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LiveTicker zu Wahlen in Deutschland
Zwei Schlappen für die CDU

Das Wichtigste in Kürze:

  • Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz haben heute ihre Parlamente neu gewählt.

  • Die regierenden Grünen in Baden-Württemberg und die Sozialdemokraten in Rheinland-Pfalz haben sich laut Hochrechnungen als stärkste Parteien durchgesetzt.

  • Die CDU musste in beiden Bundesländern herbe Verluste hinnehmen.

  • Die beiden Landtagswahlen waren ein erster Stimmungstest im deutschen Superwahljahr, das im Herbst mit den Bundestagswahlen ihren Höhepunkt hat.

Grüne gewinnen in Baden-Württemberg

Die Grünen von Ministerpräsident Winfried Kretschmann haben die Landtagswahl in Baden-Württemberg klar gewonnen. Nach Auszählung aller Wahlkreise kommen die Grünen auf 32,6 Prozent – nach Angaben des Statistischen Landesamts ein Plus von 2,3 Punkten im Vergleich zur Wahl 2016. Die CDU erreichte nur noch 24,1 Prozent – 2,9 Punkte weniger als vor fünf Jahren.

SPD gewinnt in Rheinland-Pfalz

Die SPD von Ministerpräsidentin Malu Dreyer hat die Landtagswahl in Rheinland-Pfalz am Sonntag klar gewonnen. Nach dem vorläufigen Ergebnis auf der Internetseite des Landeswahlleiters kam sie auf 35,7 Prozent der Stimmen. Deutlich dahinter lag die CDU mit 27,7 Prozent. Es folgten Grüne mit 9,3 Prozent, AfD mit 8,3 Prozent, FDP mit 5,5 Prozent sowie die Freien Wähler mit 5,4 Prozent.

Neue Hochrechnungen

Die Christdemokraten von Bundeskanzlerin Angela Merkel haben bei zwei Landtagswahlen in Deutschland am Sonntag heftige Verluste erlitten. In Baden-Württemberg setzten sich laut Hochrechnungen die regierenden Grünen durch, in Rheinland-Pfalz siegte die regierende SPD.

In beiden Bundesländern, die lange Zeit christdemokratische Hochburgen waren, erzielte die CDU ihre bisher schlechtesten Ergebnisse. Die Wahlen bilden den Auftakt zum Superwahljahr 2021 mit sechs Regionalwahlen und der Bundestagswahl am 26. September. Sie läuten auch das Ende der Ära Merkel ein, denn die Kanzlerin will im Herbst nach 16 Amtsjahren nicht mehr kandidieren.

Nach den Hochrechnungen kämen die Grünen in Baden-Württemberg auf 53 bis 56 Sitze, die CDU auf 38 bis 40, die SPD auf 19, die AFD auf 16 bis 18 und die FDP auf 17 bis 18 Sitze. Kretschmann könnte mit der CDU weiterregieren oder eine «Ampel»-Koalition mit SPD und FDP bilden.

In Rheinland-Pfalz holte die SPD 40 Sitze. 29 bis 30 gab es für die CDU, 9 bis 10 für die AfD, 9 bis 10 für die Grünen, 6 für die FDP und 6 bis 7 für die Freien Wähler. Dreyer regiert seit 2016 in einer «Ampel»-Koalition mit FDP und Grünen, die sie nach den Hochrechnungen bequem fortsetzen könnte.

Die Wahlen galten auch als Bewährungsprobe für den neuen deutschen CDU-Chef Armin Laschet. Über den Kanzlerkandidaten, der in Merkels Fussstapfen treten soll, entscheiden die christdemokratischen Schwesterparteien CDU und CSU im April oder Mai.

Steilvorlage für die Grünen im Bund

Besser hätte der Auftakt zum Superwahljahr für die Grünen kaum laufen können: Der seit 2011 amtierende Ministerpräsident Winfried Kretschmann kann mit dem wohl besten Grünen-Ergebnis, das es je in Bund und Ländern gegeben hat, weiterregieren. Und auch in Rheinland-Pfalz fährt die Landespartei ein passables Ergebnis ein.

