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Nordkorea feuert Raketen ab
Der Diktator sucht Genossen und provoziert USA

Da braut sich etwas zusammen: Kim Jong-un beobachtet den Abschuss einer Rakete. 
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Wenige Tage nach dem Test mutmasslicher Marschflugkörper hat Nordkorea erstmals seit Amtsantritt von US-Präsident Joe Biden auch wieder ballistische Raketen abgefeuert. Zwei Kurzstreckenraketen seien heute Donnerstagmorgen (Ortszeit) im Abstand von knapp 20 Minuten im Kreis Hamju im Osten Nordkoreas gestartet worden und 450 Kilometer weit in Richtung offenes Meer geflogen, teilte der Generalstab der südkoreanischen Streitkräfte mit.

Die jüngsten Raketentests der selbst erklärten Atommacht Nordkorea gelten als Herausforderung für den neuen US-Präsidenten. Nach Einschätzung von Beobachtern versucht Kim Jong-un, den Druck auf die USA zu erhöhen, denen er eine feindselige Politik vorwirft.

«Sieg der sozialistischen Sache»

Der Mittwoch war noch ein Tag der Feierlichkeiten für Nordkoreas Machthaber gewesen. Zumindest sah es für die Leserinnen und Leser des Arbeiterparteiorgans «Rodong Sinmun» so aus. Das Blatt berichtete von einer «bahnbrechenden Zeremonie» zum Auftakt eines Bauprojektes für neue 10’000 Wohnungen in Pyongyang. «Stürmische Hurra-Rufe» hätten Kim empfangen, der «alle Partei- und Staatsangelegenheiten mit dem absoluten und bedingungslosen Dienst für das Volk in Einklang gebracht» habe.

Ausserdem dokumentierte die Zeitung Freundschaftsadressen an drei andere Republiken mit Einparteiensystem. Kim habe die Präsidenten Raúl Castro Ruz aus Kuba, Nguyen Phu Trong aus Vietnam und Thongloun Sisoulith aus Laos über die Ergebnisse des achten Parteitags der nordkoreanischen Arbeiterpartei unterrichtet. Die Amtskollegen sollten wissen, dass Nordkorea die Beziehungen mit ihren Ländern «für den Sieg der sozialistischen Sache» vertiefen wolle.

Kim ist also schon dabei, jenen 5-Jahres-Plan umzusetzen, den der selten einberufene Kongress der Arbeiterpartei im Januar beschlossen hat. Ehrgeizige Bauprojekte zur Hauptstadtentwicklung gehören dazu. Aber eben auch die ausdrückliche Zuwendung zu anderen sozialistischen Staaten. Denn selbst eine abgeschlossene, mit Atomraketen bewaffnete Parteidiktatur wie die Nordkoreas braucht Freunde. Gerade jetzt.

Neue Nordkorea-Politik der USA

Das Aussenpolitik-Team von US-Präsident Joe Biden hat seine Arbeit aufgenommen, justiert Allianzen und arbeitet an neuen Strategien. Bei Kim Jong-un dürfte angekommen sein, dass sich damit das Klima um sein Land herum verändert. Bidens Vorgänger Donald Trump liess ein paar spektakuläre Annäherungsversuche zu. Und er nahm es mit menschenrechtlichen Fragen nicht so genau, weshalb er auch die Versöhnungspolitik der südkoreanischen Regierung unter Präsident Moon Jae-in nicht hinterfragte.

«Verschiedene Ansätze, Druck auf Nordkorea auszuüben»: Antony Blinken, Aussenminister der USA, bei einem Nato-Meeting in Brüssel.

Unter Biden ist das anders. Das wurde auch vergangene Woche deutlich, als US-Aussenminister Antony Blinken und US-Verteidigungsminister Lloyd Austin ihre südkoreanischen Amtskollegen Chung Eui-yong und Suh Wook in Seoul trafen. Die Minister bekannten sich zu gemeinsamen Lösungen für das nordkoreanische Atomwaffenproblem. Aber dabei wird die Moon-Administration wohl nicht mehr so freihändig Abkommen mit Kim abschliessen können wie unter Trump.

In einer Onlinerunde mit koreanischen Journalisten sagte Blinken, die neue Nordkorea-Strategie werde nicht nur Sicherheitsfragen angehen, sondern auch den «weitreichenden, systematischen Missbrauch», den Nordkoreas «repressive» Regierung an den Menschen des Landes verübe. Wie? Blinken blieb vage, aber sagte, neben Diplomatie könnten «verschiedene Ansätze, Druck auszuüben» ein Mittel sein.

Kim ist unversöhnlich, wenn es um die USA geht

Das klingt nicht gut für Kim Jong-un. Mehr Druck kann er nicht gebrauchen. Wegen der Pandemie hat sich sein Land mehr denn je abgeschottet. Im vergangenen Jahr zogen verheerende Stürme über das Land. Die UNO-Sanktionen sind eine Belastung. Und wegen der Menschrechtssituation im Land belegt neuerdings auch die EU Nordkorea mit Sanktionen.

Gleichzeitig neigt Kim nicht zu versöhnlichen Gesten, wenn es um die USA geht. Kontaktversuche aus Washington hat sie nicht angenommen. Als die USA und Südkorea kürzlich ihre traditionelle gemeinsame Militärübung als pandemiegerechte Computersimulation abhielten, nannte Kim Jong-uns Schwester und Propaganda-Beauftragte Kim Yo-jong diese eine «ernsthafte Herausforderung» und sprach Drohungen aus.

Zuletzt hat Nordkorea zudem alle diplomatischen Beziehungen mit Malaysia gekappt, weil die Regierung dort den Nordkoreaner Mun Chol-myong an die USA ausgeliefert hat. Mun wird dort unter anderem beschuldigt, Geldwäsche in Höhe von 1,5 Millionen Dollar betrieben zu haben.

Nordkorea sucht vor allem Nähe zu China

Umso wichtiger ist für Nordkorea der Kontakt zu politisch halbwegs gleichgesinnten Staaten. Zu Kuba, Vietnam oder Laos also. Und natürlich zu China. Am Dienstag hatte «Rodong Sinmun» berichtet, dass Kim Jong-un auch Präsident Xi Jinping vom Parteikongress berichtet habe. Kim lobte demnach Chinas Errungenschaften und sagte, er strebe engere Beziehungen an, «um die allumfassenden Herausforderungen durch die feindlichen Kräfte zu bewältigen».

In Peking dürfte das gut angekommen sein, man liegt dort ja selbst mit den USA im Clinch. In den USA wiederum scheint man sich wohl sogar vorstellen zu können, im Dienste der Denuklearisierung Nordkoreas mit China zusammenzuarbeiten. US-Sicherheitsberater Jake Sullivan hat das zuletzt gesagt. Es dürfte Kim Jong-uns Albtraum sein, wenn eine solche Zusammenarbeit klappen würde.