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Kitzbühel-Sieger Dave Ryding
Er lernte auf Plastikmatten Skifahren – weils in der Heimat keinen Schnee gibt

Mit 35 Jahren zum ersten Mal zuoberst auf dem Podest: Dave Ryding.
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Ein Sir ist Dave Ryding zwar nicht, auch wenn ihn der Speaker von Kitzbühel gerne so ankündigt. Dafür schreibt er an diesem Samstagnachmittag am Ganslernhang ein Stück britische Sportgeschichte.

Ryding sitzt im Schnee, er küsst ihn, er jubelt und schreit und kann gar nicht mehr aufhören. Er hat gerade die Bestzeit gefahren in diesem verrückten Slalom von Kitzbühel, in dem von 30 Startern im zweiten Lauf nur 19 ins Ziel kommen.

Ganz oben stand Ryding noch nie in einem Weltcuprennen, und auch jetzt, wo er unten ist, sieht es nicht nach einem Triumph aus. Dann scheitert Giuliano Razzoli. Scheitert Sebastian Foss-Solevaag. Scheitert Clément Noël. Und am Ende auch Alex Vinatzer, der Führende des ersten Laufs.

Es ist der Moment, in dem der erste britische Sieg im alpinen Skiweltcup Tatsache ist. Etwas weiter oben am Hang hat einer von Rydings Betreuern den besten Tag seines Lebens. Auch er sitzt jetzt im Schnee, eher liegt er, er weint und weint. Und er weint auch noch, als er im Zielraum steht und die Betreuer anderer Teams, die Österreicher und die Norweger, ihm auf die Schultern klopfen.

Sogar Kristoffersen herzt den Sieger

Ryding selbst ist gefasster, vielleicht weiss er gar nicht mehr, wie er sich jetzt noch freuen soll. Er wird später sagen, er habe alle seine Emotionen schon dann herausgelassen, als er die Bestzeit auf der Tafel sah. Nun wird er von einem wie wild geherzt und durchgeschüttelt, dem Emotionen gerne abgesprochen werden, es sei denn, es sind negative: Henrik Kristoffersen. So unerwartet wie Ryding gewinnt, wird er Dritter, geschlagen noch von seinem Landsmann Lucas Braathen, dem Wengen-Sieger und neuem Führenden der Slalom-Wertung (lesen Sie hier das Interview mit dem jungen Norweger).

Sein eigenes Resultat dürfte zu Kristoffersens Gefühlsausbruch beigetragen haben, er war 24. nach dem ersten Lauf. Seine Freude zeigt aber auch: Ryding ist der Sieger, den sich jeder wünscht. Der Brite ist beliebt im Skizirkus wegen seiner freundlichen Art, seinem Humor, seiner Demut. Die drückt auch in seinem grössten Moment durch. Es tue ihm so leid für Vinatzer, sagt er als Erstes, als er zu den Journalisten kommt. Der junge Italiener schafft es an diesem Nachmittag zwar ins Ziel, wird aber nur 18. «Er ist 13 Jahre jünger als ich und hat wahrscheinlich noch 150 Rennen, um es erneut zu probieren.»

So viele bleiben Ryding kaum mehr. Für seinen Triumph musste er 35 werden und 97 Weltcuprennen bestreiten. Dass er überhaupt auf diese Zahl kommt, ist eigentlich schon speziell genug. Denn dass aus diesem Mann einmal ein grosser Skifahrer werden würde, daran mag früher wohl keiner geglaubt haben, ausser er selbst. Er habe nie aufgehört zu träumen, sagt er. Seine Geschichte ist die eines Aussenseiters.

«Kannst du das noch schaffen?»

Ryding steht erstmals auf Ski, als er sechs ist, im Pendle Ski Club, einer Anlage nahe Blackburn. Schnee gibt es dort keinen, darum wird auf Plastikmatten gefahren. Zu Hause im Fernsehen schaut er den Biathleten, Skispringern und den Skifahrern zu. Alain Baxter inspiriert ihn, auch ein Brite, der im Weltcup viermal in die Top 10 fährt. Ryding sagt sich: «Irgendwann gehöre ich auch zu den Besten.» Als er erstmals im Weltcup startet, es ist ein Slalom in Alta Badia und Ryding 23, wird er belächelt. Er scheidet im ersten Lauf aus.