Von einem «Superstart ins Superwahljahr» schwärmt Parteichef Robert Habeck, die Ko-Vorsitzende Annalena Baerbock sieht den seit längerem anhaltenden Aufwärtstrend der Partei gefestigt. Mit Blick auf die Bundestagswahlen im kommenden September üben sich nun die Grünen im staatstragenden Auftritt. Der Auftrag laute jetzt «Weitsicht und Pragmatismus», sagte Habeck. Er sieht sich auch mit in der Verantwortung, nach der Maskenaffäre in der Union für neues Vertrauen in die Politik zu werben.

Annalena Baerbock and Robert Habecka press statement on the results of the state elections in Baden-Wuerttemberg and Rhineland-Palatinate in Berlin, Germany, Sunday, March 14, 2021. Exit polls are pointing to defeats for Chancellor Angela MerkelâÄ™s center-right party CDU in two German state elections. (Kay Nietfeld/dpa via AP)

Die Grünen wissen, dass sie breite Wählerschichten beeindrucken müssen, wenn sie ihr ehrgeiziges Ziel erreichen wollen, die führende Kraft in Deutschland zu werden. Da kommt der Erfolg des bodenständigen Kretschmann der Partei gerade recht. Doch darin liegt auch eine Tücke.

Denn Kretschmann fährt bei Reizthemen wie dem Umweltschutz oder der Flüchtlingspolitik einen Kurs, mit dem er nicht immer auf Parteilinie liegt. Im Hinblick auf die bevorstehende Bundestagswahl schart sich die Partei allerdings um ihre Gallionsfigur aus dem Südwesten – schliesslich zeigt Kretschmann, wie man Wahlen gewinnt.

Baden-Württemberg: Wieder Grün-Schwarz oder neu ein Ampelbündnis

Nach dem Wahlsieg seiner Partei hat Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) Anspruch auf die Führung der nächsten Regierung angemeldet. Die Grünen seien bei der Landtagswahl «die mit Abstand stärkste Partei» geworden, «das interpretiere ich als Auftrag, die nächste Regierung zu bilden», sagte Kretschmann am Sonntagabend in Stuttgart. Sondierungsgespräche wolle er mit den bisherigen Koalitionspartner CDU sowie mit der SPD und der FDP führen.

Nach den ersten Hochrechnungen könnte Kretschmann sowohl die seit 2016 amtierende grün-schwarze Koalition fortsetzen als auch ein Ampel-Bündnis mit SPD und FDP eingehen. Eine Präferenz liess Kretschmann am Wahlabend noch nicht erkennen.

14.03.2021, Baden-Württemberg, Stuttgart: Winfried Kretschmann (Bündnis 90/Die Grünen), Ministerpräsident von Baden-Württemberg und Spitzenkandidat der Grünen, nach der Bekanntgabe erster Ergebnisse der Landtagswahlen in Baden-Württemberg. Foto: Uli Deck/dpa +++ dpa-Bildfunk +++ (KEYSTONE/DPA/Uli Deck)

Rheinland-Pfalz: Ampelkoalition fortsetzen

Die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) will die Koalition mit FDP und Grünen in Mainz fortsetzen. Sie habe sich «immer sehr, sehr klar ausgedrückt: Die SPD strebt an, stärkste Kraft zu werden und die Ampelkoalition fortzusetzen», sagte Dreyer am Sonntagabend im ZDF. «Und wenn der Abend so weiter geht, wäre das natürlich unsere erste Wahl», fügte sie hinzu mit Blick auf die ersten Hochrechnungen des Wahlergebnisses.

