Corona-Demo in BerlinDemonstranten stürmen durch Absperrung auf Reichstags-Treppe
Die Berliner Polizei löste am Samstag die Demo von Gegnern der Corona-Beschränkungen auf. Demonstranten wehrten sich – teils mit Gewalt.
Mehrere Zehntausend Menschen haben in Berlin gegen die staatlichen Corona-Schutzauflagen demonstriert. Auf einer Grosskundgebung am Samstag an der Siegessäule forderte der Initiator Michael Ballweg von der Stuttgarter Initiative Querdenken, alle zum Schutz vor dem Virus erlassenen Gesetze unverzüglich aufzuheben. Auch müsse die Bundesregierung geschlossen zurücktreten, sagte er unter grossem Beifall.
Wie «Focus» berichtet, sei Corona-Skeptiker Attila Hildmann von der Polizei abgeführt worden. Hildmann befand sich unter den Demonstranten vor der russischen Botschaft. Mit einem Megaphon habe er wirre Thesen über die Corona-Pandemie skandiert, so Focus. Drei Minuten später habe ihn die Polizei geholt.
Am Rande kam es zu vereinzelten Zusammenstössen mit der Polizei, unter anderem vor der russischen Botschaft. Andernorts wurden Beamte mit Steinen und Flaschen beworfen, Strassen vorübergehend blockiert, Absperrungen unter anderem auf der Reichstagswiese durchbrochen und ein Baucontainer wurde angezündet. Später sind die Demonstranten dann weiter vorgerückt und haben eine Absperrung am Reichstagsgebäude in Berlin durchbrochen. Sie seien die Treppe hoch gestürmt, berichtete ein dpa-Reporter am Ort. Polizeibeamte drängten die Menschen zurück.
Mehrere Menschen wurden festgenommen, auch Pfefferspray kam zum Einsatz, wie die Polizei weiter mitteilte. Sie war mit rund 3000 Beamten im Einsatz. Ein Helikopter lieferte der Einsatzleitung Bilder aus der Luft.
«Wir sind das Volk»
Aufgerufen zum Protest hatte die Stuttgarter Initiative Querdenken 711. Sie hatte mit rund 22’000 Teilnehmern gerechnet, es kamen aber deutlich mehr. Es gab auch Gegenproteste, unter anderem aus der linken Szene. Laut Polizei waren 38’000 Demonstranten unterwegs, aktuell sinke die Zahl langsam auf 30’000.
Der US-Rechtsanwalt, Umweltaktivist und Impfgegner Robert Francis Kennedy junior, Neffe des US-Präsidenten John F. Kennedy, wandte sich in seiner Rede auf der Kundgebung gegen den Aufbau des neuen 5G-Mobilfunknetzes, warnte vor einer Totalüberwachung und attackierte in diesem Zusammenhang auch Microsoft-Gründer Bill Gates. Unter Verweis auf den berühmten Berlin-Besuch von US-Präsident Kennedy 1963 sagte er, sein Onkel sei damals nach Berlin gekommen, weil in der Stadt die Front gegen Totalitarismus verlaufen sei. «Heute ist Berlin wieder die Front gegen Totalitarismus», sagte er.
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Einen geplanten Demonstrationszug am Mittag hatte die Polizei nicht starten lassen, weil die Mindestabstände zum Infektionsschutz nicht eingehalten wurden. Nach längeren Verhandlungen mit den Veranstaltern erklärte die Polizei, sie löse die Versammlung auf. Es bleibe «leider keine andere Möglichkeit». Danach trug die Polizei Demonstranten weg, die auf der Strasse sitzen blieben und nicht freiwillig gingen.
Auf Transparenten forderten Teilnehmer den Rücktritt der Bundesregierung sowie ein Ende der Schutzauflagen und Alltagsbeschränkungen wegen der Corona-Pandemie. Auf Plakaten stand «Maulkorb-Demokratie – ohne uns», «Stoppt den Corona-Wahnsinn» und «Corona-Diktatur beenden». Immer wieder skandierte die Menge «Widerstand» und «Wir sind das Volk».
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Ursrpünglich verboten
Einige Demonstranten trugen Fotos von Politikern in Häftlingskleidung und mit dem Zusatz «schuldig», etwa von Kanzlerin Angela Merkel (CDU), Vizekanzler Olaf Scholz (SPD), Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) sowie Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) und dem bayerischen Regierungschef Markus Söder (CSU).
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Auch AfD-Politiker und andere rechte Gruppen hatten zur Teilnahme aufgerufen. Am Brandenburger Tor und anderen Orten waren auch Flaggen mit Reichsadler, T-Shirts in Frakturschrift und andere Symbole von Rechtsextremisten zu sehen. Insgesamt versammelte sich aber auf der Friedrichstrasse, wo die Demo starten sollte, und später an der Siegessäule eine breite Mischung von Bürgern, darunter Junge und Alte sowie auch Familien mit Kindern.
Hygieneregeln ignoriert
Vor dem Brandenburger Tor hatten bereits am Vormittag Demonstranten «Tor auf» gerufen und «Wir sind das Volk» skandiert. Eine riesige Deutschlandflagge war auf dem Boden vor dem Tor ausgelegt.
Eigentlich wollten die Berliner Behörden die Versammlungen verbieten, sie unterlagen jedoch vor Gerichten. Die Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts Berlin gegen das Verbot wurde in der Nacht zum Samstag bekannt. Als Grund für die Verbotsverfügung hatte die Polizei angeführt, dass durch die Ansammlung Zehntausender Menschen – oft ohne Maske und Abstand – ein zu hohes Gesundheitsrisiko für die Bevölkerung entstehe. Das habe bereits die Demonstration gegen die Corona-Politik am 1. August in Berlin gezeigt, bei der die meisten Demonstranten bewusst Hygieneregeln ignoriert hätten.
SDA/Reuters/chk
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