NBA-Playoff: Karl-Anthony TownsCorona nahm ihm sieben Familienmitglieder
Kaum ein Sportler litt so unter der Pandemie wie der NBA-Center. Nach dem Tod seiner Mutter verlor er den Antrieb, nun hat er Minnesota ins Playoff geführt.
Während seine Mitspieler den Playoff-Einzug euphorisch feierten, hielt sich Karl-Anthony Towns vornehm zurück. Es war kein guter Auftritt des 26-Jährigen gewesen in diesem entscheidenden Spiel für die Minnesota Timberwolves. Die Szene zeigt seinen Charakter und sein Verständnis eines Anführers: Towns will nicht allein im Mittelpunkt stehen, sondern alle Mitspieler mit ins Boot holen. Um zu der Erkenntnis zu kommen, dass ein Leader nicht immer laut sein muss, musste der Basketballer aber erst sechs Jahre in der NBA spielen – und einen schweren Verlust verarbeiten.
Kaum ein Sportler litt so stark unter der Pandemie wie der Sohn eines US-Amerikaners und einer Dominikanerin. Towns verlor sieben Familienmitglieder an das Virus, darunter die wichtigste Person in seinem Leben und gleichzeitig seinen grössten Fan: Mutter Jacqueline Cruz-Towns. Nach ihrem Tod verlor er den Antrieb: «Sie war der Grund, weshalb ich überhaupt Basketball spiele», sagte er später gegenüber ESPN. Als sie starb, hinterfragte sich Towns: «Wieso mache ich das überhaupt?»
Er fiel in ein Loch. Nach dem Tod seiner Mutter dauerte es aufgrund der Pandemie acht Monate, bis die Timberwolves wieder in die Saison starteten. Es war eine schwierige Saison für Towns und sein Team, die ersten anderthalb Monate verpasste der Star der Franchise grösstenteils verletzt. Als er zurückkehrte, lieferte er statistisch gesehen zwar gute Werte ab, doch war ihm anzumerken, dass sein Fokus nicht vollständig auf dem Basketball lag.
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Minnesota verlor einen Grossteil der Spiele, verpasste das Playoff klar. Wie so oft in diesem Jahrtausend, daran konnte auch der erste Pick im NBA-Draft von 2015 nichts ändern. Die Zweifel an Towns Mindset, die ohnehin schon bestanden, wurden immer grösser. Der eigentlich so talentierte Center habe nicht das Zeug zum Anführer, er sei kein «Championship-Material», wie sie in den USA sagen. Die Zeit, solch schwere Verlust zu verarbeiten, wird den Profis in der kalten Welt des Sports nicht zugestanden – erst recht nicht, wenn einer jährlich rund 31,5 Millionen Dollar verdient.
Doch «KAT» brauchte diese Zeit, um einen neuen Antrieb zu entwickeln – und um zu erkennen, dass auch sein eigener Weg der richtige sein kann. Zu lange hatte er versucht, den Erwartungen anderer gerecht zu werden. «Ich wollte die Anforderungen erfüllen, die viele an einen Leader haben. Ich habe nie darüber nachgedacht, wie ich diese Rolle gestalten will.» Seine Vorstellung eines Anführers hat man während der gesamten Saison 2021/22 gesehen. Towns geht auf dem Feld stets als gutes Beispiel voran, doch die lauten Ansagen überlässt er meist anderen.
Nach dem Match seines Lebens wollte er der Mutter eine Nachricht schreiben – als er sich dabei erwischte, begann er zu weinen.
Bei der Suche nach dem Sinn des Sports half ihm auch seine Freundin Jordyn Woods. Das US-Model verlor im Alter von 19 Jahren seinen Vater, als Towns Mutter starb, konnte Woods ihm aufgrund ihrer eigenen Erfahrungen helfen. So wurde aus den Freunden ein Paar. Mittlerweile helfe ihm seine Freundin sogar bei der Videoanalyse, sagt Towns: «Sie liebt Basketball genauso sehr, wie meine Mutter es tat. Sie hat mir den Spass daran zurückgebracht.»
Dies merkte man ihm auf dem Court an: Towns spielte eine hervorragende Saison. Zum dritten Mal in seiner Karriere wurde er zum All-Star gewählt, er gehört ligaweit zu den besten Skorern und gilt auf seiner Position als einer der besten Schützen der Geschichte. Der Höhepunkt war das Spiel gegen San Antonio, als er mit 60 Punkten seinen eigenen Rekord für die höchste Punktezahl eines Timberwolves-Spielers brach. Wie immer war Mutter Jackie in Gedanken mit dabei. Nach dem Match seines Lebens wollte er ihr eine Nachricht schreiben, als er sich dabei erwischte, begann er zu weinen. «Das war ein Moment für uns, sie hätte es geliebt», sagte Towns danach.
Es gibt sie natürlich noch immer, diese Momente der Trauer, doch Towns hat die Antwort auf die Frage, weshalb er noch Basketball spiele, gefunden. Ein wichtiger Faktor sind seine Mitspieler. «KAT» fühlt sich von seinem Team wertgeschätzt. Dafür ist er dankbar, denn er weiss auch, dass es anders sein kann. «Ich wurde nie gefeiert, das macht es jetzt noch viel schöner», sagte er gegenüber «The Athletic».
Der wichtigste Teil der Saison steht aber erst bevor. Gemeinsam mit seinem Team wird Towns versuchen, Minnesota zum ersten Gewinn einer Playoff-Serie seit 2004 zu führen. Im Duell mit den in der Western Conference zweitplatzierten Memphis Grizzlies sind die Timberwolves Aussenseiter. Towns bringt das aber nicht aus der Ruhe, denn er weiss: Den schwierigsten Kampf hat er hinter sich.
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