FDP und Grüne in Rheinland-Pfalz hatten ebenfalls bereits Interesse bekundet, die Ampel fortzuführen. Sie sei «sehr zuversichtlich, dass wir uns gemeinsam auch wieder verständigen können», sagte Dreyer.

dpatopbilder - 14.03.2021, Rheinland-Pfalz, Mainz: SPD-Spitzenkandidatin Malu Dreyer äußert sich nach den ersten Prognosen zum Ergebnis der Landtagswahlen in Rheinland-Pfalz. Foto: Boris Roessler/dpa +++ dpa-Bildfunk +++ (KEYSTONE/DPA/Boris Roessler)

SPD: «Auftakt nach Mass ins Superwahljahr»

Die SPD-Vorsitzende Saskia Esken sieht im Wahlerfolg von Malu Dreyer in Rheinland-Pfalz «ein ganz grosses Vorzeichen» für die Bundestagswahl im September. «Das ist tatsächlich ein Auftakt nach Mass in das Superwahljahr 2021, was wir heute erleben dürfen», sagte Esken am Sonntagabend in Berlin. «Die SPD hat heute gezeigt, wie man Wahlen gewinnt.» Esken sagte, das Motto von Dreyer und der rheinland-pfälzischen SPD «Wir mit ihr» sei nun das Motto für Kanzlerkandidat Olaf Scholz. «Ab morgen gilt: Wir mit ihm.»

Trotz der klaren Niederlage in Baden-Württemberg lobte Esken den dortigen SPD-Spitzenkandidaten Andreas Stoch für einen «sehr engagierten Wahlkampf». In Baden-Württemberg müsse aus SPD-Sicht abgewartet werden, was die Regierungsbildung ergebe.

Wahlergebnisse

In Rheinland-Pfalz hat die SPD um Ministerpräsidentin Malu Dreyer die Landtagswahl den ersten Hochrechnungen zufolge klar für sich entschieden. Die Sozialdemokraten kamen laut Hochrechnungen von ARD und ZDF am Sonntag auf 34,2 bis 34,7 Prozent der Stimmen. Die CDU mit Spitzenkandidat Christian Baldauf stürzte laut ARD und ZDF auf 26 Prozent ab – und würde damit auf ihr bislang schlechtestes Ergebnis in dem Bundesland abrutschen.

Die Freien Wähler lagen in den Hochrechnungen bei 5,5 bis 5,7 Prozent und könnten erstmals den Einzug in den Landtag schaffen. Die AfD wurde in den Hochrechnungen bei 10,2 bis 10,4 Prozent gesehen, die Grünen zwischen 8,3 und 8,9 Prozent, die FDP bei 6,3 bis 6,4 Prozent.

Laut ARD und ZDF würde die SPD im Mainzer Landtag auf 38 Sitze kommen. Die CDU würde 29 Mandate bekommen, die AfD elf oder zwölf. Die Grünen würden mit neun oder zehn Sitzen im Parlament vertreten sein, die FDP mit sieben und die Freien Wähler mit sechs Sitzen. In Mainz regiert derzeit eine Ampelkoalition aus SPD, Grünen und FDP, die laut den Prognosen auch wieder eine Mehrheit im Landtag hätte.

Christian Baldauf, der Spitzenkandidat der CDU in Rheinland-Pfalz, nach den ersten Hochrechnungen.

Wahlergebnisse

Die Grünen haben ihre Stellung als dominierende Kraft in Baden-Württemberg den ersten Hochrechnungen zufolge ausgebaut. Die Partei von Ministerpräsident Winfried Kretschmann kam bei der Landtagswahl laut Hochrechnungen von ARD und ZDF auf 30,7 bis 30,9 Prozent der Stimmen. Dies wäre das beste Grünen-Ergebnisse jemals bei einer Landtagswahl.

Der Koalitionspartner CDU musste unter Spitzenkandidatin Susanne Eisenmann deutliche Verluste hinnehmen: Die Hochrechnungen sahen die CDU bei nur noch 23,1 bis 23,3 Prozent. Damit zeichnete sich das bislang schlechteste Ergebnis der CDU in Baden-Württemberg ab.

