Kolumne «Miniatur des Alltags»Das Yoga-Experiment
Neue Herausforderungen sind spannend, können aber auch tückisch sein.
Ich bin unsportlich. Bestes Beispiel ist der Muskelkater, den ich nach einem 100-Meter-Sprint auf den Bus spüre, wenn ich mal ein bisschen zu knapp dran bin. Und in Zeiten von Homeoffice, wo der Kühlschrank nur eine Armlänge entfernt ist und man am Ende des Tages das Gefühl hat, mit dem Bürostuhl eins geworden zu sein, braucht es eine Extraportion Selbstdisziplin, sich seiner körperlichen Gesundheit wegen aufzuraffen.
Als ich aber vor einigen Monaten im Internet auf eine 30-Tage-Yoga-Challenge stiess, war ich auf Anhieb interessiert. Auch wenn ich zuvor schon Dutzende Male an ähnlichen Sport-Challenges gescheitert bin, war ich fest entschlossen, mich dieser Herausforderung anzunehmen. Denn Yoga, das kann doch nicht so schwer sein. Da geht es doch vor allem darum, innere Ruhe zu finden. Sich hinzulegen und tief durchzuatmen. Dachte ich mir.
Spätestens nach Tag fünf begann ich, meinen Entscheid zu bereuen. Nie hätte ich gedacht, dass einen Balancieren so ins Schwitzen bringen kann – geschweige denn eine sogenannte Ruhepose. Abgesehen davon erlaubte mir die niedrige Decke in meinem Keller nicht einmal, mich ganz durchzustrecken, sodass ich die Übungen meist mehr schlecht als recht ausführte.
So feurig mein anfänglicher Fitness-Enthusiasmus gewesen war, so schnell erlosch er auch wieder. Nach knapp drei Wochen und einem überdehnten Kniegelenk gab ich mich geschlagen. Einige Tage später hielt mich ein Mann mit Rastas und Flyern auf der Strasse an. Ob ich kurz Zeit hätte, über das Universum zu sprechen? Ehe ich weiterhasten konnte, drückte er mir ein kleines Buch in die Hand. Ich blickte auf den Buchdeckel: «Die Perfektion des Yoga», hiess es dort. Ich grinste. Wenn das kein Zeichen ist, meine Yogamatte wieder auszurollen ...
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