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Debatte um Rahmenabkommen
Das Murren über die SP-Leitung wird lauter

Gegner des Rahmenabkommens: SP-Co-Präsident Cédric Wermuth.
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Der Schlussakt um das Rahmenabkommen könnte noch in diesem Monat folgen: Die Zeichen mehren sich, dass der Bundesrat an einem seiner nächsten Treffen die Verhandlungen mit der EU für gescheitert erklären wird.

Nun bäumen sich die Befürworter des Vertrags noch einmal auf. Für Gesprächsstoff sorgte am Wochenende eine Umfrage des Verbands Interpharma: 64 Prozent der Befragten sprechen sich darin für das Abkommen aus. Vor allem bei der Basis der SP resultierte eine sehr hohe Zustimmung von 81 Prozent.

In scharfem Kontrast dazu steht die offizielle SP-Position, die durch Co-Präsident Cédric Wermuth an der virtuellen Parteitagung vom Samstag wieder bekräftigt wurde. (Lesen sie auch das Interview mit Wermuth zum Thema Rahmenabkommen). Das Rahmenabkommen sei in der vorliegenden Form «inakzeptabel», erklärte Wermuth – und stützte damit einmal mehr den Kurs von Gewerkschaftspräsident Pierre-Yves Maillard, der das Abkommen vehement bekämpft, weil es den Schutz der Schweizer Löhne untergrabe.

Minderheit übt Druck aus

«Die Umfrage bestätigt, dass die meisten SP-Mitglieder proeuropäisch denken», sagt demgegenüber der Baselbieter Nationalrat Eric Nussbaumer. Mit seinem klaren Ja zum Rahmenabkommen gehört er innerhalb der SP-Fraktion einer Minderheit an – doch angesichts des absehbaren Scherbenhaufens übt diese Minderheit nun zunehmend auch Kritik an der eigenen Parteiführung.

«Wir sollten aufhören, Geschichten zu erzählen, die nicht stimmen.»

Eric Nussbaumer, Baselbieter Nationalrat

Nussbaumer wird jedenfalls deutlich: «Bei den Löhnen gibt es an der SP-Spitze ein Wahrnehmungsproblem: Es trifft einfach nicht zu, dass mit diesem Vertrag der Lohnschutz zum Abschuss freigegeben wäre, wie das Cédric Wermuth wieder gesagt hat.» Das Abkommen enthalte keine einzige Klausel, die auf einen solchen Plan hindeute. «Wir sollten aufhören, Geschichten zu erzählen, die nicht stimmen», so Nussbaumer.

Andere sehen es ähnlich. Wie die CH-Media-Zeitungen berichteten, meldete sich an der SP-Tagung unter anderem der angesehene Zürcher Alt-Regierungsrat Markus Notter mit einem Plädoyer für das Abkommen zu Wort: Es brächte den Arbeitnehmenden viele Vorteile. Und im «SonntagsBlick» forderte der Zürcher SP-Nationalrat Fabian Molina, dass sich die SP beim Lohnschutz bewegt: Es sei möglich, diesen innerhalb des europäischen Rechts zu gewährleisten. Daher brauche er nicht von den Verhandlungen ausgeschlossen zu werden.

EU-Kompromiss soll öffentlich werden

Für Eric Nussbaumer wiederum wäre es an der Zeit, dass der Bundesrat den Kompromiss öffentlich macht, den die EU der Schweiz vor kurzem offenbar vorschlug. In Umrissen ist das Angebot bekannt geworden: Das Prinzip «Gleicher Lohn für gleiche Arbeit» sollte demnach explizit im Abkommen verankert werden; die Schweiz dürfte hierzu Massnahmen ergreifen, solange sie konform mit dem EU-Recht sind. Das Problem, dass der EU-Gerichtshof die Schweizer Massnahmen allenfalls kassieren könnte, ist damit zwar nicht aus der Welt geschafft. (Lesen sie auch den Gastkommentar zum Vertrag mit der EU)

Nussbaumer erhofft sich aber trotzdem eine sachlichere Diskussion, ist der Wortlaut des Vorschlags erst einmal publik. Die Gefahr sei gross, dass der Bundesrat (aus Nussbaumers Sicht «europapolitische Nullnummern») die Verhandlungen scheitern lasse, ohne eine Alternative zu präsentieren.

Die neue Interpharma-Umfrage stärkt tendenziell die Befürworter weiterer Verhandlungen – allerdings ist die Umfrage selber nicht unumstritten. Die Kritiker des Abkommens werfen dem Forschungsinstitut GFS Bern vor, die Frage dergestalt formuliert zu haben, dass zwangsläufig mehr positive Antworten resultierten. Cédric Wermuth bezeichnete die Erhebung im «Blick» denn auch kurzerhand als «Gefälligkeitsgutachten für die Pharmalobby».

Doch selbst wenn die 81-prozentige Zustimmung das Stimmungsbild innerhalb der Linken nicht ganz präzise wiedergeben sollte: Die Diskussion über die europapolitische Ausrichtung dürfte weitergehen. Noch überzeugter vom Rahmenabkommen ist gemäss der Umfrage im Übrigen nur die Anhängerschaft der Grünliberalen. Dort freilich besteht kein Dissens mit der Parteiführung. Als bisher einzige Partei sprechen sich die Grünliberalen klar für das Abkommen aus.