Mit weitem Abstand folgten AfD, SPD und FDP. Die AfD verlor der Hochrechnung zufolge leicht und kam auf 11,8 bis 12,5 Prozent. Die FDP vergrösserte demnach ihren Stimmenanteil deutlich und erreichte 11,3 bis 11,4 Prozent. Die SPD landete mit leichten Verlusten bei 10,8 bis 11,7 Prozent.

Den Hochrechnungen von ARD und ZDF zufolge sähe die Mandatsverteilung im Stuttgarter Landtag wie folgt aus: Die Grünen kämen auf 50 bis 54 Sitze und die CDU auf 37 bis 40 Sitze. Die AfD käme auf 19 bis 22 Sitze, die FDP auf 18 bis 20 und die SPD auf 19 Sitze.

Kommentar zu den Landtagswahlen

Der Einstieg ins Superwahljahr ist den Christdemokraten missraten. «Für die CDU wirds jetzt brenzlig», schreibt unser Deutschland-Korrespondent Dominique Eigenmann in seinem Kommentar zu den Landtagswahlen in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz.

AfD-Weidel zeigt sich zufrieden

Die Vorsitzende der AfD-Bundestagsfraktion, Alice Weidel, hat sich zufrieden mit dem Ergebnis ihrer Partei in Baden-Württemberg gezeigt. Die AfD habe unter widrigsten Bedingungen Wahlkampf führen müssen und habe trotzdem ein «gutes Ergebnis eingefahren», sagte Weidel in der ARD. Der AfD sei auch «rechtswidrig der Verfassungsschutz auf den Hals gehetzt» worden. Die AfD kommt laut den ersten Prognosen in Baden-Württemberg auf 11,5 bis 12,5 Prozent, in Rheinland-Pfalz auf 10,5 Prozent. In beiden Ländern würde die Partei damit leicht verlieren.

epa09074510 Alice Weidel, deputy chairwoman of Germany's right-wing populist Alternative for Germany (AfD) party, speaks following the Baden-Wuerttemberg state elections in Stuttgart, Germany, 14 March 2021. The state elections in Baden-Wuerttemberg and Rhineland-Palatinate mark the beginning of the so-called ' Superwahljahr' (super election year) culminating with the federal elections slated for 26 September 2021. EPA/PHILIPP GUELLAND

Reaktionen aus CDU und CSU

Der sächsische Ministerpräsident Michael Kretschmer hat die CDU-Verluste bei den Landtagswahlen auf die Maskengeschäfte von CDU/CSU-Bundestagsabgeordneten zurückgeführt. Auch wenn die Fraktion versucht habe, reinen Tisch zu machen, «es bleibt immer etwas hängen», sagte der CDU-Politiker heute Abend im ZDF. Dass die Menschen deshalb verärgert seien, was an den Wahlergebnissen zu sehen sei, «ist mehr als verständlich».

Eine andere Meinung äusserte Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble (CDU). Er hält die Maskenaffäre nicht für ausschlaggebend für das schlechte Abschneiden der CDU bei den Landtagswahlen in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz. «Ich glaube nicht, dass das für die Wahlen eine ausschlaggebende Rolle gespielt hat», sagte Schäuble in der ARD. Das Verhalten einiger Parlamentarier der Union gehe aber «natürlich gar nicht».

CSU-Generalsekretär Markus Blume hat von CDU und CSU gefordert, die Niederlagen bei den Landtagswahlen in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz als «Weckruf» zu sehen. «Die Ergebnisse sind auch ein Resultat von Fehlern und Verfehlungen im Bund», erklärte Blume mit Blick auf die Maskenaffäre. Jetzt müssten bei der Corona-Bekämpfung schnelle Erfolge her. «Nicht die Strategie ist falsch, aber die Umsetzung ist schlecht.»

