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Resultate aus schwer betroffenem Ort
Das sind die ersten Lehren der deutschen Coronavirus-Pilotstudie

Eine mobile Teststation für die Coronavirus-Krankheit  in der Stadt Gangelt im nordrhein-westfälischen Landkreis Heinsberg.
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Die Covid-19-Feldstudie im deutschen Landkreis Heinsberg hat in den letzten Tagen viel Aufmerksamkeit bekommen. Der deutsche Virologe Hendrik Streeck ist daran, mit einem Team in dem stark betroffenen Landkreis Heinsberg und der Gemeinde Gangelt eine Studie mit 1000 Einwohnern durchzuführen. In dem Dorf hatten zwei Infizierte eine Karnevalssitzung mit 300 Teilnehmern besucht, wodurch sich Covid-19 schnell in dem kleinen Ort ausgebreitet hatte. Die Studie soll zeigen, wie viele Menschen sich bereits mit dem Virus infiziert haben und wie leicht sich das Virus im Alltag überträgt.

Am Donnerstagvormittag präsentierte das Team auf einer Pressekonferenz erste, noch vorläufige Ergebnisse. Sie basieren auf den Werten von 509 Teilnehmern, sind deshalb laut Streeck schon repräsentativ, aber trotzdem noch mit Vorsicht zu interpretieren.

15 Prozent sind erkrankt

Mit Antikörpertests, nach durchgemachter Erkrankung, und PCR-Tests, die eine akute Infektion nachweisen, untersuchten die Forscher, wie viele Menschen in Gangelt bereits mit dem Virus infiziert sind oder waren. Von den 509 Personen waren das 15 Prozent.

«Wir haben eher konservativ gerechnet», sagt Streeck. Der Grund dafür: Die Antikörpertests sind noch nicht ganz zuverlässig. Es gibt Kritik, dass sie auch bei anderen Erkältungsviren anzeigen. Mit weniger konservativen Methoden wären es 20 Prozent gewesen.

Auch bei der Todesrate konnte Streeck neue Zahlen präsentieren. Die Letalität (case fatality rate) liegt laut der vorläufigen Werte in Gangelt bei 0,37 Prozent, bezogen auf die Gesamtzahl der Infizierten. Dieser Wert ist rund fünfmal tiefer als der von der John-Hopkins-Universität berechnete Wert für ganz Deutschland von 1,98 Prozent. «Wir haben in unserer Stichprobe alle Infizierten erfasst, auch diejenigen mit asymptomatischen und milden Verläufen», sagte Streeck. Deshalb liege die Mortalität deutlich tiefer. Noch liessen sich aus diesen Resultaten aber keine allgemeingültigen Werte ableiten. Auch weil die Gemeinde nach dem ersten breiten Ausbruch rasch Massnahmen ergriffen hat und versuchte Risikogruppen zu schützen. Zudem hängt die Todesrate jeweils von der Altersstruktur der Erkrankten ab, auch hier gibt es noch keine genauen Zahlen aus der Studie.

«Wir glauben, dass die Anzahl der Erreger, die jemand erwischt, einen Einfluss auf die Schwere der Krankheit hat.»

Martin Exner vom Institut für Hygiene und öffentliche Gesundheit

Zu weiteren mit Spannung erwarteten Resultaten konnten die Forscher noch keine Antworten liefern: Antworten nämlich auf die Fragen, wie leicht sich das Virus überträgt und wie lange es in den betroffenen Haushalten auf Flächen überlebt, folgen erst mit weiteren Zwischenresultaten.

Die 15 Prozent Infizierter in der lokalen Bevölkerung sind noch weit von den mindestens 60 bis 70 Prozent entfernt, die es für die sogenannte Herdenimmunität brauchte. Sie bedeuteten zwar bereits eine gewisse Verlangsamung der Ausbreitung. Doch der Schutz der Risikogruppen wäre noch lange nicht ausreichend, sagte Martin Exner vom Institut für Hygiene und öffentliche Gesundheit ebenfalls an der Pressekonferenz. Wie man nun weiter vorgehen wolle, müsse die Politik entscheiden.

Die Experten betonten, wie wichtig es sei, sich weiterhin an alle Hygiene- und Abstandsregeln zu halten, selbst wenn es eine Lockerung der im Moment bestehenden Massnahmen gebe. «Wir glauben, dass die Anzahl der Erreger, die jemand erwischt, einen Einfluss auf die Schwere der Krankheit hat», sagte Exner an der Pressekonferenz. Auch diese Aussage ist, wie so vieles im Moment, bei den Wissenschaftlern noch umstritten. Die Forscher der Heinsberg-Studie nehmen an, dass die Immunität nach durchgemachter Covid-19-Erkrankung rund 6 bis 18 Monate anhalten sollte, also vermutlich bis es einen Impfstoff geben wird.