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Brauerei vor Schuldenberg
Chopfab hatte schon vor Corona massive Zahlungs­probleme

WINTERTHUR 10.07.17 Brauerei Doppelleu in Winterthur. Abfüllanlage Fässer. © Samuel Schalch / Tages-Anzeiger

Dieser Tage geht es für die Winterthurer Brauerei Chopfab Boxer – bekannt für die schwarzen Bierdosen – und ihre 90 Angestellten um die Existenz. Wie diese Woche herauskam, sitzt das Unternehmen auf einem Schuldenberg und will sich nun mithilfe der Appenzeller Brauerei Locher, die sich mit Quöllfrisch einen Namen machte, mit frischem Kapital versorgen.

Zum Ausmass der finanziellen Misere machte Brauereichchef Philip Bucher vor den Medien keine Angaben, jedoch zu den Gründen. Er gab der Corona-Pandemie die Schuld, durch die das Wachstum der Brauerei abgeflacht sei. Ebenfalls dazu beigetragen hätten die Ukraine-Krise und die höheren Preise für Rohstoffe und Energie. Zudem hätten sich die empfindlich gestiegenen Kreditzinsen negativ auf die Profitabilität ausgewirkt.

Das verwundert, sind gerade die gestiegenen Zinsen kein Phänomen, das Chopfab allein trifft. Und doch geraten andere Unternehmen deswegen nicht gleich in Schieflage. Vielmehr nahmen Branchenkenner das rasche Wachstum des Unternehmens schon lange mit Erstaunen zur Kenntnis.

Mit der Übernahme von Boxer übernommen

Erst 2012 gegründet, mauserte sich das Unternehmen nach Einschätzung der «Handelszeitung» in nur wenigen Jahren zur Nummer 6 der Brauereien in der Schweiz. 2017 folgte dann sogar die Fusion mit der Bauerei Boxer aus der Romandie, die zum Verkauf gestanden hatte – spätestens damit wurde Chopfab im ganzen Land bekannt. Doch wuchs die Brauerei vielleicht zu schnell und auf der Basis von unsoliden Finanzen?

Denn wie Recherchen dieser Redaktion nun zeigen, hatte Chopfab Boxer schon vor der Corona-Pandemie finanzielle Probleme. Immer wieder finden sich in Betreibungsregister­auszügen auch für die Jahre vor Corona Einträge über Betreibungen, Konkursandrohungen und Pfändungen. Sie erreichen teilweise mittlere sechsstellige Summen. Ein Zahlungsbefehl aus der Pandemiezeit beläuft sich sogar auf über eineinhalb Millionen Franken.

Vor allem die Pfändungen lassen aufhorchen, denn solche werden bei Firmen meist von Sozialversicherungen durchgeführt. Sprich: wenn beispielsweise die Beiträge für die AHV der Angestellten nicht bezahlt wurden.

WINTERTHUR 10.07.17 Brauerei Doppelleu in Winterthur. Geschäftsführer Philip Bucher posiert für ein Portrait in der neuen Produktionshalle. © Samuel Schalch / Tages-Anzeiger

Auf Anfrage bestätigt Brauereichchef Philip Bucher frühere finanzielle Engpässe: Die Unternehmensgeschichte weise verschiedene Etappen auf, in denen stark investiert worden sei, schreibt er. «Die Übernahme der Boxer AG 2017 stellte beispielsweise eine solche Investitionsetappe dar, in der wir aufgrund hoher Investitionssummen in einen finanziellen Engpass gerieten.» Jedoch seien jeweils alle Löhne, die Altersvorsorge und die Sozialbeiträge der Mitarbeitenden beglichen worden.

Millionen an Biersteuern zu spät bezahlt

Wie gross die Misere des Unternehmens inzwischen ist, belegt ein Betreibungsregisterauszug aus dem letzten Jahr. Mehrfach konnte Chopfab Boxer zuletzt die sogenannte Biersteuer erst verspätet bezahlen. Manchmal nahm das Geld auch den Umweg über das Betreibungsamt. Bei den fünf Positionen handelt es sich gesamthaft um einen Betrag von rund drei Millionen Franken.

Die Biersteuer muss jede Brauerei auf das fertig produzierte Bier bezahlen, sobald es die Brauerei verlässt oder dort ausgeschenkt wird. Pro 100 Liter beträgt diese bei normalem Bier 25.32 Franken. Brauereichef Bucher bestätigt den Sachverhalt: «Die Biersteuer ist eine der höchsten Kostenpositionen in unserer Branche und beläuft sich auf mehrere Millionen Franken pro Jahr.» Bundes- und Gemeindesteuern seien aber immer alle bezahlt worden, schreibt er auf Nachfrage.

Der rettende Deal für Chopfab mit Locher könnte nun in den nächsten Tagen zustande kommen. Dieser setzt aber voraus, dass die Gläubiger Einbussen in Kauf nehmen. Wie Bucher in einem früheren Artikel sagte, haben die Banken in einen wesentlichen Schuldenschnitt eingewilligt, ausserdem soll das Aktionariat zu 100 Prozent auf seine Darlehensforderungen verzichten. Diese Woche haben schliesslich Lieferanten Post erhalten: In einem Brief, der dieser Redaktion vorliegt, wurden sie gebeten, auf die Hälfte ihrer gegenwärtigen Forderungen zu verzichten – um einen Konkurs zu verhindern, bei dem sie viel mehr verlieren könnten.