Neues Projekt im Schweizer SportDie Fans zahlen Geld an ihre Clubs – und werden am Erfolg beteiligt
Den Schweizer Sportclubs fehlt notorisch oft Geld. Ein Start-up will nun eine neue Quelle anzapfen: bei den Fans. Ein erster Verein macht schon mit.
Sich bei seinem Lieblingsclub einbringen. Dabei helfen, Transfers voranzutreiben. Und, im Endeffekt, Titel zu gewinnen: Was klingt wie aus dem Karrieremodus auf einer Spielkonsole, soll für Fans durch ein Schweizer Unternehmen möglich werden.
Durch die Plattform Crowdtransfer können Fans Geld an ihr Lieblingsteam spenden, mit denen dann beispielsweise neue Spielerinnen oder Spieler gekauft werden. Im Gegenzug werden die Spenderinnen und Spender am Erfolg finanziell beteiligt. Pro erzieltem Tor oder gewonnenem Punkt fliesst ein Teil der Investition zurück. So einfach soll das werden: Zu Beginn einer Saison können die Fans einsteigen, am Ende wird abgerechnet.
«Wir wollen das Projekt für die Fans mit Erfolgsbeteiligungen und Gamification-Elementen spannender gestalten», sagt Leroy Bächtold. Der Geschäftsführer von Crowdtransfer ist selbst grosser Fussballfan und möchte in einer Zeit der Kommerzialisierung die Fans wieder ins Zentrum rücken.
Erstes Projekt läuft bereits
Doch das Mitspracherecht der Fans ist begrenzt. «Es gibt keine Umfragen, welcher Spieler spielen soll», so Bächtold. Auch darauf, welche Spieler verpflichtet werden sollen, haben die Unterstützer keinen Einfluss. Das verbieten seit 2015 die Regeln der Fifa in Bezug auf die «Third Party Ownership», also Drittpersonen, die Vereinen Geld zur Verfügung stellen und dann am Weiterverkauf beteiligt werden. Zudem sagt Bächtold: «Die Vereine müssen das Geld für den Kader einsetzen. Sie dürfen damit keine Schulden abbauen.»
Das erste Projekt von Crowdtransfer läuft bereits. Zusammen mit den Frauen des Grasshopper-Clubs Zürich hat die erste Sammelaktion begonnen. Am Mittwochabend des 11. September ist auf der Website von CrowdTransfer folgender Zwischenstand zu sehen: 15’320 Franken wurden bisher gesammelt. Das definierte Ziel: 50’000 Franken. Verbleibende Zeit: 49 Tage.
«Wir konnten in den ersten drei Wochen bereits 15’000 Franken sammeln. Das ist viel Geld. Neben der Summe sind wir aber begeistert, dass der Visionaries-Club schon 80 Mitglieder zählt», sagt Christoph Schliewe, Leiter Business Development bei den GC-Frauen. «Bei uns herrscht also keinesfalls gedrückte Stimmung. Nun wollen wir die Menschen weiter von uns und unseren tollen Spielerinnen begeistern und den nächsten Meilenstein erreichen: 100 Mitglieder im Visionaries-Club.»
Als «Visionaries-Club» gelten die Spenderinnen und Spender, die je nach Höhe der Finanzierung unterschiedliche Geschenke erhalten. Bei 200 Franken gibt es einen Fanschal, bei 500 Franken ein VIP-Erlebnis bei einem Heimspiel und bei 5000 Franken ein «Meet and Greet» mit den Spielerinnen.
Zusätzlich erhalten die Unterstützerinnen auch bei GC gewisse «Rewards» – Belohnungen –, die abhängig von der Leistung sind. Tore, Punkte, Zuschauerschnitt, Tabellenplatz – all das fliesst ein. Die maximale Rückzahlung an die Fans liegt bei 200 Prozent. Dass es so weit kommt? Quasi unmöglich. Auch eine Rückzahlung von 100 Prozent ist alles andere als wahrscheinlich.
Fehlt es an Sponsorengeldern?
Es ist kein Anlageprojekt, das mit der Hoffnung auf Gewinn betrieben werden sollte. Vielmehr soll es laut Bächtold die Fan-Club-Bindung erhöhen. «Für die Vereine ist es vor allem auch aufgrund des Fan-Engagements eine spannende Sache. Damit man die Leute – allen voran im Frauenfussball – vermehrt im Stadion antrifft.»
Doch warum sollen die Fans ihre Clubs noch mehr unterstützen, als sie es bereits durch den Kauf von Fanartikeln und Tickets tun? Fehlt es an Sponsorengeldern? «Die Kampagne dient nicht als Ersatz für ein Sponsoring, sondern vielmehr als weiterer Zugang zur GC-Familie. Diese wollen wir möglichst gross und divers gestalten. Deshalb ist eine Saisonmitgliedschaft schon ab 50 Franken möglich», sagt Schliewe.
Der Unterschied für Vereine, sich durch Crowdtransfer finanzieren zu lassen anstatt durch Anteile am Club, besteht darin, dass das Geld der Fans als nachrangiges Darlehen bei den Vereinen abgebildet wird und dazu nicht rückzahlungspflichtig ist. Das Start-up erhebt bei den Finanzierungen eine Transaktionsgebühr von einem Prozent. Da immer zwei Transaktionen anfallen, bleiben zwei Prozent beim Unternehmen.
Bald will Crowdtransfer die nächsten Kooperationen bekannt geben und in anderen Sportarten aktiv werden. «Wir haben mit Fussball gestartet, weil wir selbst grosse Fussballfans sind. Doch wir haben schon Verträge mit diversen Eishockeyclubs unterschrieben, das wird voraussichtlich nächstes Jahr kommen», so Bächtold.
Ob im Schweizer Sport bald die ersten Transfers durch Fangelder getätigt werden können, wird sich weisen. Erst einmal müssen die Fans davon überzeugt werden, dass mit ihrem Geld nachhaltig und klug gewirtschaftet werden kann. Nur schon da dürften einige Schweizer Clubs an ihre Grenzen stossen.
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