er die Vorwürfe. Es gilt die Unschuldsvermutung.

Verhandelt wird, was der heute 26-Jährige als 21-Jähriger gesagt haben soll. Und das ist überschaubar. 
Gemäss Anklageschrift war Embolo in Begleitung von mindestens zwei Kollegen, als er auf eine grössere Gruppe traf. Dabei soll der Fussballer einen jungen Mann aus der Gruppe bedroht haben mit den Worten: «Ich vernichte euch, wisst ihr nicht, wer ich bin?», «Ich mach dich fertig» und «Ich mach dich platt». Einen anderen hat er gemäss Basler Staatsanwaltschaft «in Angst und Schrecken versetzt», indem er gesagt habe: «Dich lass ich auch verprügeln, du Hurensohn.» 

Nun – zwei WM-Endrunden, fünf YB-Meistertitel (sowie einen des FC Zürich) und eine Pandemie später – kommt der Fall vor Gericht. Er offenbart ein grundlegendes Problem der Schweizer Justiz. Ihre Verfahren dauern oft viel zu lange. Kantone und Bund unterscheiden sich da wenig. 

Der Wahrheits­findung dienen lange Verfahren nicht.

Bei der Bundesanwaltschaft (BA) verstreichen im Durchschnitt über 1100 Tage von der Verfahrenseröffnung bis zu einer Anklageerhebung. Dies zeigt eine neue Auswertung ihrer Aufsicht. Für Verzögerungen macht die BA Gründe wie aufwendige Rechtshilfe im Ausland geltend, wie es in komplexen Wirtschaftsfällen tatsächlich vorkommt. 

Embolos Fall ist anders gelagert. Er wirkt geradezu simpel. Etwas verkompliziert wird er dadurch, dass der Fussballer im Ausland lebt (aber mehrmals jährlich für Länderspiele in der Schweiz einreist). Und dadurch, dass Embolo nicht der einzige Beschuldigte ist. Einer seiner damaligen Begleiter soll einem von Embolo angeblich Bedrohten mit einem Faustschlag die Nase gebrochen haben. 

Zudem ist der Mitbeschuldigte wegen Hinderung einer Amtshandlung (Davonrennen bei einer Polizeikontrolle) und Vergehen gegen das Betäubungsmittel­gesetz (er wurde mit mehr als hundert Gramm Marihuana erwischt) angeklagt. Mit diesen mutmasslichen Taten – auch sie liegen mehr als vier Jahre zurück – hatte Embolo gemäss Anklageschrift nichts zu tun.

Lange Verfahren sind oft zermürbend, insbesondere für mutmassliche Opfer, aber auch für Beschuldigte wie Breel Embolo.

Der Wahrheitsfindung dienen lange Verfahren nicht. Oder könnten Sie sich noch erinnern, wer in einer bestimmten Nacht in der Zeit vor Corona was gesagt hat? Und falls Sie sich erinnern können: Sind Sie sicher, dass Ihre Erinnerung Sie nicht trügt?

Lange Verfahren sind auch schrecklich ineffizient. Alle Beteiligten – von der Staatsanwältin bis zum Verteidiger – müssen sich nach Unterbrüchen ohne Ermittlungen immer wieder ins Dossier einlesen. Das frisst viel Zeit. Lange Verfahren sind oft zermürbend, insbesondere für mutmassliche Opfer, aber auch für Beschuldigte wie Breel Embolo. Falls ein Verurteilter etwas lernen soll, kommt das Urteil zu spät.

Betroffene stehen in ihren Leben an ganz anderen Punkten. Während des Verfahrens hat Embolo für drei Vereine aus zwei Ländern gespielt, er wurde Vater. Aus einem Riesentalent wurde der beste Stürmer der Schweizer Nationalmannschaft.