Betrug beim KartenspielAls die «Chinese Eleven» im Casino Zürich 140’000 Franken ergaunerten
Es war einer der grössten Betrugsfälle in einem Schweizer Casino. Nun ist der Kopf einer chinesischen Gruppe verurteilt worden.

- Eine Gruppe Chinesen betrog das Casino Zürich um 140’000 Franken.
- Der Anführer nutzte ein präpariertes Handy, um Kartenabfolgen zu filmen.
- Die Staatsanwaltschaft forderte zwölf Monate, die Verteidigung hielt acht Monate für angemessen.
- Die Richter wählten ein anderes Strafmass.
Es war ein filmreifer Coup, der grösste bekannte Betrug in einer Schweizer Spielbank, der sich im März 2024 im Casino Zürich abspielte. Eine elfköpfige Gruppe Chinesen ergaunerte in einer einzigen Nacht gut 140’000 Franken.
Tatort war das Spiel Punto Banco, eine Variante des bekannten Baccarat (James Bond lässt grüssen). Dabei kommt ein riesiger Stapel Karten zum Einsatz, in der Regel sechs bis acht Pakete à 52 Karten, die gemischt werden. Zum Abheben schiebt ein Spieler eine Schneidekarte in den liegenden Stapel.
Dem Kopf der betrügerischen Gruppe gelang es, die Reihenfolge der Karten herauszufinden: Er zog die Schneidekarte nach dem Schnitt rasch und so geschickt am Kartenstapel entlang, dass die Ecken leicht aufgefächert und die Kartenwerte sichtbar wurden. Diese filmte er mit einem Handy, auf dessen Display-Seite eigens eine kaum sichtbare Kamera eingebaut war. Seine Helfer lenkten derweil den Croupier ab. Draussen im Auto sichteten die Männer die Aufnahmen und merkten sich die Abfolge.
Wer die Karten kennt, kann auf Gewinn setzen
Mit diesem Wissen war der Gewinn programmiert. Bei Punto Banco zieht der Croupier jeweils die vordersten Karten vom Stapel und teilt sie abwechselnd dem Feld Punto und dem Feld Banco zu. Die Spielerinnen und Spieler wetten mit ihren Einsätzen, ob Punto oder Banco zuerst 9 Punkte erreicht. Wer die Kartenreihenfolge kennt, kann entsprechend setzen.
Ob die Chinesen wussten, dass es in einem Casino nicht unbemerkt bleiben würde, wenn sie innert nur drei Stunden über 140’000 Franken einstrichen, ist eine andere Frage. Vielleicht waren sie einfach gierig, vielleicht auch naiv. Jedenfalls tauchten sie am folgenden Abend noch einmal am Punto-Banco-Tisch auf.
Doch die Casino-Verantwortlichen hatten angesichts der ungewöhnlichen Gewinne schon im Verlauf des Tages die Aufnahmen von Überwachungskameras gesichtet und den Betrug entdeckt. Statt weiterer Gewinne wartete die Polizei auf die Spieler.
Von Planung könne nicht die Rede sein, sagt der Verteidiger
Diese Woche hätte sich der Kopf der Gruppe vor Bezirksgericht Zürich verantworten müssen. Doch die Verhandlung fand ohne den Beschuldigten statt, der in Italien lebende Mann hatte sich entschuldigen lassen.
Die Staatsanwaltschaft forderte für ihn eine Strafe von zwölf Monaten bedingt. Laut Anklageschrift war der Mann nicht nur der Drahtzieher. Er soll auch 50 bis 70 Prozent der Gewinne eingestrichen haben, die seine Mitspieler erzielten.
Der Verteidiger anerkannte zwar die Vorwürfe im Namen seines Mandanten grösstenteils. Eine Strafe von acht Monaten sei aber genug. Dies auch im Vergleich zu den anderen zehn Betrügern, die per Strafbefehl zu vier bis sechs Monaten verurteilt worden seien. «Dass mein Mandant mehr als doppelt so viel erhalten soll, ist unverhältnismässig.»

Anders als dargestellt, sei der 52-jährige Textilarbeiter keineswegs der Denker oder gar Anführer der Gruppe. Die Ermittler hatten den Chinesen in Anlehnung an den Film «Ocean’s Eleven» den Spitznamen «Chinese Eleven» verpasst. Doch von einem durchorganisierten Plan könne keine Rede sein, sagte der Verteidiger: «Die anderen haben das einfach behauptet, um sich selbst zu entlasten.»
Vielmehr habe es sich einfach herumgesprochen, dass da einer mit einem Trick, für den man im Internet Videoanleitungen finde, grosse Gewinne absahnen wolle. «Die anderen kamen dann einfach dazu, um von meinem Mandanten zu profitieren, der das ganze Risiko allein trug.»
Der Beschuldigte, der in Italien unter einfachsten Bedingungen und mit minimalem Lohn lebe, sei in China mit Hunderttausenden Euro verschuldet: «Mit dem Gewinn wollte er seine Schulden tilgen.»
Gericht sieht zentrale Rolle des Beschuldigten
Der Einzelrichter konnte der Darstellung des Verteidigers wenig abgewinnen und verurteilte den Beschuldigten zu elf Monaten bedingt. «Dass sich die Männer quasi ad hoc zusammengefunden haben sollen, kann ich mir nicht vorstellen. Sie mussten ein Handy mit unauffälliger Kamera beschaffen, sie mussten sich absprechen, die Karten filmen und dann den Film sichten.»
Der Beschuldigte habe mit seinem manipulierten Handy eine zentrale Rolle gespielt, das sei offensichtlich. Zugutehalten könne man ihm aber, dass er am Ende der recht aufwendigen Strafuntersuchung geständig gewesen sei.
Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Der Verteidiger will es aber nicht anfechten.
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