9 Prozent weniger MitarbeiterDas WEF baut wegen Corona Stellen ab
Das Weltwirtschaftsforum ist in den letzten Jahren rasant gewachsen – doch die Pandemie trifft auch das WEF hart. In den letzten Monaten sind rund 60 Jobs weggefallen.
Es ist für das erfolgsverwöhnte WEF ein massiver Einschnitt. Das Weltwirtschaftsforum hat in den letzten Monaten rund 9 Prozent der Stellen abgebaut. Ein Insider sagt: «Das WEF ist derzeit in einer schwierigen Lage.» Die Zentrale in Genf bestätigt auf Anfrage dieser Zeitung den Rückgang bei den Beschäftigten.
«Das Weltwirtschaftsforum zählt aktuell circa 800 Mitarbeiter», sagt ein Sprecher. Das entspricht einem Rückgang um 60 Stellen, denn im letzten Geschäftsbericht weist das WEF noch 860 Mitarbeiter aus. 92 davon verfügten über einen befristeten Vertrag.
Der Abbau erfolgte laut dem WEF-Sprecher über die normale Fluktuation, auch seien gewisse temporäre Verträge nicht verlängert worden. Das Corona-Jahr wirkt sich damit nicht nur auf den Standort des Treffens aus, sondern auch auf den Veranstalter dahinter. Dem Weltwirtschaftsforum geht es damit nicht besser als anderen Eventagenturen.
Jüngst wurde bekannt, dass das Treffen der globalen Wirtschafts- und Politik-Elite weder in Davos noch auf dem Bürgenstock, sondern in Singapur stattfinden soll. Dies, weil für das WEF die Corona-Lage in der Schweiz zu unsicher ist.
20 Jahre Wachstum zu Ende
Der Stellenabbau ist für das WEF eine einmalige Zäsur. Denn in den letzten Jahren entwickelte sich das Weltwirtschaftsforum rasant. Zum Hauptsitz in Genf kamen Büros in Peking, New York oder Tokio dazu. Auf der ganzen Welt entstehen derzeit Zentren für die vierte industrielle Revolution. Dadurch ist die Zahl der Mitarbeiter in den letzten Jahren stark gewachsen. Im Jahr 2000 waren es 126, heute sind es, trotz des jüngsten Einschnitts, rund 800.
Die WEF-Angestellten sind mehrheitlich sehr jung und gut ausgebildet. Laut der «Bilanz» beträgt das Durchschnittsalter der WEF-Mitarbeiter 36 Jahre. Sie stammen aus 80 Nationen, 96 Prozent von ihnen haben einen Hochschulabschluss. Die jungen Mitarbeiter schreiben zahlreiche Studien und organisieren exklusive Veranstaltungen rund um den Globus – wie das eigentliche WEF, das nächstes Jahr ausnahmsweise in Singapur stattfindet.
Teure Mitgliedschaften
Statt eines Umzugs nach Singapur hätte das WEF nächstes Jahr auch einfach Pause machen können und 2022 in Davos wieder das jährliche Treffen abhalten. Doch das war laut einem Insider für WEF-Gründer Klaus Schwab nie eine Option: «Das kann sich das WEF schlicht nicht leisten.»
Finanziell könnte das WEF einen Ausfall des Treffens dank hoher Reserven wohl durchstehen. Denn zuletzt wies die Organisation Reserven von fast 300 Millionen Franken aus. Doch könnte ein einmaliger Ausfall des WEF-Treffens einen anderen Effekt haben: Die Befürchtung ist, dass dann Firmen ihre hohen Mitgliedsbeiträge einer kritischen Prüfung unterziehen.
Denn billig ist das WEF nicht. Die Mitgliedsbeiträge reichen von 60’000 bis 600’000 Franken pro Jahr. Tickets für die Teilnahme am Forum kosten extra: rund 25’000 Franken pro Stück. Dafür erhalten die Wirtschaftseliten Zugang zu einer Plattform, die sie mit Staatschefs, Wissenschaftlern und Hollywoodstars zusammenbringt. Fällt der Eintritt in diesen exklusiven Zirkel für die Firmenmanager weg, dürften sich die hohen Mitgliedsbeiträge firmenintern schwerer rechtfertigen lassen, erklärt ein Insider.
Laut dem jüngsten WEF-Jahresbericht stagnierten in den letzten Jahren die Einnahmen aus den Tickets und den Jahresgebühren. Stark zugelegt haben dafür die Partnerschaftsbeiträge. Sie wurden in den letzten Jahren immer wichtiger und machen aktuell rund 70 Prozent der Einnahmen aus.
Schwab-Nachfolge offen
Neben dem Personalabbau treibt das WEF zudem die Frage um, wer eines Tages auf den 81-jährigen Gründer Klaus Schwab folgen soll. Seit drei Jahren ist der ehemalige norwegische Aussenminister Børge Brende für das operative Geschäft verantwortlich. Eine Nachfolge an der Spitze der Organisation zeichnet sich aber nicht ab.
Im obersten Organ, dem Board of Trustees, gibt es dem Vernehmen nach schon seit Jahren Widerstand gegen die Idee, dass eines von Schwabs Kindern die Leitung übernehmen soll. Ein klarer Kandidat zeichnet sich aber nicht ab, Schwabs Vertrauensmann, Ex-Nestlé-Chef Peter Brabeck-Letmathe, ist mit seinen 76 Jahren auch kein Kandidat für einen Generationenwechsel. Der NZZ sagte Schwab zu Beginn des Jahres: «Wenn meine Stelle frei wird, wird der beste Nachfolger gewählt. Die Organisation ist inzwischen so aufgestellt, dass sie in jedem Fall funktioniert.»
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