Erste Prognose für Rheinland-Pfalz

Die Landtagswahl in Rheinland-Pfalz hat die SPD um Ministerpräsidentin Malu Dreyer laut ARD-Prognose deutlich gewonnen. Die SPD liegt mit 34,5 Prozent der Stimmen deutlich vor der CDU von Spitzenkandidat Christian Baldauf, die auf 26 Prozent absackt. Die Freien Wähler erreichen 5,5 Prozent und könnten erstmals den Einzug in den Landtag schaffen. Die AfD liegt bei 10,5 Prozent, die Grünen bei 8,5 Prozent und die FDP bei 6,5 Prozent.

Erste Prognose für Baden-Württemberg

Die Grünen in Baden-Württemberg haben die Landtagswahl einer Prognose zufolge mit grossem Abstand gewonnen. Die Partei von Ministerpräsident Winfried Kretschmann verzeichnete bei der heutigen Wahl leichte Zugewinne und kam laut ARD-Prognose auf 31 Prozent, während der Koalitionspartner CDU deutliche Verluste hinnehmen musste und nur noch auf 23 Prozent kam. Ausserdem werden der Prognose zufolge AfD, FDP und SPD im Landtag vertreten sein mit Ergebnissen zwischen elf und zwölf Prozent.

Vorsicht bei ersten Prognosen

Am Wahltag gibt es immer diesen einen Augenblick, der mit grösster Spannung erwartet wird: 18 Uhr, die Wahllokale schliessen, und in den Medien werden die ersten Prognosen zum Ergebnis der Abstimmung vorgestellt. Die ersten Prognosen zu den heutigen Wahlen in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz sollten allerdings etwas zurückhaltender aufgenommen werden als sonst. Der Grund dafür ist das Coronavirus. Oder, genauer: die Entscheidung vieler Wähler, dieses Mal auf dem Postweg zu stimmen. Die hohe Zahl an Briefwählern wird sich auf die Prognosen und ersten Hochrechnungen auswirken.

Die 18-Uhr-Prognosen beruhen auf den Exit Polls. Für diese werden Wählerinnen und Wähler unmittelbar nach der Stimmabgabe vor dem Wahllokal anonym zu ihrer Entscheidung befragt. Wenn deutlich mehr Menschen mit Briefwahl abstimmen, bilden diese Nachwahl-Befragungen einen kleineren Teil der Wählerinnen und Wähler ab, als es unter anderen Bedingungen als der Corona-Pandemie der Fall wäre. (SZ)

14.03.2021, Baden-Württemberg, Stuttgart: Wahlhelferinnen und Wahlhelfer kontrollieren in einer Außenstelle des Statistischen Amtes Wahlunterlagen auf ihrer Richtigkeit. Bürgerinnen und Bürger in Baden-Württemberg sind zur Wahl eines neuen Landtages aufgerufen. Foto: Christoph Schmidt/dpa +++ dpa-Bildfunk +++ (KEYSTONE/DPA/Christoph Schmidt)

Viele Briefwähler

Wegen einer Corona-bedingt hohen Zahl von Briefwählern haben bei den Landtagswahlen in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz bis am Nachmittag nur vergleichsweise wenige Wahlberechtigte ihre Stimme in den Wahllokalen abgegeben. In Baden-Württemberg stimmten bis 14 Uhr 19,6 Prozent aller Stimmberechtigten ab. Hinzuzurechnen sind allerdings die Briefwähler, deren Anteil in repräsentativ ausgewählten Wahlbezirken bei rund 36 Prozent lag. In den Wahllokalen in Rheinland-Pfalz stimmten bis um 12 Uhr 7,5 Prozent der Stimmberechtigten ab. Weitere 44,5 Prozent hatten bereits per Briefwahl ihre Stimme abgegeben, so dass die Wahlbeteiligung in Rheinland-Pfalz bis zum Mittag mit insgesamt 52 Prozent angegeben wurde. (afp)

Regierungschefs am Wahltag

In Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz sind die Landtagswahlen im Gange. Beide Regierungschefs haben gute Chancen auf eine Wiederwahl. In Baden-Württemberg verteidigt Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) sein Regierungsamt gegen Kultusministerin Susanne Eisenmann (CDU). In Rheinland-Pfalz kämpft Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) gegen Herausforderer und Oppositionschef Christian Baldauf (CDU). Wegen der Corona-Pandemie wird mit deutlich mehr Briefwählern gerechnet als üblich.

