Restaurant übernommen und geschlossenDas bange Warten auf Lockerungen im Gastgewerbe
Für die neuen Pächter im Widenbad ob Männedorf und im Kafi Carl in Küsnacht stellen sich die Fragen, wann und unter welchen Bedingungen sie wieder öffnen können. Noch müssen sie sich in Geduld üben.
Entlang der Bergstrasse von Männedorf aus sind wegen der Corona-Krise merklich weniger Autos unterwegs, obwohl die Hauptstrasse zur nächsten grösseren Ortschaft, Oetwil, führt. Über die Mittagszeit nimmt in diesen Tagen das Verkehrsaufkommen allerdings zu. Einige Auto- und Velofahrer haben ein Ziel, den Parkplatz beim Landgasthof Widenbad. Dort steht unter einem roten Zeltdach auf gestapelten Holzpaletten eine improvisierte Küche, mit Pfannen und Platz für die Beilagen. Das Fleisch wird auf dem Holzkohlegrill zubereitet. Grillmeister ist Rolf Ruch, unterstützt von seiner Frau Sandra Ruch-Leuenberger. Sohn Roger spielt im Garten.
Während sich Gastrobetriebe mit Kurzarbeit und Notkrediten über Wasser halten, setzt das Pächterehepaar auf kreative Massnahmen. Am Montag gab es im Widenbad Drive-in als Take-away das Menü Trutenspiess mit Speck, verschiedenen Gemüsen und Pommes. «In vielen Fällen geht die Fahrt zurück ins Homeoffice», sagt Ruch-Leuenberger. «Wir lernen so Leute kennen, die wir hoffentlich schon bald als Kunden im Restaurant Widenbad begrüssen können.» Und überhaupt: Sie wolle nicht jammern. Im Gegenteil: «Wir lassen uns den Spass am Arbeiten nicht nehmen.» Man merke, dass Restaurants, Beizen und Bars den Menschen wichtig seien.
Ärger wegen Kleingedrucktem
Ärger setzte es für das Wirtepaar in diesen Tagen aber auch ab. Es hatte eine Versicherung im Falle einer Epidemie abgeschlossen. Als die Weltgesundheitsorganisation die Ausbreitung des Coronavirus als Pandemie einstufte, klammerten einige Versicherungen in ihren Bedingungen den Pandemiefall aus. Diese Ausschliessung im Kleingedruckten hatte den Zorn der Versicherten zur Folge.
Kurzarbeitsentschädigung wird im Widenbad bezogen, auf ein vom Bund verbürgtes Darlehen jedoch verzichtet. «Es geht auch anders», sagt die Geschäftsführerin, die im Januar, nach der Pensionierung ihrer Mutter Vreni Leuenberger, den Betrieb übernahm. Die Ruch Gastro GmbH wurde gegründet, und das Restaurant bekam den Zusatznamen «Schwiizer Chuchi überem Zürisee». «Was wir jetzt brauchen, ist ein Datum, an dem wir öffnen können, und Klarheit über die vom Bund gefassten Schutzmassnahmen. Dauert es länger, verpassen wir die wichtigen Sommermonate, und dann wird es schwierig.»
«Wir sind blockiert»
Mit Elan und grosser Vorfreude hat in Küsnacht ebenfalls ein Pächterehepaar in Angriff genommen, das beliebte Café Münz an der Bahnhofstrasse in eigener Regie weiterzuführen. Mit dem Pächterwechsel ändert auch der Name. Aus dem Café Münz ist das Kafi Carl geworden. «Der Name ist eine Hommage an meinen Vater Carl», sagt die Küsnachterin Chantal Wiebach. «Er war in der Kaffeebranche tätig.»
Zusammen mit Ehemann Matthias Schmutz, einem pensionierten Unternehmensberater, übernahm Wiebach Anfang April von Monika Schmidlin. Sie hatte den Gastrobetrieb 18 Jahre lang geführt. «Jetzt sind wir blockiert», betont die Quereinsteigerin im Gastgewerbe. Sie arbeitet Teilzeit beim kantonalen Amt für Jugend- und Berufsberatung und ist Trainerin für Stressbewältigung. Wiebach hält fest: «Mein Mann und ich verfolgen die Entwicklung der Pandemie achtsam.» Zurückhaltend redet sie über allfällige Überbrückungskredite, Kurzarbeit und Mietzinsreduktionen: «Wir haben alles unternommen, um die finanziellen Schäden klein zu halten und künftige Arbeitsplätze zu sichern.»
Wunsch nach Perspektive
«Der Bundesrat muss der Gastronomie nun dringend eine Perspektive geben», fügt Wiebach an. Das könnte noch in dieser Woche seinen Anfang nehmen. Eine allfällige Betriebserlaubnis des Bundes bedeutet aber noch lange nicht, dass es mit dem Wirten im alten Stil weitergeht. Falls sich die vom Bund erlassenen Schutz- und Hygienemassnahmen als sehr aufwendig erweisen sollten, dürfte eine grosse Rendite ausbleiben. «Die Wirtschaftlichkeit spielt eine entscheidende Rolle», bestätigt Wiebach. «Noch wichtiger ist aber, dass der Infektionsschutz gewährleistet ist.»
Fehler gefunden?Jetzt melden.