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Corona-Epidemie in Weissrussland
Der Despot verharmlost das Virus

Eishockey ist eine Leidenschaft des Präsidenten: Trotz Corona inszeniert sich Alexander Lukaschenko in der Öffentlichkeit gerne als Sportler.
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Da sitzt er am gedeckten Tisch, und drei Damen schmiegen sich an ihn. Ein Familienfoto aus schönen Zeiten, noch gar nicht so lange her. Viktoria Daschkewitsch hat es im Netz gepostet, die Tochter des Schauspielers Viktor Daschkewitsch. Es ist ein emotionaler Abschied. Sie schreibt von der Pandemie und dass man in der Familie gedacht habe, sie werde wohl schon vorüberziehen. Aber das tat sie nicht so einfach. Viktor Daschkewitsch ist Weissrusslands erstes Covid-19-Opfer.

Ein zweiter Todesfall ist am Mittwoch bekannt geworden, mehr als 160 haben sich infiziert, die Fallzahlen steigen auch in diesem Land. Aber etwas Erstaunliches geschieht: Der autoritär regierende Präsident Alexander Lukaschenko verschreibt den Menschen in Weissrussland Freiheit.

Offiziell geht alles weiter seinen Gang. Restaurants, Cafés, Geschäfte haben geöffnet, Schüler gehen in Schulen, Studierende in Universitäten. Kinos, Theater, Museen, wer mag, kann hingehen. Weissrussland schottet sich nicht ab, erlässt keine Ausgangsbeschränkungen, und der Präsident zeigt sich guter Dinge. All das mitten in Europa.

«Raus auf die Strasse»

Vor ein paar Tagen hat Präsident Lukaschenko Eishockey gespielt und gefragt, ob irgendjemand denn Viren herumfliegen sehe. Die Menschen in miefigen Wohnungen einzusperren, sei keine Art, sagte er. «Wir töten sie dort. Uns hat man immer gelehrt, bei Infektionen müsse man raus auf die Strasse und frische Luft atmen.» Er selber habe sich nicht testen lassen auf das Coronavirus. «Vielleicht habe ich es schon überstanden.» Sogar als «Psychose» hat Lukaschenko die weltumspannende Sorge vor dem Virus abgetan. Die Arbeiter sollten vielmehr auf die Felder gehen und Traktor fahren. Natalja Kotschanowa, Sprecherin der oberen Parlamentskammer in Minsk, erklärte, wenn sie die Ziffern und Prozentzahlen mit anderen Infektionskrankheiten vergleiche, erlaube dies dem Land, normal weiterzuarbeiten. Aber so normal wie sonst läuft es trotzdem nicht.

Viele Menschen in Weissrussland verzichten inzwischen freiwillig auf die gesellschaftlichen Freiheiten, die ihnen noch angeboten werden. Sie sind vorsichtig, misstrauisch und bleiben lieber zu Hause. In der Hauptstadt Minsk sind in diesen Tagen viele Plätze in den Restaurants und Cafés leer, Eltern unterrichten ihre Kinder daheim, es bleibt ihnen überlassen. Nicht alle Klassen sind deshalb so voll wie sonst. Für Laden- und Restaurantbesitzer wird die Zurückhaltung finanziell allmählich zum Problem: Sie haben deutlich weniger Kundschaft, aber kaum Aussicht auf umfangreiche staatliche Hilfe.

Die Führung in Minsk will offensichtlich Panik im Land verhindern und vermeiden, dass die ohnehin geschwächte Wirtschaft im Zuge der Pandemie kollabiert. Und das wenige Monate bevor im August die Präsidentschaftswahl stattfindet. Lukaschenko, bereits seit mehr als einem Vierteljahrhundert an der Macht, will sich erneut im Amt bestätigen lassen.