TV-Kritik «Tatort»Darf man Putin umbringen?
Der «Tatort» mit dem Titel «Tyrannenmord» stellt die richtigen Fragen, drückt sich aber um eine Antwort.
Nordkoreas Diktator Kim Jong-un ist schuld. Er soll ja als Jugendlicher eine Schule in Bern besucht haben, daraus hat Drehbuchautor Jochen Bitzer seinen «Tyrannenmord» konstruiert.
Es geht dabei gleich zur Sache. «Ist Gewalt eine Lösung?», wird zum Auftakt in der Schulstunde eines Rich-Kids-Internats bei Hannover diskutiert. Zum Beispiel: Hätte viel Unheil vermieden werden können, wenn auf Hitler rechtzeitig ein Attentat verübt worden wäre? Später fällt auch noch der Name Putin.
Ja, dieser «Tatort» ist brutal von der Aktualität eingeholt worden. Deshalb fällt seine grosse Schwäche noch stärker auf: Aus der spannenden Ausgangslage macht der Film (Regie: Christoph Stark) gar nichts. Sondern präsentiert am Schluss eine arg herbeikonstruierte Geschichte um eine amouröse Abhängigkeit zwischen einem Schüler und einem Lehrer. Keine Weltpolitik, sondern schmuddelige Internats-Interna.
Der Sohn des Diktators ist verschwunden
Dabei war der Beginn gut: In Deutschland wird der Staatsbesuch eines Despoten aus Südamerika erwartet, Bundespolizist Falke (Wotan Wilke Möhring) muss sich mit dem Personenschutz herumschlagen. Seine Laune wird nicht besser, als er zu einer heiklen Mission ins besagte Internat abberufen wird. Grund: Der dort eingeschulte Sohn des Diktators ist verschwunden – offiziell wird er, wie einst Kim Jong-un in Bern, als Sohn des Botschafters geführt.
Was ist los? Hat der Junge mithilfe seiner Freundin versucht unterzutauchen, weil er die Politik seines Vaters verachtet? Hat die Schulleitung die Hände im Spiel? Oder der Geheimdienst seines Heimatlandes (eines fiktiven Staates namens Orinaca)? Und welche Rolle spielt der Leibwächter, der dem Schützling auf Schritt und Tritt folgt? Gespielt wird Letzterer übrigens vom eindrucksvollen José Barros, den man aus den Schweizer Filmen von Dominik Locher («Goliath») kennt.
Zum Schluss gibts noch Plattitüden
Fragen über Fragen. Aber eben. Wie schon im Schwurbler-«Tatort» aus Münster vor zwei Wochen wird hier ein brisantes Thema vollständig entpolitisiert. Und der Film endet mit Plattitüden, wo dann der Kommissar Sätze sagen muss wie: «Anständige Schulbildung sollten alle kriegen. Nicht nur die mit Kohle.»
Der arme Bundespolizist Falke hat es aber noch aus einem anderen Grund schwer im «Tyrannenmord». Seine gewohnte Partnerin Julia Grosz (Franziska Weisz), die im letzten Fall des Teams gar befördert worden war, darf nicht an seiner Seite im Internat ermitteln. Sie agiert nur im Hintergrund, an ihre Stelle rückt ein beflissener Dorfpolizist.
Weshalb? Das wissen nur die Macher dieses «Tatorts». Am Schluss geben sie den beiden Kommissaren doch noch eine Szene zusammen. Dort versichern sie sich gegenseitig, dass es langweilig gewesen sei ohne den andern.
Eben.
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