Im Laufe der Jahre ist Ryding einige Male nahe dran am ersten Sieg, aber immer muss er zusehen, wie andere gewinnen. Einmal, in Levi, führt er einen Slalom an nach dem ersten Lauf, dann scheidet er aus. Auch 2017 in Kitzbühel liegt er vorne und wird dann Zweiter, vor zwei Wochen in Adelboden Dritter. Sollte das alles sein? Ryding sagt: «In meinem Alter beginnst du irgendwann zu denken: Kannst du es noch schaffen?» Es gibt Zeiten, in denen er aufhören will und er denkt: «Das hier wird mein letztes Jahr.»

Er habe aber nie aufgehört zu arbeiten, sagt er, «jeden Tag frage ich mich, wie ich ein besserer Skifahrer werden kann, auch im Sommer». So habe er die vergangenen 20 Jahre seines Lebens verbracht. In den letzten Saisons ist das kleine britische Team zudem etwas gewachsen, Laurie Taylor und Billy Major sind ebenfalls im Weltcup dabei, beide sind 25. Major hat schon drei Europacuptennen gewonnen. «Sie treiben mich an und bringen mich auf ein neues Level», sagt Ryding, «es gibt Tage, an denen ich auf dem Berg bin und keine Lust habe, dann geben sie mir einen ordentlichen Tritt in den Hintern.»

Da ist er wieder, dieser Ryding, der an diesem verschneiten Nachmittag auch gerne den anderen dankt, Taylor und Major sind da lange nicht die einzigen. Dann sagt er noch, mit der Sieger-Gams von Kitzbühel in der Hand: «Jetzt bin ich kaputt, heute gehe ich früh ins Bett.» Ganz schön anstrengend, so ein Sieg.

Ein Platz fehlt zu Olympia

Zu den Verlierern gehören in Kitzbühel die Schweizer. Am Ende ruhen ihre Hoffnungen noch auf ihm: Marc Rochat, einem Mann mit einem schnellen Schwung, unbestritten. Der die Läufe aber nur allzu selten ins Ziel bringt.

Bei diesen Bedingungen ist die Aufgabe im zweiten Lauf besonders schwer. Rochat ist auf Sicherheit bedacht, hat er doch die Kriterien für eine Olympia-Qualifikation noch nicht erfüllt. Als Achter verpasst er die direkte Qualifikation um einen Platz – und wird nicht nach Peking reisen. Am Sonntag endet der Selektionszeitraum, der Slalom in Schladming vom Dienstag kommt damit zu spät für die noch nicht Qualifizierten.

Es ist schon ein kleines Kunststück, hat es der 29-jährige Waadtländer ins Ziel geschafft. Das gelingt nur drei Schweizern von sieben im zweiten Lauf. Der schnellste ist Loïc Meillard, der sechs Plätze gut macht und Siebter wird. Luca Aerni fährt auf Rang 13.

Als Erster der Schweizer scheitert Noel von Grünigen beim Versuch, zum dritten Mal in seiner Karriere Weltcuppunkte zu holen. Nach schnellem Start fädelt der Sohn des zweifachen Riesenslalomweltmeisters Michael von Grünigen ein. Ebenso wie Sandro Simonet, 22. nach dem ersten Lauf. Und Daniel Yule, Sieger beim letzten Slalom hier vor zwei Jahren. Mit Platz 20 hat auch er nicht sonderlich gute Aussichten auf einen Spitzenrang, den er zuletzt in Wengen holte, wo er Zweiter wurde. Es ist ein kleiner Rückschlag in einem Winter, der bislang deutlich besser verlief für den Walliser als der letzte.

Das kann Ramon Zenhäusern nicht behaupten. Drittbester Slalomfahrer war der 29-Jährige im Vorjahr. Nun hat er es erst einmal in die Top 10 geschafft, als Vierter von Adelboden. Er kommt auch mit diesem 2. Lauf in Kitzbühel nicht zurecht. Erst verpasst er ein Tor, steigt zurück, fährt weiter – und rutscht bei einer Kuppe doch wieder weg. Da nützt auch nichts, hat er sich mit tiefem Brummen im Starthaus eingestimmt auf diese Herausforderung. Kurz: Es ist nicht der Tag der Schweizer. Sondern der Tag eines Briten.

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