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Fussball-Phänomen Chappuis
Hier kennt ihn kaum einer, in Thailand ist dieser Schweizer ein Superstar

CHIANG RAI, THAILAND - 2021/01/31: Charyl Chappuis of Port FC seen in action during the Thai League 2020 match between Chiangrai United and Port FC at Singha Stadium.
(final score; Chiangrai United 1:2 Port FC). (Photo by Amphol Thongmueangluang/SOPA Images/LightRocket via Getty Images)
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In Kürze:
  • In der Schweiz schafft U-17-Weltmeister Charyl Chappuis den Durchbruch nicht. Da kommt das Angebot aus Thailand gerade richtig.
  • Mit seinem Aussehen sticht er in Thailands Nationalteam heraus. Er wird zum Frauenschwarm mit über einer Million Follower.
  • Der Erfolg als Werbefigur und Teenieidol macht ihn vermögend. Bringt ihm aber auch die Missgunst der Teamkollegen ein.
  • Er lebt mit seiner Frau Helena in Bangkok und will ein Haus auf Phuket bauen.

Kürzlich ist die Autobiografie von Charyl Chappuis erschienen. Auf Englisch, versteht sich, was zeigt, wo seine Zielgruppe zu verorten ist: international.

Der 32-Jährige hat es fussballerisch nicht annähernd aufs Level von Granit Xhaka, Ricardo Rodriguez und Haris Seferovic gebracht, prägende Figuren des Nationalteams, mit denen er 2009 in Nigeria U-17-Weltmeister wurde und das ganze Land verzückte. Aber er hat den aussergewöhnlichsten Weg von allen hingelegt.

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Mit 20 spielte er in der Challenge League. Dann schaffte er, in Kloten aufgewachsen, es zum wohl ersten Promi-Fussballer Thailands. So wird er im Anriss seiner Autobiografie beschrieben. «Auf dem Höhepunkt war ich ein Superstar, eine Ikone», sagt Chappuis am Telefon.

Er ist gerade auf dem Heimweg vom Training des Bangkok FC. Im Idealfall würde die Fahrt in den hippen Bezirk Thong Lo, wo er mit seiner Frau Helena wohnt, gut eine halbe Stunde dauern. Bloss, optimal läuft es selten, schon gar nicht am frühen Abend, der Verkehr. Dazu stürmt es. Chappuis hat sich längst an die Umstände gewöhnt.

Als Kind wurde er wegen seiner Herkunft gehänselt

Als Kind hatte er ein schwieriges Verhältnis zum Herkunftsland seiner Mutter. Zuweilen wurde er gehänselt, er war «der Asiat». Es half ihm nicht, dass er scheu war. Wenn er gefragt wurde, woher er stamme, sagte er: «Ich bin Schweizer.» Mit Thailand wollte er nichts zu tun haben.

Nun steht für ihn ausser Frage, wo er nach seiner Karriere leben will. Die Wohnung in der pulsierenden Millionenmetropole gehört ihm, dazu hat er mit seiner Frau Land im Ferienparadies Phuket gekauft, sie wollen dereinst ein Haus bauen. «Thailand», sagt Chappuis, «hat mir so viel ermöglicht.»

Das Land bot ihm einen Ausweg, als seine Karriere ins Stocken geriet, es machte ihn berühmt und vermögend. Er konnte seine Eltern finanziell unterstützen. Und vor allem hat er in Bangkok seine Frau kennen gelernt.

Aber der Reihe nach: Nach dem U-17-Weltmeistertitel wird er zu den GC-Profis befördert, im Juniorennationalteam ist er eine Säule, auf dem Weg zum Triumph absolvierte er jede Minute. Aber nun bricht ein neues Leben an, er muss sich behaupten, die Ellbogen ausfahren, was ihm nicht behagt. Dazu hat er plötzlich ganz viel Freizeit, Trainings sind nur am Morgen. «Ich hätte mehr machen sollen. Ich dachte, ich hätte es schon geschafft», sagt er.

Switzerland's under 17 soccer players with Haris Seferovic, Charyl Chappuis, Ricardo Rodriguez, and Pajtim Kasami, from left to right, sing the national anthem before the U-17 World Cup Final soccer match between Switzerland and Nigeria, in Abuja, Nigeria, Sunday, November 15, 2009. (KEYSTONE/AP Photo/Sunday Alamba)

Trainer Ciriaco Sforza setzt nicht auf ihn, keine einzige Partie bestreitet Chappuis in der Super League. Er zieht weiter, eine Liga tiefer, erst zu Locarno, dann zu Lugano. Er erinnert sich, wie er im Tessin im Hotel wohnte und sich von Fleischkäse ernährte, um Geld fürs Benzin zu sparen. Dass er bald einen Fahrer haben würde, ist da undenkbar.

