Kolumne «Dorfgeflüster»Das Pandemie-Hörnchen
Nicht nur im Bündnerland, auch im Agglo-Vorgarten häufen sich Begegnungen mit Tierarten, die neue Lebensräume erobern.
Dass Wildtiere sich wieder neue (alte) Lebensräume in der Schweiz erobern, ist hinlänglich bekannt. Ob Wolfsrudel in den Alpen, Biber im Zürichsee oder Lachse im Rhein – ehemals ausgestorbene Arten breiten sich wieder aus.
Als Agglo-Bewohner bekommt man davon normalerweise nicht sonderlich viel mit. Mir ist beim Baden im Zürichsee jedenfalls noch nie ein Lachs begegnet.
Umso erstaunter war ich daher, als mir vor kurzem – es war ein sonniger und schöner Herbsttag im Oktober – direkt vor meiner Haustür in Männedorf ein Eichhörnchen über den Weg lief. Ich hatte gerade den Kompost geleert und war überhaupt nicht gefasst auf diese tierische Begegnung. Das Hörnchen hob den Kopf, blickte mich kurz an und hüpfte dann – eher gemächlich – zu einem der alten, grossen Nadelbäume, die in unserem Quartier stehen. Es kletterte den Stamm hoch und verschwand.
Die Sache machte mich neugierig. Wie kommt es, dass Eichhörnchen in einem zwar stark begrünten, aber doch sehr urbanen Quartier überleben können?
Im Internet stiess ich auf diverse Informationen zum Thema. Die Kernaussage lautete: Eichhörnchen stossen zunehmend in den menschlichen Siedlungsraum vor, weil sie dort oft mehr und einfacher Nahrung finden als in den Wäldern. Da stand sogar, dass sich dieser Effekt im Rahmen der Pandemie-Lockdowns vielerorts noch verstärkt hat.
Ich kann also zu Protokoll geben, dass ich ein urbanes Pandemie-Hörnchen auf Rückeroberung gesehen habe. Es handelt sich zwar streng genommen nicht um eine ehemals ausgestorbene Art. Aber immerhin! Nun warte ich darauf, dass mir auf unserem Quartierspielplatz ein Biber über den Weg läuft. Möglich ist alles.
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