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Premiere im US-Süden
Trans Frau Danica Roem holt Senatssitz im konservativen Virginia

RICHMOND, VA - APRIL 3:  Delgate Danica Roem poses for a portrait Wednesday, April 3, 2019 at the state Capitol in Richmond, Va. (Photo by Julia Rendleman for The Washington Post via Getty Images)

Danica Roem fühlte sich früh fremd in ihrem damaligen Bubenkörper. In der fünften Klasse ahnte sie schon, dass sie transgender war. Nur fürchtete sie sich vor einem Coming-out. «Sie hätten mich verprügelt», sagte sie später in einem Interview.

Jetzt wissen die ganzen Vereinigten Staaten, dass Danica Roem eine trans Frau ist, seit 2013, als sie medizinisch ihr Geschlecht ändern liess. Am Dienstag hat die 39-Jährige gemäss Hochrechnungen einen Senatorensitz des Bundesstaats Virginia erobert. Es ist eine Premiere im Süden der Vereinigten Staaten. Roems erster Rekord ist es aber nicht. Bereits 2017 war die Lokaljournalistin und Sängerin einer Thrash-Metal-Band die erste trans Person, die in das Abgeordnetenhaus von Virginia, ja überhaupt in ein Parlament eines US-Bundesstaats gewählt wurde.

Allerdings musste Roem dafür einen ekelhaften Wahlkampf über sich ergehen lassen. Ausgerechnet gegen einen erklärten Homophoben war sie 2017 für ihr erstes politisches Amt angetreten, zu einem Kampf David gegen Goliath. Ihr Gegner, ein Republikaner, hatte schon 13 Legislaturperioden lang seinen Distrikt an den Rändern der Hauptstadt Washington vertreten.

NEW YORK, NEW YORK - OCTOBER 02: Contest winner Danica Roem speaks onstage during TLC's Give A Little Awards 2019 on October 02, 2019 in New York City.   Cindy Ord/Getty Images for TLC/AFP (Photo by Cindy Ord / GETTY IMAGES NORTH AMERICA / Getty Images via AFP)

Wilde Sauflieder, professionelle Lokalpolitik

Er liess keine Gelegenheit aus, unter die Gürtellinie zu zielen. Roem musste sich anhören, sie habe ihr Geschlecht geändert, weil ihr Vater durch Suizid starb, als sie drei Jahre alt war. Der Grossvater, der für sie die Vaterfigur war, habe als männliches Rollenmodell versagt. Jeder direkten Debatte verweigerte sich ihr Gegner, konsequent bezeichnete er sie als Mann, benutzte die männlichen Personalpronomen.

Roem liess sich nicht einschüchtern. Als Sängerin ihrer Lokalband Cab Ride Home («Taxifahrt nach Hause») war sie für wilde Partys und Sauflieder mit Titeln wie «Drunk on Arrival» («Betrunken bei der Ankunft») bekannt.

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Als Politikerin hingegen gab sie sich professionell und antwortete kühl, sie interessiere sich gerade mehr dafür, wie sich das Problem der ständig verstopften Route 28 in ihrem Wahlbezirk lösen liesse. Zudem zog sie eine professionelle Spendenkampagne auf, sammelte Geld aus dem ganzen Land, vor allem aus dem progressiven Lager und der LGBTQ*-Gemeinde. Mit Erfolg: Ihre Wahlkampfkasse war dreimal grösser als die ihres Gegners, Roem liess an nahezu alle Türen in Prince William County klopfen.

Die Sensation gelang. 54 Prozent der Wahlberechtigten gaben Roem ihre Stimme, sie wurde die erste Parlamentarierin in einem US-Bundesstaat, die offen ihre trans Identität lebt. Zweimal schaffte sie die Wiederwahl, wobei sie in ihren Kampagnen ihren Kampf gegen den Verkehrskollaps und für die Gesundheitsversorgung hervorstrich. Über ihr Geschlecht und ihre Sexualität spricht sie offen, ins Zentrum stellen will sie dies jedoch nicht, obwohl sie sich für Politik zu interessieren begann, als der konservative Präsident George W. Bush gleichgeschlechtliche Ehen in der Verfassung verbieten wollte.

Alltagskampf liegt Wählern näher als der Kulturkampf

Mit bürgernahen Themen ist Roem in den jüngsten Wahlkampf gezogen. Ihr Herausforderer redete hauptsächlich über trans Kinder im Schulsport, sie dagegen wieder über die Route 28, die – wenig überraschend – noch immer täglich verstopft ist.

Funktioniert hat die Angstkampagne der Republikaner nicht. Genderthemen sind in den USA durchaus umstritten, besonders, wenn es Kinder im Schulalter betrifft. Jenseits der schrillen Rhetorik in der Öffentlichkeit gehen viele Amerikaner im Alltag aber sehr pragmatisch mit vielen Kulturkampfthemen um. Schon bei den Zwischenwahlen 2022 konnten die Republikaner damit nur begrenzt punkten.

Die Wahlen in Virginia von diesem Dienstag gelten als Stimmungsmesser vor den landesweiten Wahlen im kommenden Jahr. Zuletzt sind die Demokraten und Präsident Joe Biden in Umfragen zunehmend unter Druck geraten. Doch in Virginia konnten sie die Mehrheit im Senat verteidigen, nach der die Republikaner gegriffen hatten, und sogar das Abgeordnetenhaus zurückerobern. Auch dank Danica Roem, der ersten transgender Senatorin in Virginia.