AboInterview zum Sexualstrafrecht«Das sind enorme Entwicklungen»
Strafrechtlerin Anna Coninx sieht in der neuen Definition der Vergewaltigung ein grundlegendes Umdenken. Ob «Nur Ja heisst Ja» oder «Nein heisst Nein» gelte, sei in der Praxis unwichtig.
Der Ständerat hat Änderungen im Sexualstrafrecht vorgenommen. Trotzdem sind viele enttäuscht darüber, dass sich die kleine Kammer nicht für ein «Nur Ja heisst Ja» entschieden hat. Teilen Sie diesen Frust?
Hier lohnt es sich, kurz zurückzublicken: Vor drei Jahren meinte der Bundesrat, die Revision sei überhaupt nicht nötig. Durch hartnäckige Kampagnenarbeit unzähliger Personen aus Wissenschaft, Praxis, und Nichtregierungsorganisationen hat seither ein Umdenken stattgefunden. Das ist ein grosser Fortschritt. Ausserdem gilt es zu betonen, dass die Modellwahl –«Nur Ja heisst Ja» oder «Nein heisst Nein» – zwar politisch bedeutsam ist. Denn mit der Zustimmungslösung wird der Grundgedanke der sexuellen Selbstbestimmung einprägsamer und symbolträchtiger kommuniziert. Aber in der Strafrechtspraxis ist der Unterschied nicht bedeutend.