14.03.2021, Rheinland-Pfalz, Mainz: Malu Dreyer (SPD), Ministerpräsidentin von Rheinland-Pfalz, gibt ihre Stimme ab. Am heutigen Tag sind die Bürgerinnen und Bürger in Rheinland-Pfalz zur Wahl eines neuen Landtages aufgerufen. Foto: Thomas Frey/dpa +++ dpa-Bildfunk +++ (KEYSTONE/DPA/Thomas Frey)

11 Millionen Deutsche wählen

Baden-Württemberg gehört mit seinen 11 Millionen Einwohnern zu den grössten und wichtigsten deutschen Bundesländern, Rheinland-Pfalz mit vier Millionen zu den mittleren. Insgesamt sind in den beiden Ländern am heutigen Sonntag knapp 11 Millionen Bürger zur Wahl ihrer jeweiligen Parlamente aufgerufen. Wegen der Pandemie wird zwischen Bodensee, Rhein, Neckar und Mosel vorwiegend brieflich gewählt. Inwiefern die vorzeitige Stimmabgabe die Ergebnisse beeinflusst, ist umstritten. Die Landtagswahlen sind der Auftakt ins Superwahljahr 2021, in dem insgesamt sechs deutsche Landesparlamente und Ende September der Bundestag neu gewählt werden. In der Folge wird Deutschland auch eine neue Kanzlerin oder einen neuen Kanzler bekommen – nach 16 Jahren Merkel. (de)

Auftakt zum Superwahljahr

Von Dominique Eigenmann, Berlin

Dass die Parlamentswahlen in den südwestlichen Bundesländern – und damit der Einstieg ins Superwahljahr 2021 – schwierig werden könnten, ahnten die deutschen Christdemokraten schon lange.

In Baden-Württemberg hatte die CDU 2011 nach 60 Jahren Vorherrschaft die Macht an die Grünen verloren und regierte seit 2016 nur noch als deren Juniorpartner mit. In Rheinland-Pfalz, das in der Vergangenheit immerhin den christdemokratischen Langzeitkanzler Helmut Kohl hervorgebracht hat, schmort die CDU seit 30 Jahren in der Opposition.

Dabei war lange noch Hoffnung

Doch sehr lange hegten die Christdemokraten im Südwesten noch Hoffnungen, und nicht ohne Grund: In Rheinland-Pfalz lagen sie seit 2018 in den Umfragen bis zu 10 Prozentpunkte vor den Sozialdemokraten von Ministerpräsidentin Malu Dreyer, in Baden-Württemberg wenigstens sporadisch gleichauf mit Winfried Kretschmanns Grünen. Seit einem Jahr gab es zusätzlich starken Rückenwind aus Berlin, weil die Corona-Krisenpolitik von Kanzlerin Angela Merkel, Gesundheitsminister Jens Spahn und CSU-Chef Markus Söder die Union auf Umfragewerte gegen 40 Prozent hochtrieb.

In den letzten Wochen endeten beide Höhenflüge abrupt: In den Ländern begann die Beliebtheit der Amtsinhaber die üblichen Parteienpräferenzen wieder zu überlagern, im Bund machte der Unmut über den andauernden Lockdown die einjährige Krisendividende der CDU Tag für Tag ein bisschen mehr zunichte.

Je mehr Leute sich über den schleppenden Impfstart und das löcherige Testregime ärgerten, je mehr der sozialdemokratische Koalitionspartner in das Mäkeln, Schimpfen und Jammern der Opposition einstimmte und je mehr die Medien von «Spiegel» bis «Bild» den Stimmungswechsel befeuerten, umso stärker sanken die Umfragewerte der CDU.