In Thailand kann er von den Prämien leben

Die Anfrage, die alles verändert, kommt Ende 2012 von Buriram United, dem Spitzenclub Thailands. Als GC-Junior lehnte er zweimal ein Angebot von Juventus Turin ab, er traute sich nicht, daheim auszuziehen. Aber nun ist die Offerte zu verlockend, um sie nicht anzunehmen. In Buriram verdient er deutlich mehr als bei den Grasshoppers, die Lebenshaltungskosten in Thailand sind jedoch um ein Vielfaches tiefer. Er hat einen Fahrer, der ihn ins Training bringt. Chappuis genügen die Prämien, seinen Lohn spart er. Einmal im Monat nimmt er den einstündigen Flug nach Bangkok, um zu shoppen.

Mit Buriram gewinnt er auf Anhieb Titel, Chappuis steigt zum Nationalspieler Thailands auf. 2014 und 2016 ist er dabei, als die Südostasienmeisterschaft gewonnen wird. Das versetzt das Land in Ekstase. Und macht den Mittelfeldspieler zum Star.

Mit seinem Aussehen sticht der Zürcher heraus, Mandelaugen und hohe Wangenknochen, verhältnismässig helle Haut – er wird zum Teenie-Idol und Frauenschwarm. Mit ihm wird im Fernsehen und im 7-Eleven geworben, dem Minimarkt, den es im Land mit 70 Millionen Einwohnern an jeder Ecke gibt. Nivea und Hublot sind Sponsoren. Betritt er ein Restaurant, wird er eingeladen, kommt er in eine Shoppingmall, bildet sich eine Menschentraube. Überall locken Verführungen. Die Bodenhaftung zu bewahren, fällt ihm nicht leicht. Die Trainings sind zuweilen nicht seine Priorität.

Dass er nicht auf mehr als zwanzig Länderspiele kommt, bereut er. Allerdings fällt er mit einer Knieverletzung fast eineinhalb Jahre lang aus, er glaubt, in Europa hätte das sein Karriereende bedeutet, weil der Fussball intensiver sei.

Mit seiner Frau bildet er ein Promi-Paar

Doch schmerzfrei ist er seitdem selten, vor dieser Saison überlegt er sich, aufzuhören. Er könnte Influencer sein. Ein einziger Beitrag auf Instagram würde ihm gleich viel einbringen wie sein Gehalt beim Bangkok FC, schätzt er. Er hat über eine Million Follower, das macht ihn zu einem der beliebtesten Schweizer Sportler in den sozialen Medien, gleich hinter Manuel Akanji, aber vor Stan Wawrinka. Es habe in Thailand schon Bestrebungen gegeben, über ihn eine Netflix-Serie zu drehen, erzählt er.

Vorerst will er auf den Fussball fokussieren, selbst wenn er nur noch in der zweithöchsten Liga Thailands spielt. «Meine Passion», sagt er, auch wenn ihm seine Frau schon geraten hat, mehr Zeit in seinen Auftritt in den sozialen Medien zu investieren. Sie ist Model und Influencerin, besitzt die Modemarke Cherie. «Sie ist ebenfalls enorm erfolgreich», sagt Chappuis. Als das Paar 2022 in Italien heiratete, berichtete die thailändische Ausgabe der «Vogue» darüber.

Die beiden verbindet eine ähnliche Geschichte. Beide haben eine Mutter aus Thailand, beide blieben bei ihren Vätern, als die Eltern sich trennten. Sie in Schweden. Beide fanden ihr Glück in Bangkok. Und beide gelten in Thailand als Luk Khrueng, als Mischlinge. «Wir passen nirgends rein», sagt Chappuis. Fast alle Freunde des Paars sind Doppelbürger; ausserhalb dieser Kreise Anschluss zu finden, sei schwierig.

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In Bangkok ist der Rummel rund um ihn abgeklungen, seit er nicht mehr im Nationalteam ist. Aber bei Auswärtsspielen auf dem Land würden Fans noch immer kreischen. Der Sonderstatus hat seine Schattenseiten. Nie hat er das so sehr erfahren müssen wie in seiner Zeit beim Port FC, einem weiteren Club aus Bangkok. Von 2020 bis 2023 steht Chappuis dort unter Vertrag, er hat prominente Mitspieler, solche, die mehr leisten als er. Aber nach Spielen ist er es, dem die Aufmerksamkeit der Fans zuteilwird. Chappuis spricht von Eifersucht, gerade die Einheimischen hätten ihm vieles missgönnt. Das macht ihm zu schaffen, ein leichtes Burn-out wird diagnostiziert.

Aber er klingt nicht so, als hätte das Spuren hinterlassen. In letzter Zeit hat er viel auf sein immer noch junges Leben geblickt – die Autobiografie. Ist er zufrieden, wie seine Karriere verlaufen ist, obwohl er nie in der Bundesliga gespielt hat, von der er als Teenager träumte? «Ich habe über Umwege meinen Weg gemacht», sagt Charyl Chappuis. Und dann: «Alles in allem bin ich sehr glücklich.»