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Folgen der Pandemie
Den Restaurants fehlt das Personal

Urs Mäder führt den Bären in Trubschachen.
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Nach dem monatelangen zweiten Lockdown konnte Urs Mäder vom Gasthof zum Bären in Trubschachen im Emmental sein Restaurant endlich wieder öffnen. Doch der abrupte Wechsel vom Stillstand in den Vollbetrieb ist eine Herausforderung. Aktuell sei er auf der Suche nach Personal, denn während des letzten Lockdown habe er Abgänge verzeichnen müssen. «Viele Angestellte haben sich in dieser Zeit umorientiert», weiss Mäder, der auch Präsident des Branchenverbands Gastro Emmental-Oberaargau ist.

Diese Mitarbeiter fehlen jetzt, da sie dringend gesucht sind. Das Problem seien nicht nur die Serviceangestellten, sondern auch Fachkräfte wie gut ausgebildete Köche. Bereits vor der Pandemie stand der Fachkräftemangel ganz oben auf der Sorgenliste der Gastronomie, wie Umfragen des Branchenverbands Gastro Suisse zeigten. Das Versäumnis, rechtzeitig gut qualifizierte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter auszubilden, dürfte sich nach der Krise rächen.

Viele Restaurants suchen verzweifelt nach Servicepersonal. (Symbolbild)

Der Personalmangel in der Gastronomie treibt Wirtinnen auf dem Land genauso um wie Gastronomen in der Stadt. So hat etwa die Bindella-Gruppe Dutzende Stellen auf ihrer Website ausgeschrieben. «In gewissen Segmenten ist der Markt ausgetrocknet wie etwa bei den Pizzaioli, die natürlich bei uns eine zentrale Rolle innehaben», erklärt HR-Chefin Monika Farmer. «Natürliche Abgänge während der langen Schliessung wurden nicht ersetzt, weshalb wir momentan einige Stellen zu besetzen haben.»

So seien Mitarbeitende zu anderen Gastronomiebetrieben oder in andere Branchen gewechselt, andere seien nach Italien zurückgekehrt. «Wir haben den Eindruck, dass einige Mitarbeitende die Zeit nutzen, um Neues zu entdecken», so Farmer. «Weil wir aber zuversichtlich sind und attraktive Arbeitsplätze bieten, bleiben wir positiv gestimmt, dass sich die Situation normalisieren wird. Dass es jetzt schwierig ist, können wir bestätigen.»

«Wir und unsere Branchenkollegen verzweifeln fast», klagt auch Michel Péclard, dessen Pumpstation GmbH im Raum Zürich mehr als ein Dutzend Betriebe gehören. Es kämen kaum Bewerbungen, und die, die hereinkommen, seien meist nicht vom Fach. Das betreffe Service und Küche. Er wisse auch von einigen Branchenkollegen, die aufgrund des Personalmangels nicht öffnen können.

Neben dem Mangel an Fachkräften treiben auch Anstellungsverhältnisse die Wirtinnen und Wirte um. Neuen Mitarbeitern werde er zwar unbefristete Verträge mit fixem Pensum anbieten. «Im Moment weiss ich aber nicht, ob ich die Angestellten im Herbst wirklich brauchen werde», sagt etwa der Emmentaler Gastronom Mäder. Zu gross sei die Unsicherheit vor einer vierten Infektionswelle in der Schweiz – und einem weiteren Lockdown mit Betriebsschliessungen.

Sicher ist hingegen, dass die Corona-Krise den Arbeitsmarkt in der Gastronomie nachhaltig verändern dürfte, wie aus der Branche zu vernehmen ist. Viele Serviceangestellte sind von ihren Arbeitgebern entlassen oder in Kurzarbeit geschickt worden. So waren per Ende April saisonbereinigt mehr als 17’000 Personen aus dem Gastgewerbe ohne Arbeit, die Arbeitslosenquote betrug 9,1 Prozent. Seit Februar sinkt die Arbeitslosigkeit wieder.

Die Betroffenen mussten empfindliche Einbussen bei ihrem Einkommen hinnehmen – nicht zuletzt auch, weil das lukrative Trinkgeld ausfiel. Viele Serviceangestellte schauten sich deshalb nach neuen Stellen um und wurden fündig: im Detailhandel, im Lebensmittelhandel, in Bäckereien und Metzgereien. Es sind alles Wirtschaftszweige, die Schnittstellen oder zumindest eine gewisse Nähe zur Gastronomie aufweisen.

Diese Branchen bieten im Gegensatz zum Gastgewerbe aber auch geregelte Arbeitszeiten und weniger Einsätze an den Wochenenden. Befragte Gastronomen aus der Deutschschweiz rechnen deshalb damit, dass abtrünnige Berufsleute tendenziell nicht mehr oder zumindest nicht so schnell zurückkehren werden.

Die Wirte sind sich indes bewusst, dass sie um ihr Personal kämpfen müssen. «Es wird immer wichtiger, als
attraktiver Arbeitgeber zu gelten», sagt Maurus Ebneter, Präsident des Wirteverbands Basel-Stadt. Sein Innerschweizer Amtskollege Ruedi Stöckli weiss auch wie: «Wir müssen die Arbeitszeiten attraktiver machen», sagt der Präsident von Gastro Luzern und Besitzer des Landgasthauses Strauss in Meierskappel. Eine Möglichkeit sei, den Angestellten jeden zweiten Sonntag freizugeben.

Prämien für Mitarbeiter

Um neue Leute zu finden, würden die Wirte nun kreativ, hat Gastronomieberater Tobias Burkhalter beobachtet. «Es läuft aktuell sehr viel über Beziehungen und Netzwerke», sagt der gelernte Koch und Präsident von Gastro Stadt Bern. «Die Arbeitnehmer erhalten finanzielle Anreize in Form von Prämien und Umsatzbeteiligungen angeboten.» Die Nachfrage nach Personal in der Bundesstadt sei derzeit deutlich höher als das Angebot auf dem Arbeitsmarkt.

Die Corona-Krise hinterlässt aber nicht nur Spuren bei den Angestellten und Gastronomen, sondern auch bei der Kundschaft. «Das Spontane ist aufgrund der Sicherheitsmassnahmen abhandengekommen», stellt Urs Mäder vom Bären in Trubschachen fest. «Es wird wohl eine Weile dauern, bis die Gäste ungeplant und ohne vorherige Anmeldung einfach in ein Restaurant auf dem Land kommen.»

Für ihn ist das eine Voraussetzung, dass sich die gebeutelte Gastronomie rasch vollständig erholt.