Unionspolitiker unter Korruptionsverdacht

Den letzten Rest Zuversicht vernichtete in den letzten zwei Wochen eine hausgemachte Affäre: Bundestagsabgeordnete von CDU und CSU hatten vor einem Jahr Unternehmen und Ministerien dabei geholfen, Schutzmasken einzukaufen – und dabei viel Geld in die eigene Tasche gesteckt: 660'000 Euro sollen es bei Vize-Fraktionschef Georg Nüsslein (CSU) gewesen sein, 250'000 Euro beim Baden-Württemberger Nikolas Löbel (CDU).

Pünktlich zur Wahl geriet also die ganze Union unter Korruptionsverdacht. Entsprechend heftig fiel ihre Reaktion aus: CDU-Chef Armin Laschet und CSU-Kollege Söder drängten die fehlbaren Abgeordneten schnell aus der Partei, versprachen vollständige Transparenz und reichten der SPD die Hand für schärfere Regulierungen, die sie bisher stets bekämpft hatten.

04.03.2021, Berlin: Armin Laschet (CDU), Ministerpräsident von Nordrhein-Westfalen und CDU-Bundesvorsitzender, kommt mit Schutzmaske zur Plenarsitzung im Bundesrat. Die Länderkammer stimmt in ihrer heutigen 1001. Sitzung über die neuen Corona-Hilfsmaßnahmen ab. Weitere Themen sind unter anderem die Vereinfachungen bei Planungs- und Genehmigungsverfahren, der Aufbau einer Infrastruktur für Elektromobilität, Maßnahmen zur besseren Bekämpfung der Geldwäsche und die Einführung einer Bürger-Identifikationsnummer für Online-Serviceleistungen der Verwaltung. Foto: Bernd von Jutrczenka/dpa +++ dpa-Bildfunk +++ (KEYSTONE/DPA/Bernd von Jutrczenka)

In den wählenden Bundesländern aber war der Schaden längst angerichtet. Meinungsforscher erwarten nun nicht mehr nur Niederlagen der CDU, sondern halten auch ein Debakel für möglich. In Baden-Württemberg besteht die Gefahr, dass die Grünen die nächste Regierung ohne die Christdemokraten bilden. Für die erfolgsgewohnte Partei wäre es eine Demütigung, ja Katastrophe.

Spätestens zu diesem Zeitpunkt werden die Niederlagen von Stuttgart und Mainz mit Geschepper im Feld des neuen CDU-Vorsitzenden Armin Laschet landen. Offiziell heisst es zwar, man könne dem im Januar gewählten neuen Chef diese Skandale und Niederlagen beim besten Willen nicht zur Last legen. Inoffiziell weiss jeder, dass genau dies passieren wird.

Klare, aber auch vertrackte Ausgangslage

Zumal die wichtigste Entscheidung der Union im Wahljahr 2021 immer noch aussteht, nämlich die Frage, wer die Union als Kanzlerkandidat in die Bundestagswahl führen soll: Laschet oder Söder. Erst hiess es, der Entscheid solle nach den Landtagswahlen vom Sonntag fallen, danach war von Ostern die Rede. Nun reicht der Horizont auf einmal bis Pfingsten.

Die Ausgangslage ist eigentlich klar, aber gleichwohl vertrackt: Der Chef der viermal grösseren CDU hat traditionell das erste Zugriffsrecht auf die Spitzenkandidatur, der CSU-Vorsitzende kommt höchstens zum Zuge, wenn die CDU schwach erscheint.

Dieser Fall könnte bald eingetreten sein. Seit Januar haben sich Laschets persönliche Umfragewerte jedenfalls nicht verbessert, die von Söder liegen – trotz Verlusten – immer noch fast doppelt so hoch. Den Niedergang der CDU in den Umfragen konnte Laschet genauso wenig verhindern wie das absehbare Debakel in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz. Kanzlerkandidat und möglicher Nachfolger von Merkel ist der 60-jährige Aachener also noch lange nicht.

vin/sda/afp