Ihr Browser ist veraltet. Bitte aktualisieren Sie Ihren Browser auf die neueste Version, oder wechseln Sie auf einen anderen Browser wie ChromeSafariFirefox oder Edge um Sicherheitslücken zu vermeiden und eine bestmögliche Performance zu gewährleisten.

Zum Hauptinhalt springen

Streit um Erlöse aus ZH-Nummern
«Überlassen Sie das jenem, der es am besten kann, nämlich mir»

Diese Nummer brachte bisher am meisten ein: Jemand blätterte vor einem Jahr für das Blechschild ZH 100, präsentiert von Mario Fehr, nicht weniger als 226’000 Franken hin.
Jetzt abonnieren und von der Vorlesefunktion profitieren.
BotTalk

Die derzeitige Auktion des Zürcher Strassenverkehrsamts verläuft verhältnismässig unspektakulär: Für das Schild ZH 528 waren – Stand Montagnachmittag – 14’800 Franken geboten.

Schwungvoller war die Versteigerung von ZH 100 vor gut einem Jahr: Da zahlte ein Autofan die bisherige Zürcher Rekordsumme von 226’000 Franken für das Blechschild.

Im Jahr nimmt der Kanton mehr als 5 Millionen Franken bei Auktionen mit besonderen Nummern ein. 2022 betrug die Summe sogar 5,5 Millionen. Das Geld fliesst in die allgemeine Staatskasse und kommt somit den Spitälern, Schulen und Kantonsangestellten zugute.

Das wollten SVP, Mitte und FDP ändern. In einer Motion forderten sie, die Geldmittel in den Strassenfonds umzuleiten, der für Bau und Unterhalt der Kantonsstrassen angezapft wird.

Mitte-Politikerin wundert sich

Dieser Fonds ist – je nach politischer Einschätzung – im Wachstum oder kurz vor dem Kollaps. Motionär Karl Heinz Meyer (SVP) sagte, ab 2031 werde der Strassenfonds ins Negative fallen. Das sei eine Folge davon, dass nach einem Volksentscheid Gelder an den Unterhalt der Gemeindestrassen umgeleitet werden und dass die Eigentümerinnen und Eigentümer der immer grösser werdende Flotte der E-Autos nicht abgabepflichtig seien. Also brauche der Fonds dringend einen Zustupf.

Janine Vannaz (Mitte) sagte, der Strassenbau komme auch Fussgängern, Velofahrerinnen, Trams und Bussen zugute, nicht nur den Autos und Lastwagen. Dass die Regierung das Vorhaben bekämpft mit dem Argument, der Ersteigerer erkaufe sich bloss ein Nutzungsrecht eines Schilds und es bestehe somit kein Zusammenhang mit der Nutzung der Strassen, bezeichnete Vannaz als «lustige Interpretation», die «jeder Logik entbehrt». Der Fonds brauche dringend Geld – am besten aus den lukrativen Versteigerungen. Martin Huber (FDP) meinte knapp: «Wir führen zusammen, was zusammengehört.»

1,1 Millionen Franken für 1 Kilo Blech

Die Parteien der Klimaallianz, SP, GLP, Grüne, EVP und AL, bekämpften das Vorhaben. Franziska Barmettler (GLP) sprach von einem «Pflästerli» für den Strassenfonds. Viel eher solle man die Elektrofahrzeuge abgabepflichtig machen, die Verkehrsabgaben an die Teuerung binden oder das Verursacherprinzip einführen: «Wer mehr fährt, zahlt mehr.»

Donato Scognamiglio (EVP) fing an zu rechnen und war fasziniert. Es sei eine Riesenleistung, aus Blech so viel Gold zu machen, erklärte er. Geht man davon aus, dass ein Kontrollschild 200 Gramm wiegt, betrug der Blech-Kilopreis für die teuerste Nummer 1,1 Millionen Franken – während ein Kilo Gold derzeit 57’000 Franken kostet.

Er verstehe nicht, wie jemand für die Nummer ZH 888 194’000 Franken zahlen könne, sagte Scognamiglio. Doch er fügte selbstironisch hinzu, dass wohl viele auch nicht verstanden hätten, wie er so viel Geld in einen Wahlkampf stecken könne (er investierte 365’000 Franken für die Nationalratskampagne).

Entscheidend sei aber, dass die Motivation der Ersteigerer sinken könnte, wenn das Geld nicht mehr in die Staatskasse fliesse, so der EVP-Kantonsrat.

Fehr: «Irgendwie cool»

Sicherheitsdirektor Mario Fehr (parteilos), der für das Strassenverkehrsamt zuständig ist, sagte, er werde oft gefragt, ob er auch so viel Geld für ein Kontrollschild ausgeben würde. Er antworte jeweils, dass er damit zuerst ein Auto kaufen würde, da er keines besitze.

Aber er finde es «irgendwie cool», dass vermögende Personen so viel Geld ausgäben, das allen zugutekomme, sagte Fehr. Viele wüssten offensichtlich nicht, was sie mit ihrem Geld anfangen sollten. «Die Schilder scheinen für einige eine erotisierende Wirkung zu entfalten», stellte Fehr fest.

Dass der 320-Millionen-Fonds aber mit den 5 Millionen «gerettet» werde, glaubten wohl nicht einmal die Motionäre, fuhr Fehr fort und empfahl: «Überlassen Sie das jenem, der es am besten kann, nämlich mir.»

Der Kantonsrat folgte Fehr allerdings nicht und stimmte – hauchdünn – gegen ihn. Die Motion wurde mit 87 zu 86 Stimmen angenommen. Die Regierung muss also das Verkehrsabgabengesetz so anpassen, dass die Gelder in den Strassenfonds umgeleitet werden. Der ausgearbeiteten Vorlage muss dann erneut das Parlament zustimmen.