Kehrtwende in der RegierungBundesrat will sich Teilnahme an Copernicus-Programm nicht leisten
Die Schweiz soll nun doch nicht am EU-Programm zur Beobachtung der Erde und des Klimawandels teilnehmen. Das hat der Bundesrat entschieden – gegen den Willen des Parlaments und Vereinbarungen mit der EU.
Tausende verendete Pinguin-Küken, das heisseste Jahr seit Beginn der Aufzeichnungen: Solche Meldungen stützen sich auf Daten von Copernicus. Die Schweiz wollte am EU-Programm zur Erdbeobachtung teilnehmen. Nun verzichtet sie vorläufig darauf. Der Bundesrat begründet dies mit der angespannten Finanzlage des Bundes.
Eine Beteiligung würde zu zusätzlichen Ausgaben führen, schreibt das Departement von Umweltminister Albert Rösti. Dafür bestehe derzeit kein Spielraum. Deshalb solle die Schweiz nicht an der aktuellen Periode des Programms teilnehmen, die bis Ende 2027 läuft.
Ein Beitritt in der nächsten Programmgeneration ab 2028 wird laut dem Bundesrat in der laufenden Periode geprüft. Für eine Teilnahme der Schweiz an Copernicus müsste ein bilaterales Abkommen mit der EU ausgehandelt werden.
Mit der EU schon vereinbart
Darauf hatten sich die Schweiz und die EU eigentlich bereits verständigt: Die Absicht ist im «Common Understanding» verankert, auf dem die aktuellen Verhandlungen mit der EU über die bilateralen Verträge basieren. «Die Diskussionen über die Teilnahme der Schweiz an Copernicus sollen beginnen», heisst es darin.
Copernicus wurde 1998 von der EU und der Europäischen Weltraumorganisation (ESA) gestartet. Es stützt sich auf Satelliten und Bodenanlagen, um die Erde zu beobachten. Damit werden Daten zu gewonnen, die sich für umwelt- und sicherheitsrelevante Fragestellungen auswerten lassen.
Klarer Auftrag des Parlaments
Mit seinem Entscheid verletzt der Bundesrat nicht nur die Abmachungen mit der EU – er widersetzt sich auch einem Auftrag des Parlaments: Vor einem Jahr hatten National- und Ständerat einen Vorstoss zu Copernicus diskussionslos angenommen. Der Bundesrat wird damit beauftragt, die nötigen Schritte für die Teilnahme der Schweiz am Programm zu unternehmen.
Die Schweiz habe im Gegensatz zu den meisten anderen europäischen Ländern kein eigenes Erdbeobachtungsprogramm, begründete Nationalrat Marco Romano (Mitte/TI) seine Motion. Hochschulen und Software-Industrie würden dies seit Jahren fordern.
Weiter riskiere die Schweiz bei einer Nichtteilnahme am 2014 gestarteten europäischen Erdbeobachtungsprogramm, dass Technologiewissen verloren gehe. Zudem könnten Arbeitsplätze bei Zulieferern ins Ausland verlagert werden, wenn die Schweiz sich nicht aktiv am Programm beteilige.
Das Umweltdepartement von Bundesrat Albert Rösti schreibt zum Auftrag des Parlaments auf Anfrage: «Bei der Umsetzung von Motionen hat der Bundesrat in zeitlicher Hinsicht einen grossen Handlungsspielraum. Der Bundesrat beteiligt sich lediglich nicht an der Periode 2021 bis 2027. Gleichzeitig hat er das UVEK beauftragt, eine mögliche Teilnahme ab 2028 zu prüfen.»
Fehler gefunden?Jetzt melden.