Ihr Browser ist veraltet. Bitte aktualisieren Sie Ihren Browser auf die neueste Version, oder wechseln Sie auf einen anderen Browser wie ChromeSafariFirefox oder Edge um Sicherheitslücken zu vermeiden und eine bestmögliche Performance zu gewährleisten.

Zum Hauptinhalt springen
Meinung

Kommentar zum Ja zum Covid-Gesetz
Jetzt braucht es eine unabhängige Aufarbeitung der Pandemie

Die Pandemie hat schwere Mängel in der Schweizer Gesundheitspolitik offenbart, die Schweiz muss sie aufarbeiten: Massnahmengegner demonstrieren 2021 in Genf. 
Jetzt abonnieren und von der Vorlesefunktion profitieren.
BotTalk

Die Antwort war überaus deutlich: Zum dritten Mal hat das Stimmvolk den Schweizer Kurs zur Bewältigung der Covid-Pandemie gestützt. Das Ja von 62 Prozent ist ein Zeichen der Souveränität. Die Schweizer Bevölkerung hat sich nicht auf die Polemik der Gegner rund um die Freunde der Verfassung und Mass-voll eingelassen. (Hier gehts zur Übersicht aller Abstimmungsresultate

Spätestens mit diesem dritten Ja würden viele das Thema Corona nun am liebsten endgültig vergessen. Und damit auch die Konflikte, welche die brutalen Einschnitte ins Alltagsleben mit sich brachten. Den Streit ums Impfen. Das Zertifikat. Die gesperrten Parks. Die abgeriegelten Altersheime. Das bizarre Gezanke um (nicht) geschlossene Terrassen in Skigebieten. Weg mit alldem!

Aber das wird nicht klappen. Und falsch wäre es auch.

Es gibt keine politische Gesamtschau. Keinen Überblick.

Die Pandemie hat schwere Mängel in der Schweizer Gesundheitspolitik offenbart, man erinnere sich an Fax-Probleme des Bundesamts für Gesundheit, die Knappheit von Intensivbetten oder die endlosen Streitereien zwischen dem Bundesrat und den Kantonen.

Es liegen heute verschiedene Berichte vor, die Aspekte der Pandemieabwehr aufgearbeitet haben. Am tiefsten hat bisher die Bundeskanzlei gegraben, sie hat sich die Rolle des Bundesrats und der Bundesverwaltung im Detail angeschaut. Das Bundesamt für Gesundheit, das Staatssekretariat für Wirtschaft und die Geschäftsprüfungskommissionen des Parlaments haben ebenfalls gearbeitet. Und seitens Wissenschaft gibt es eine wahre Flut von Daten und Studien. 

Aber: Es gibt keine politische Gesamtschau. Keinen Überblick.

Die Corona-Bekämpfung lässt sich als gigantisches politisches Projekt sehen, das neben schweren gesellschaftlichen Folgen auch unvorstellbare Kosten verursacht hat. Allein die noch nicht zurückgezahlten Corona-Kredite erreichen Milliardenhöhe. Und was ist eigentlich mit den Long-Covid-Betroffenen?

In jeder Projektplanung findet sich am Ende ein Punkt «Evaluation». Man will wissen: Was hat funktioniert, was ging daneben? Ein sorgfältiger Blick in den Spiegel ist oft schmerzvoll, aber eigentlich immer lehrreich.

Kein Zutritt zum See: Solche Elemente der Corona-Abwehr wollen viele schnellstmöglich vergessen.

Einer Debatte dazu wird die Schweiz womöglich ohnehin nicht entkommen. Massnahmenskeptische Kreise sammeln derzeit Unterschriften für eine Aufklärungsinitiative. Sie wollen zahlreiche Fragen zur Pandemie beantwortet haben – von der Wirksamkeit der Corona-Tests bis zu den Sterblichkeitsraten – und dafür eine Sonderkommission einsetzen.

Die Konflikte schwelen weiter – wer hier widerspricht, beginne an einer grösseren Tischrunde eine Impfdiskussion.

Man wird diese Initiative ablehnen müssen, sollte sie vors Volk kommen. Verschiedene Elemente davon spotten jeder Rechtsstaatlichkeit, zum Beispiel wollen die Initianten ein Sondertribunal einsetzen.

Aber das Anliegen dahinter ist bedenkenswert. Man sollte den Initianten zuvorkommen. Warum nicht eine unabhängige und praxisnahe Expertenkommission einsetzen, die eine Gesamtschau vornimmt?

Ein solcher Schritt könnte zur Abmilderung der Konflikte in der Gesellschaft beitragen. Diese schwelen weiter (wer hier widerspricht, beginne an einer grösseren Tischrunde eine Impfdiskussion). Auch wenn manche «Corona-Wunde» wohl nie ganz verheilen wird: Anzuerkennen, dass manches anders hätte laufen müssen, kann helfen. Es wäre ein Zeichen der Souveränität.