Kolumne «Miniaturen des Alltags»Dank Netflix und Co. flimmert es im Kopf statt am Bildschirm
Redaktor Nicola Ryser hat in der grossen Flut der Streamingdienste den Überblick verloren.
Zurzeit sehe ich oft fern. Mehr als sonst. Vielleicht ist es die Pandemie, die uns zu Hause zu einem gewissen Grad «einsperrt». Vielleicht ist es der bislang eher nasskalte Frühling. Oder vielleicht bin es einfach ich selbst. Was ich jedoch weiss: Wenn ich die Glotze einschalte, kann ich abschalten.
Meine Präferenz: Sport. Es gibt keinen grossen Event, den ich nicht verpassen will. Hierbei kann ich mich glücklich schätzen, lebe ich doch in der reichhaltigsten Epoche in der Geschichte des Sportfernsehens. Egal, welchen Anlass ich schauen will, ich finde einen Sender, der ihn überträgt. Doch das hat seinen Preis – buchstäblich.
Will ich den Fussballklassiker zwischen Barcelona und Real Madrid sehen? Kein Problem, das Angebot steht bei fast 10 Franken auf Blue. Vielleicht wäre da ein Monatsabo auf DAZN aber sinnvoller, dann kann ich alle Spiele aus Spanien schauen. Will ich bei den Bundesliga-Spielen mitfiebern, könnte ich auch Skysport abonnieren. Oder habe ich doch mehr Lust auf Tennis? Dann reicht mir die App von Tennis TV, notabene monatlich circa 14 Franken wert.
So sehen aktuell meine Gedankengänge aus, jeder Monat ist ein monetäres Abwägen von Streamingdiensten, das digitale Fernsehen verkommt zum Monopoly. Das beginnt beim Sport und endet bei meiner Passion Nummer zwei, dem Filmeschauen. Zwar kann ich dort auf eine eigene DVD- und Bluray-Sammlung zurückgreifen. Und doch konnte ich der Verführung nicht widerstehen, auch die Streaming-Giganten Netflix und Disney+ zu abonnieren.
Die Folge: Vor lauter Bäumen sehe ich den Wald nicht mehr. Und musste am Sonntag feststellen, dass ich plötzlich nicht mehr über einen, sondern gleich drei Netflix-Accounts verfüge. Durch die Flut an Streamingdiensten flimmert es langsam mehr in meinem Kopf als am Bildschirm. Vielleicht täte da gut, den Fernseher wieder mal abzuschalten – um abzuschalten.
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